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Freitag, 2. Juni 2006

Weitere Nachrichten

Der Arzt hat heute zu meiner Mutter gesagt, dass mein Vater eine starke Sepsis im Bauchraum hat und dass das ungefähr das schlimmste ist, was passieren kann. Ungefähr 92 Prozent der Leute sterben daran. Er hat es zwar nicht so direkt gesagt, aber wohl angedeutet, dass er nicht viel Hoffnung sieht. Er meinte außerdem, dass sie, so lange die Nieren noch mitmachen, versuchen werden, ihn weiter wiederaufzupäppeln, aber sobald die Nieren auch noch versagen, werden sie alle Geräte abschalten. Entscheidend wird wohl der morgige Tag.

Obwohl ich am Telefon geweint habe, musste ich spontan lachen, als meine Mutter erzählte, dass das letzte, was er sagte als er noch ansprechbar war, "Blöde Zicke!" gewesen sei. Das wäre echt so typisch für ihn, wenn er sich mit diesen Worten verabschiedet hätte.
Sie hat mich gefragt, ob ich morgen mit ins Krankenhaus kommen will, aber ich bin mir nicht sicher ob ich das will, denn ich bin jetzt schon dauernd am heulen. Meine Mutter dagegen scheint inzwischen schon wieder ziemlich gefasst zu sein, jedenfalls hat sie schon angefangen, seinen ganzen Müll auszumisten, den er überall gehortet hat und will über Pfingsten unbedingt die Fenster putzen.

Neue Nachrichten aus dem Krankenhaus

Es sieht nicht sehr gut aus bzw. schlecht. Der Kreislauf meines Vaters ist zusammengebrochen und er wird nun künstlich beatmet.
Meiner Mutter geht es auch nicht sehr gut. Sie wollte ihn heute im Krankenhaus besuchen, aber sie traut sich kaum hin und sagt, dass sie ihn da nicht an den Schläuchen liegen sehen will. Obwohl sie immer mit sowas rechnen musste und es sich manchmal sogar gewünscht hat, sieht die Sache jetzt ganz anders aus. Und ich denke immer an diesen beknackten Herodot, den ich schnell lesen sollte.

Der Mann mit der Mitra

Mein zweites Zimmer in der Wohnung ist nur von außen über den Hausflur zu erreichen. Ich war schon eine Weile nicht mehr darin, weil es so eine Art Rumpelkammer ist. Als ich wieder dort hineingehe, stelle ich fest, dass der Vermieter ohne mich zu fragen das Zimmer ausgeräumt hat. Außerdem gibt es jetzt eine Verbindungstür zur Nachbarwohnung, wo das Zimmer nun anscheinend angegliedert ist. Das ärgert mich, doch als ich mich nochmals umschaue, stelle ich fest, dass doch noch das meiste da ist, bis auf ein paar Dinge, die ich vor einiger Zeit selbst umgeräumt habe.
Dann sind in dem Zimmer auf einmal unheimliche Gestalten, wie zum Beispiel eine mit einem Totenschädel, der sich um 360 Grad auf dem Hals dreht. Schließlich steht jemand vor mir, der ein graues Tuch über dem Kopf gehängt trägt. Ich vermute im Traum, dass darunter auch ein Totenschädel ist, weshalb ich keine große Lust habe, nachzuschauen. Die Gestalt reicht mir irgendwas auf einem Tablett, ich kann mich aber nicht erinnern, was es war. Schließlich sehe ich den Kopf eines Mannes mit einer gelben Mitra, wie er mich unter Wasser aus offenen Augen anschaut. Dazu höre ich eine Stimme im Hintergrund, wie bei einer Fernsehdokumentation, die erzählt, dass dies ein oft praktiziertes rituelles Menschenopfer in einem Teich oder See ist, wobei die Leiche des Ertränkten für immer im Wasser bleiben muss. Währenddessen sinkt der Mann mit der Mitra immer tiefer in das Wasser hinab, bis man nur noch die Mitra leuchten sieht.

Die Geschichte, die NICHT "Die Meuterei auf der Sturmvogel" heißt - Teil 10

Ferdinand der Seebeuter stand auf dem Ausguck des „Sturmvogel“ und beobachtete aufmerksam den schmalen Küstenstreifen, auf welchem Sankt Petersburg, noch friedlich schlummernd, am Finnischen Meerbusen ruhte, und welcher nun südlich von ihm unter einer dünnen Dunstschicht verschwand. Sein blassrotes Haar, dass zu einem unordentlichen Zopf gebunden war, wirbelte zerzaust im Wind. Ihm war kalt, auch wenn er sich das nicht anmerken ließ. Normalerweise kreuzte er lieber in südlichen Gefilden, doch der Tipp, den er letztens bei einem Saufgelage in Marrakesch bekommen hatte, erschien ihm sicher. Er hatte seinen Plan der Mannschaft schmackhaft machen können und nun lagen sie hier mitten im eisigen Atem der Ostsee vor Anker. Eine Woche warteten sie schon darauf, dass sich irgendetwas tat, doch bis auf einige uninteressante, abgetakelte Fregatten und sturmhohe Wellen hatten sie noch nichts gesichtet.
Ketten-Hannes, den man so nannte, weil er im Kampf schwere Eisenketten statt der üblichen Stichwaffen bevorzugte, brüllte vom Deck des Schiffes gegen das tobende Meer an, wobei er geschickt einem vom heftigen Wind losgerissenen Tau auswich, welches sich mit blitzschnellem Antrieb auf ihn zu bewegte.
„Wat is?“

Während er das schrie konnte man erkennen, dass er dem Meer und der Skorbut schon etliche seiner Kauwerkzeuge geopfert hatte.
„Nichts!“ antwortete Ferdinand.

„Meister, jetzt hocken wir schon seit Ewigkeiten in dieser nordischen Eishölle. Vielleicht war das alles doch nur eine Ente. Ich will mir endlich wieder nen Sonnenbrand auf der Glatze holen und von einem hübschen Mädchen kühl pusten lassen.“
„Laß uns noch warten.“
Ferdinand wusste nicht, wie lange er seine Männer weiter hinhalten konnte, aber er war sich sicher, dass er recht behalten würde.

„Scheiß auf das Zarengold! Wir finden auch woanders genug Beute!“

„Halt’ Maul!“ fuhr ihn Ferdinand scharf an, „ich sage, wir warten!“

Im Hintergrund hörte er andere Männer seiner Mannschaft murren, die das Gespräch verfolgt hatten.

„Hier! Trink!“ rief Ferdinand versöhnlich und warf eine Buddel Rum schwungvoll genau in Ketten-Hannes Arme hinunter. Dieser ließ sich nicht zweimal bitten und es schien, als hätte er den Disput vergessen.

Dafür trat ein anderer, sehr viel jüngerer Mann heran, der schmächtig und kraftlos wirkte, dessen arrogante Körperhaltung gepaart mit wachsam blickenden Augen jedoch jede Menge Ehrgeiz verriet.

„Käpt’n, Hannes hat recht! Wir können hier noch ewig rumhängen und dabei erfrieren, ersaufen, verhungern oder verdursten – es wird kein Schiff kommen.“
Bedächtig wendete sich Ferdinand zu dem jungen Freibeuter, bedächtig und langsam kletterte er auf das Deck hinunter. Dann trat er dicht vor Wilfrid Zeew, der ihn misstrauisch beobachtete und sagte so ruhig wie es ihm inmitten des tosenden Meeres möglich war und ohne seinem Blick auszuweichen:

„Ich sage – es wird kommen! Und ich bin der Kapitän, wie du richtig bemerkt hast!“

Spontan begannen die Männer der Mannschaft, die dabei zugegen waren, laut „ Ein Schiff wird kommen“ zu grölen, einen Schlager, der erst mehrere Jahrhunderte später bekannt und beliebt werden sollte, wobei sie sich unterhakten, ausgelassen schunkelten und anmutig ihre Beine im Takt hoben.

„Ruhe, verdammt!“ schrie der berühmte Kapitän, „Wollt ihr mich verarschen?“

„Jaaaa!“ hörte er eine vorwitzige Stimme.

Ich sollte endlich mal wieder jemanden kielholen lassen, längsseits, dachte er grimmig und seine meergrauen Augen blitzten kalt. Die Besatzung wurde zu aufmüpfig. Aber er war sich auch darüber im Klaren, dass er jeden von ihnen brauchte, wenn er seinen Plan erfolgreich durchführen wollte. So ein Schiff konnte er nicht alleine kapern.

„Hört mal zu Leute. Ich verspreche euch, nur eine Woche noch. Wenn bis dahin nichts passiert ist, dann segeln wir wieder südwärts.“

Die Männer antworteten nicht, doch er sah einige zustimmend nicken. Na also! Ein kleiner Aufschub war besser als gar keiner.

Operationsende

Die Operation ist vorbei und die Ärzte wissen jetzt, was es ist. Mein Vater hatte einen Dickdarmdurchbruch. Da der Darminhalt in den Bauchraum gewandert ist, ist dieser entzündet. Die Ärzte überlegen jetzt, ob sie meinen Vater gleich für einige Tage in Narkose halten, da nochmal eine zweite Operation nötig sein wird, weil der Bauchraum gespült werden muss usw. Morgen Vormittag erfährt meine Mutter weiteres. Jedenfalls war es wirklich eine lebensbedrohliche Situation.