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Dienstag, 2. April 2013

Familiengeschichten

Feiertage sind so richtig schön dazu geeignet, wieder alte Kamellen aus der Geschichtenschublade zu ziehen und im Kreise der Familie zum besten zu geben. Wenn man Glück hat, kommen manchmal auch neue Geschichten dazu, dann wird es wenigstens nicht langweilig. So erfuhr meine Mutter vor kurzem von ihrem Cousin eine Anekdote über ihre Großeltern, die sie sogleich an uns weitergab. Meine Urgroßeltern waren beide bereits über 70, als sie während der Endkämpfe des zweiten Weltkriegs im Oderbruch und in Berlin zweimal zu Fuß nach Berlin flüchteten. Nach dem ersten Mal kehrten sie nach Küstrin zurück, doch das gab es nicht mehr, also wanderten sie erneut nach Berlin. Irgendwann auf dieser Flucht begegneten ihnen russische Panzer und sie versteckten sich im Straßengraben, um nicht gesehen zu werden. Die Panzer zogen vorüber, jedoch ausgerechnet der Führer des allerletzten Panzers entdeckte meine Urgroßmutter im Straßengraben und winkte sie zu sich heran. Sie glaubte, sie würde erschossen werden, aber stattdessen streckte er ihr ein Stück Brot entgegen. Auch das gab es.

Seltsamerweise ist es mir früher nie aufgefallen, daß von meiner Familie nur väterlicherseits wirklich alte Fotos existieren. Von der Sippschaft meiner Mutter gibt es erst ab 1945 Fotos. Bewußt geworden ist es mir kürzlich, aber es ist logisch, da die Familie meiner Mutter ja ausgebombt wurde und sie nichts anderes mehr hatten mitnehmen können, als ein Stück Schmalz. Meine Mutter rollt heute noch mit den Augen, wenn sie erzählt, wie sich die Sippe meines Vaters darüber aufgeregt hätte, daß die Russen ihr Klavier konfiszierten. Denn das ist natürlich kein Vergleich zu dem, was sie erlebte, wenn mit einem Mal alles, was man besitzt, weg ist und man nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf hat.

Die Familie meines Vaters wohnte auf dem Land, im schönen Spreewald, und hatte deshalb nicht viele Verluste zu beklagen. Jetzt sind einige sehr alte Fotos aus dem Nachlaß meiner Großeltern aufgetaucht, die ich noch nicht kannte. Auf den ersten beiden Fotos sieht man die Mutter meiner Großmutter, also meine Urgroßmutter, die sehr früh an Typhus oder Tuberkulose starb als ihre Tochter erst 3 oder 4 Jahre alt war (links). Sie trug noch die typisch sorbischen Trachten, was mich an den Bildern besonders fasziniert.

Urgroßmutter 1

Urgroßmutter 2

Dieses Bild ist, wie auf der Rückseite vermerkt, von Pfingsten 1921. Ich könnte nicht sagen, wer darauf abgebildet ist, aber das Foto gefällt mir an sich gut, weil es das alte Interieur so stimmungsvoll zeigt:

Pfingsten 1921

Diesen Schnappschuß fand ich auch witzig, dürfte jedoch keine Familie gewesen sein, sondern lustiges Dorftreiben:

Spreewalddörfliches Treiben

Und zum Schluß noch zwei fesche Fotos von meiner Oma aus den 20igern. Wie man sieht, hatte sie mit sorbischen Trachten nix mehr am Hut, sondern war modisch up-to-date:

Oma in den 20igern 2

Oma in den 20igern 1