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Sonntag, 9. Juli 2006

Der Ausflug nach Bernau und darüber hinaus

Eigentlich war ich nicht das erste Mal in Bernau. Ich kann mich dunkel entsinnen, in der 2. (?) Klasse, jedenfalls in der Unterstufe, von der Schule aus im Hungerturm und im Henkerhaus gewesen zu sein. Da ich aber nur ganz wenige und verschwommene Erinnerungen daran besitze, kann mich das nicht so sehr beeindruckt haben. Danach war ich mit 17-19 Jahren öfters in Bernau, weil mein damaliger Freund dort wohnte. Allerdings habe ich es damals mehr nachts kennengelernt und dann hauptsächlich die Jugendklubs. Jetzt steige ich immer in Bernau um, wenn ich an die Ostsee fahre, aber dabei sehe ich natürlich nur den Bahnhof. Da mich diese altertümlich anmutende, mittelalterliche Atmosphäre schon immer fasziniert hat, wie stets und überall, wollte ich einmal ganz genau wissen, was es dort zu entdecken gibt. Irgendwie üben alten Befestigungsanlagen immer eine starke Wirkung auf mich aus, wenn man seine Hand auf so eine alte Felssteinmauer legt, meint man die Stimmen aus Jahrhunderten vernehmen. Und das Durchstreifen der Altstadt hat mich wirklich begeistert. Ein ganz entzückendes kleines Städtchen, wo man in jedem Winkel der Geschichte begegnen kann, mal ganz abgesehen davon, dass es überall so romantische Ecken gibt. Wenn zwischendurch nicht die ins Stadtbild eingepassten Neubauten, die im Gegensatz zu den alten, wunderschönen Laternen mit den manchmal schiefen Köpfen die hochmodernen kugeligen wären, und natürlich die Autos, die aber im Gegensatz zu Berlin erholsam wenige sind, könnte man sich in eine andere Zeit versetzt fühlen. In Bernau sind große Teile der Stadtmauer einschließlich des Stadttores (Steintor), des Hunger- und Pulverturmes erhalten. Mit dieser Stadtmauer haben die Bewohner von Bernau schon 1432 den Hussiten getrotzt, welche die Stadt belagerten und unverrichteter Dinge wieder abzogen. Aus diesem Grund wird auch heute noch das alljährliche Hussitenfest gefeiert. Mehr zur Geschichte und zum Fest findet sich hier: http://www.hussitenfest.de/historie2.htm und hier noch ein Link mit alten Bildern zum Steintor und zum Hungerturm:
http://www.heimatvereinbernau.de/altbernau/steintor.htm.

Und etwas seltsames passierte. Ich hatte an der Stelle (einer Kreuzung), wo man genau zwischen Kirche und Befestigungsturm steht, ein Deja-vu-Erlebnis. Und zwar ein ziemlich heftiges, jedenfalls so, dass ich wie vom Blitz getroffen an dieser Stelle stehen blieb und wohl etwas desorientiert immer von der Kirche auf der linken Seite zum Turm rechts von mir blickte, bis ich mich wieder gefangen hatte. Nun war ich an dieser Stelle vorher an dem Tag schon einmal gewesen, hatte aber in eine andere Richtung geschaut und dabei war mir überhaupt nichts aufgefallen. Doch jetzt, mit dieser anderen Blickrichtung, war es haargenau so, als hätte ich in einem Traum schon einmal dort gestanden. Vielleicht war es aber auch gar kein Traum, sondern die unbewußte Erinnerung an den Besuch mit der Schulklasse, falls wir eventuell an dieser Stelle gestanden haben, obwohl mich das in dieser Situation nicht so beeindruckt haben kann, zumal ich ja da mitten unter vielen Leuten gewesen sein muß. Deshalb glaube ich eher, dass es ein Traum war. Und noch etwas seltsames passierte - das Läuten der Kirchturmglocke der anderen, katholischen Kirche. An sich nichts seltsames, aber dieser Klang! Kann einem das Läuten einer Kirchturmglocke vertraut vorkommen? Dieses hier war es. Und zwar nicht nur vertraut, sondern es löste auch jede Menge seltsamer Gefühle bei mir aus. Es ist ein ganz anderer Klang, als ich ihn von den Kirchenglocken in Berlin gewohnt bin. Viel leiser, zarter, melodiös, aber irgendwie auch wie aus weiter Ferne. Wahrscheinlich klingen die Kirchenglocken in Berlin anders, damit sie den Lärm übertönen. Trotzdem fand ich es sehr kurios, dass mir der Klang der Glocken in Bernau zum einen so irritierend vertraut, aber dann wieder auf eine ganz eigene Weise fremdartig fern erschien.

Nach mehrmaligem Umrunden und Durchstreifen der Altstadt war ich zwar schon ziemlich geschafft, fühlte mich aber trotzdem noch fit genug, die 5,4 km bis zur nächsten Ortschaft zu laufen. Da diese Strecke genau der neu angelegte Radwanderweg Berlin-Usedom entlangführt, rechnete ich natürlich nicht mit irgendwelchen Orientierungsproblemen. Die ausgebaute Strecke war auch anfangs sehr gut markiert, nur leider, kurz vor dem Ziel, hörte diese neu ausgebaute Strecke auf und es waren nur noch alte "Wanderwege" zu finden, die zwar auch markiert sind, aber ziemlich zweifelhaft. Alles begann, als ich diese alte klapprige Eisenbahnbrücke durchquerte. Danach hatte ich die Wahl zwischen drei Wegen. Das Symbol für den Wanderweg befand sich nur auf dem Weg rechts von mir, weshalb ich diesen einschlug. Dann kam ewige Zeit gar nichts, an einer Kreuzung war das Zeichen jedoch wieder da. Auch auf dem Weg den ich nun folgte, war das Zeichen noch einmal angemalt, doch an der nächsten Kreuzung, wo sich drei Wege gabelten, war NICHTS mehr. Also lief ich erst den einen Weg hin und wieder zurück - nichts, den zweiten Weg ein Stück und wieder zurück - nichts, den dritten Weg ein Stückchen und zurück - nichts. Schließlich lief ich den Weg zurück, den ich gekommen war, weil ich dachte, dass ich vielleicht an Abzweigung nicht gesehen habe - Fehlanzeige! Zum Glück befand sich dort an der Stelle eine Gartenanlage und eine Frau mit ihrem Bewacher war gerade dabei in ihrem Garten Rasen zu mähen. Als ich sie fragen wollte, hörte sie mich erst nicht, sondern der Bewacher, ein riesiger schwarzer Hund bemerkte mich eher als sie und kläffte mich an. Er kläffte die ganze Zeit, so dass die Frau ihm schließlich das Maul zuhalten musste, damit wir unser eigenes Wort verstanden. Sie schickte mich genau den Weg wieder zurück, den ich gekommen war und meinte, ich hätte an der Brücke links abbiegen müssen, der Weg führe da dann durch den Wald, aber es sei ja noch nicht dunkel. In der Dunkelheit durch Wald bin ich schon öfters gelaufen, das stört mich nicht, aber es ärgerte mich, dass ich einen riesigen nutzlosen Umweg von bestimmt 3 km gemacht hatte. Und ich schwöre, an dem Weg linker Hand war kein einziges Wanderwegzeichen mehr zu finden. Allerdings ging der Weg nur noch zehn Minuten, bis ich am Zielort war, vielleicht hatte man sich die Markierung deshalb gespart. Wohlbehalten, bis auf ein paar schmerzhafte Blasen an den Füßen, bin ich ca. gegen 20 Uhr wieder zu Hause angelangt.