Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

Donnerstag, 4. Juli 2013

Hurtig reisen

Machen wir uns nichts vor, auch die Hurtigruten-Schiffe, obwohl Postschiffe und viel kleiner als die großen Kreuzfahrtschiffe, sind im Grunde eine Art schwimmendes Altersheim. Jedenfalls dürfte mehr als die Hälfte der Passagiere das 60. Lebensjahr überschritten haben. Leute mit Krücken und Rollatoren findet man ebenfalls einige auf dem Schiff. Ein alter Herr, der mit uns an Bord ging, war so klapprig und mühte sich mit solch einem riesigen Koffer ab, daß mein Bruder feixte, der hätte bestimmt in dem Koffer seine Pflegekraft. Man kann auf so einem Schiff durchaus ganz entspannt herumgondeln, draußen sitzen oder drinnen in diversen Bars und Gesellschaftsräumen, ein bißchen gucken, sich den ganzen Tag vollfressen, Schläfchen machen und sich bespaßen lassen, denn sogar einen Bordmusiker gibt es. Dieser klimpert und singt allerdings so grauenvoll, daß es sehr von Vorteil ist, bereits schwerhörig zu sein. Ab und zu trällert auch mal die Bardame ein Liedchen, bei dieser sollte man aber besser schon ganz taub sein, wenn man es nicht werden will.

Gehört man zu den jüngeren Passagieren, die etwas mehr von Land und Leuten sehen möchten, dann ist der Name von Hurtigruten Programm. Man hat zwar oft Gelegenheit zu Landgängen, da das Schiff jeden Tag mehrmals irgendwo anlegt, und es werden sehr viele Ausflüge angeboten, so daß man theoretisch jeden Tag einen mitmachen könnte, aber alles muß immer sehr schnell gehen, hurtig eben. Das ist verständlich, denn schließlich hat das Schiff wichtige Aufgaben zu erfüllen und einen festen Fahrplan, der möglichst eingehalten werden sollte. Deshalb sind die Liegezeiten in den diversen Häfen sehr kurz, manchmal nur eine halbe Stunde, manchmal eine ganze und selten auch mal vier Stunden. Selbst die werden eng, wenn man sich eine Stadt anschauen möchte. Mit gemütlich bummeln oder sich in ein Cafè setzen ist da nicht viel, sondern man braucht flinke Füße, damit man etwas sieht und trotzdem pünktlich zur Abfahrt wieder am Hafen ist. Wenn man nicht laufen, sondern sich mit dem Bus herumfahren lassen will, muß es ebenfalls schnell gehen. Oft beginnt ein Ausflug in einem Hafen und endet in einem anderen, wo man das Schiff rechtzeitig erreichen muß. Das kann manchmal eng werden, und die Fotostopps immer kürzer. Anfangs sind es noch zehn Minuten, später fünf und irgendwann nur noch zwei Minuten, bevor der Busfahrer seinen Motor wieder anwirft als Zeichen, daß sich nun alle zum Bus zu sputen haben. Besichtigt man zwischendurch Kirchen oder Museen, reicht die Zeit nie, um alles richtig zu sehen, sondern höchstens dafür einen kurzen Überblick zu bekommen. Wenn das Schiff Verspätung hat, kann es sogar vorkommen, daß "Ausgangssperre" verhängt wird, d.h. das Schiff legt zwar irgendwo an, allerdings ist es den Passagieren untersagt, für Stippvisiten von Bord zu gehen. Einmal haben wir erlebt, daß ein Hafen überhaupt nicht angelaufen wurde, weil man feststellte, daß niemand von Bord und auch niemand auf das Schiff wollte. So holt man Verspätungen, zum Beispiel bei technischen Problemen, wieder ein.

Auf dem ganzen Schiff gibt es Lautsprecher für die Bordfunkdurchsagen, selbst in den Kabinen. Über diese Durchsagen erfährt man, welcher Hafen gerade angefahren wird, wann die Abfahrtszeit ist, Hinweise zu Sehenswürdigkeiten, die man im Moment von Bord aus sehen kann und das alles in drei bis vier Sprachen. So verpaßt man selbst dann nichts, wenn man gerade sein Mittagsschläfchen hält. Jede Kabine hat außerdem Telefone, mit denen man einfach mit der Kabinennummer in jede andere Kabine telefonieren kann. Die Kabinen der Mittelklasse sind winzig, ein Bettsofa, ein Klappbett, eine Ecke abgeteilt für die allerwinzigste Naßzelle, die aber trotzdem Fußbodenheizung, Dusche, Waschbecken, Klo und Fön hat, einige Schränke, kleiner Schreibtisch mit Stuhl und Tischchen passen gerade so hinein. Mein Klappbett war erstaunlich bequem.

Fön HurtigrutenKabine 2Kabine 3
Der Fön in den Kabinen

Kabine 1Schiff 6


Wir hatten unsere Kabine auf Deck 5, welches das einzige Deck ist, auf dem man von außen einmal um das ganze Schiff laufen kann. Das führte immer mal wieder zu diesen Ausblicken:

Schiff 5


Von außen ist es nicht gut möglich in die Kabinen schauen, weil das Glas verspiegelt ist, manches sieht man aber trotzdem, vor allem je näher es am Fenster ist, oder wenn Licht eingeschaltet wurde. Von Deck 5 bis Deck 7, dem höchsten Deck, gibt es am Heck Sonnendecks mit Stühlen, die besonders bei Sonnenschein heiß begehrt sind.

Schiff 3Schiff 2


Ich habe es nur ein einziges Mal bei dichtem Nebel und ca. um Mitternacht erlebt, daß ich alleine auf dem Deck saß, was aber durchaus angenehm war, da es es zwar nebelig doch weder kalt noch windig gewesen ist. Apropos Wetter - wir hatten bis auf Schneestürme so gut wie jedes Wetter, das man sich vorstellen kann. Und es wechselte rasant, manchmal gab es mehrere Wetterlagen an einem Tag. Zum Beispiel war es oft so, daß es tagsüber regnerisch und bewölkt war, aber abends aufklarte und eine herrliche Mitternachtssonne die ganze Nacht hindurch schien.

Das ist unser Schiff, als es von uns in Molde nach einem Ausflug heiß ersehnt wurde, aber Verspätung hatte:

Schiff 4



Und dies ist der Hinweis darauf, wo sich die Rettungsboote befinden:

Schiff 1

Im übrigen mußten wir, um überhaupt an Bord zu dürfen, zu Beginn eine Sicherheitseinweisung absolvieren, die jedoch nur aus einem englischsprachigen Film bestand, der abgespielt wurde. Dafür bekam man ein Siegel auf seinen Kabinenschlüssel geklebt. Ich glaube, in einem echten Notfall wäre das nicht sehr effektiv gewesen, aber man denkt ja immer ' bei uns wird schon nichts passieren'.