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Dienstag, 20. Juni 2006

Die namenlose Geschichte - Teil 19

Rein und gleißend brach sich das Licht der Nachmittagssonne an den kühlen, frischgeweißten Wänden. Bei weit aufgerissenen Fenstern entfernte ich die letzten Farbspritzer von Scheuerleisten und Fensterscheiben, während ein leichter Farbgeruch mein Gehirn fast unmerklich umnebelte. Doch nicht nur Farbdämpfe waberten durch mein Geruchszentrum, auch ein pausenloser Lärm, verursacht durch mehrere Baggerfahrer, welche sich auf der Anliegerstraße irrsinnig zu schaffen machten, durchdröhnte meinen Kopf im Unendlostakt, bis ich nichts mehr wahrnahm, sondern nur noch ein physisch vibrierendes Unbehagen und eine nervöse Gereiztheit verspürte. Vollkommen fertig ließ ich mich auf das satinseidene Bett fallen, wo ich beinahe eingenickt wäre, jedoch jedes Mal von dem inneren Dröhnen wieder hoch schreckte, welches sich inzwischen bis in meine Zehenspitzen fortgepflanzt hatte. Leicht angewidert schleppte ich mich in die Küche um zu überlegen, was ich mit diesem Tag noch anfangen sollte, nachdem die Arbeit für heute getan war. An Schlafen war nicht zu denken, obwohl ich mich fühlte, als müsste ich eine Woche lang besinnungslos alle Viere von mir strecken.
Nach einer erfrischenden Dusche versuchte ich es mit positivem Denken, welches schließlich in dem Einfall mündete, mir eine schallisolierte und klimatisierte Schlafkabine in die Wohnung setzen zu lassen. Doch schnell verwarf ich diesen Gedanken wieder, denn ich wusste aus Erfahrung, das Klimaanlagen eine ebenso aufreizende Wirkung auf mein Befinden haben. Aber vielleicht half es ja, wenn ich mich ablenkte. Vor mich hin fluchend suchte ich das kleine Kärtchen, welches ich gestern von dem Bücherstapel im Flur entwendet hatte. Endlich fand ich es in einem Hosenbein der Jeans wieder, die ich achtlos in eine Ecke neben dem Kleiderschrank geworfen hatte. Zögernd tippte ich die Zahlen in das Telefon, als der Hörer auf einmal begann, den Alarm in der Halle des Bergkönigs zu schrillen und ich ihn vor Schreck fast fallengelassen hätte.
„Ja?“ fragte ich müde und hörte am anderen Ende eine fremde, aber irgendwie auch sehr vertraute Stimme.
„Was machst du heute?“ fragte mich diese.
„Das weißt du doch.“ antwortete ich ziemlich barsch, was mir gleich darauf leid tat, und ich überlegte, ob ich erwähnen sollte, dass ich ihn gerade beinahe angerufen hätte.
„Ach so. Na ich wollte nicht stören.“ hörte ich, danach ein Schweigen.
„Warte mal, ich bin für heute fertig. Was gibt’s denn?“
Robert brachte lässig hervor, dass er dachte, wir beide könnten ja mal den Biergarten unsicher machen, natürlich ohne Bier, oder auch mit, aber nicht zuviel, oder so, vielleicht auch auf einen kleinen Spaziergang. Nur so. Nur wenn ich Lust hätte.
Ich seufzte angestrengt in das Telefon und machte damit klar, dass jedwede körperliche Bewegung für mich heute nicht mehr in Frage käme. Aber Biergarten wäre ok, denn ich hatte sowieso noch nichts gegessen. Er wollte wissen, ob er mich abholen solle, doch die peinliche Erinnerung an seinen letzten Besuch brachte mich dazu, einen Treffpunkt am Park auszumachen. Eine halbe Stunde hatte ich Zeit, um aus einem bemitleidenswertem und bedauernswürdigem Wrack das blühende Leben zu machen.

Ich krieg' hier noch 'ne Macke

Früh am Morgen schon werde ich jeden Tag von dem Baulärm geweckt, der von den Nachbarschaftshäusern ausgeht, die dieses Jahr an der Reihe mit Fassadeninstandsetzung sind. Nächstes Jahr sind es dann wahrscheinlich die Häuser genau mir gegenüber. Darauf freue ich mich besonders. Und es ist einfach unmöglich bei dieser Hitze mit geschlossenem Fenster zu schlafen.
Aber nicht mal hier auf Arbeit ist es viel anders. Tage lang baggern die jetzt auf irgendeiner Garagenstraße hin und her, aber wenn ich die Fenster zu mache, fließe ich hier weg. Ich werde bald irre. Wieso nimmt das eigentlich mit dem Baulärm nie ein Ende? Wenn ich zu Hause meine Ruhe habe, hämmern sie im Büro mit Presslufthämmern, wenn im Büro Ruhe ist, bauen sie an meinem Haus herum und jetzt ist es überall. Ich lass gleich alles fallen und geh nach Hause (wo es aber auch nicht viel stiller ist).