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Sonntag, 14. Juli 2013

Seemannsgarn - Trollshop, Trollwarnung und Trollunfug

Der Trollshop verkauft, wie der Name schon sagt, Trolle. Trolle sind häßliche, stark behaarte und kleine Kreaturen mit vier Fingern und langen Nasen, die ihre Klopapiervorräte in großen weißen Rollen auf den Feldern aufbewahren und sich nur in der Dunkelheit aufhalten. Wenn sie bei Tagesanbruch nicht rechtzeitig in ihre finsteren Verstecke flüchten und von der Sonne getroffen werden, explodieren sie mit einem lauten Knall und bleiben als ein Felsbrocken liegen. Demzufolge muß es gerade an der Trollstigen, die sicher nicht umsonst diesen Namen hat, viele Trolle geben, denn die Felsen, die man dort sieht, sind unzählig. Im Dunkeln aber richten die Trolle sehr viel Unfug an, denn irgendjemand muß die Steine ja ins Rollen bringen, wenn sie auf die Straße prasseln und diese unpassierbar machen. Aus diesem Grund werden die Trolle gejagt, eingefangen und in Trollshops an ahnungslose Touristen verscherbelt, welche sich um diese kleinen grinsenden Dinger reißen, als hätten sie Zuhause noch nicht genug Ärger und ungekämmte Verwandte. Ich jedoch weigerte mich, so ein Ding mit in die Heimat zu nehmen, sondern schickte mir stattdessen eine Trollwarnung:

TrollwarnungTrollwarnung 2

Trolle

Die Trollwarnung ist ein echtes Verkehrsschild, das allerdings nur ein einziges Mal an der Trollstigen steht. Auf dem Dach des Trollshops ist es ebenfalls zu sehen. Das Dach ist wie viele Dächer in Norwegen mit Torf gedeckt, auf welchem allerlei Pflänzchen wachsen. Früher, erklärte uns der Reiseleiter, hatte man auf dem Dach gleichzeitig seine Apotheke, also Heilpflanzen, als auch seine Versicherung gegen Blitzeinschlag, davor sollen nämlich bestimmte Kräuter außerdem schützen.

Norwegen Tag2w

Ob es gewirkt hat, ist nicht überliefert bzw. wurde uns zumindest nicht erzählt. Dafür erfuhren wir, daß die rote Farbe, die man an sehr vielen Häusern und Hütten sieht, früher die billigste Farbe war, denn sie wurde aus Tierblut und Walfischtran hergestellt. Die teuerste Farbe war Weiß. So ist es zu erklären, warum es sich einbürgerte, Stallungen und Fischerhütten rot zu streichen, während die Wohnhäuser weiß aussehen sollten. Es kam jedoch vor, daß bei ärmeren Leuten das Wohnhaus zum Fjord hin weiß gestrichen war und nach hinten hinaus rot. Fassade halt. Übrigens gibt es in Norwegen keine Grundstücksgrenzen und keine Zäune, da das Gemeinrecht des Bodens gilt. Das scheint erstaunlich gut zu klappen, aber wenn man die Farbe seines Hauses wechseln will, braucht man dafür die Unterschrift der umliegenden Nachbarn, ansonsten muß es die Farbe behalten, die es bisher hatte. In den Bergen kamen wir an einem uralten Hof vorüber, auf welchem bis vor einigen Jahren drei Schwestern lebten. Als die letzte von ihnen starb, wollte man den Haushalt auflösen und fand in dem Haus Gerätschaften, wie sie im 18. Jahrhundert verwendet wurden, sowie eine noch vollständig eingepackte Waschmaschine, welche den Schwestern von Bekannten aus Amerika geschickt wurde, die damit aber nichts anfangen konnten, da sie keine Wasseranschlüsse, sondern einen Brunnen hatten. Außerdem fand man in einer Kiste 700 000 Kronen, welche die Schwestern anscheinend nicht brauchten, da sie sich ja vollständig auf ihrem Hof selbst versorgten. Norwegen ist im Grunde ein Paradies für Selbstversorger, denn das Angeln in Salzwasser ist für jeden frei und erlaubt, es gibt sogar extra eingerichtete Angelplätze für Menschen mit Einschränkungen. Und ebenso gehört alles, was in der Natur wächst, wie Beeren, Pilze usw., jedem, das heißt, jeder hat das Recht, sich davon zu ernähren. Und da ein Gemeinrecht des Bodens gilt, ist es theoretisch auch überall erlaubt zu campen. Ob das praktisch tatsächlich so ist, darin habe ich leider keine Erfahrungen.

Wenn man so durch die Berge fährt, fallen einem überall an den Wegen und auf Felsformationen kleine Türmchen von übereinandergestapelten Steinen auf. Der Reiseleiter behauptete erst, dies sei das Werk der Trolle, doch rückte dann mit der Wahrheit heraus: Diese Türmchen werden von Touristen gebaut und bedeuten, daß man gerne hierher zurückkommen möchte. Und schon war die halbe Reisegruppe angefixt und stürzte sich beim nächsten Halt auf umherliegende Steine, um sie übereinander zu stapeln. Ich nicht, denn ich wollte die kurze Zeit doch lieber dafür verwenden, mir die Landschaft anzuschauen und zu fotografieren. Überhaupt habe ich den Verdacht, daß dies einfach nur eine ganz ausgebuffte Beschäftigungstherapie für Touristen ist, um sie davon abzuhalten, zu viel Unfug anzustellen. Manchmal sind Touristen und Trolle eben dasselbe.

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