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Aus dem Tagebuch meines Urgroßvaters

Wenn ich richtig gerechnet habe, hat er also mit 14 seine erste Stellung als Schreiber, bzw. Buchhalter angetreten, um sich seine Brötchen selbst zu verdienen. Früher war eben einiges anders. Und über die Berliner Gewerbeausstellung 1879, auf welcher >die erste elektrische Lokomotive gezeigt wurde, gibt es sogar einen >Wikipedia-Eintrag:

Nun war die schöne Jugend- und Schulzeit vorbei und es begann der Ernst des Lebens etwas näher an mich heranzutreten; ich trat in das Comptoir des Mühlenbesitzers Zemlin hierselbst als Schreiber ein, um mir mein Brot selber verdienen zu helfen. Dort gefiel es mir ganz gut, zumal ich in meinem Vorgesetzten, Herrn Karstaedt, einen freundlichen christlichen Mann fand, der mir auch vielfach Gelegenheit gab, meine Kenntnisse zu vermehren, indem er mir nach und nach die ganze Buchführung in dem kleinen Geschäft anvertraute.

Gleich nach meiner Konfirmation trat auch ich, wie meine beiden Brüder schon früher, dem Jünglingsverein des Herrn Elberling bei, in welchem ich viele segensreiche Stunden verlebte. Dort war es mir immer am wohlsten, wenn ich mit lieben Freunden zusammen plaudern, singen und zuhören konnte, und nach den Sonntagsnachmittagsstunden mit ersteren herrliche Spaziergänge in die Umgegend machen konnte, und kann ich es deshalb nicht genug rühmen, wie segensreich solch brüderliches Beisammensein im Jünglingsverein ist. Aber auch in diese schöne Lichtzeit meines Lebens sollten einige dunkle Schatten fallen; dererart unser herzlicher Freundschaftsbund durch einen, zum Glück gewöhnlich nicht lange währenden kleinen Streit zerrissen, oder die Hoffnung, in einem neu hinzugekommenden Jüngling einen lieben Freund gewonnen zu haben, dadurch wieder vernichtet, daß derselbe dem Verein wieder den Rücken kehrte und zur Welt zurückging, und dergleichen mehr, jedoch im Großen und Ganzen genommen war es doch eine schöne herrliche Zeit.

Inzwischen flogen die Jahre dahin und ich mußte auch wieder an mein leibliches Wohlergehen denken, denn das war mir schon klar geworden, daß ich, da ich in meiner damaligen Stellung bei Herrn Zemlin nicht hinreichende Gelegenheit zur Ausbildung in schriftlichen Arbeiten hatte, mich nach einer geeigneteren Stelle umsehen müßte, hatte auch schon zu Anfang des Jahres 1877 den Versuch gemacht, bei der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn Anstellung zu bekommen, war aber abschläglich beschieden worden; da, wir schrieben September 1879, traf es sich, daß Jemand vom hiesigen Landraths-Büreau, woselbst mein Bruder August seit seiner Einsegnung Stellung hatte, abging und Soldat wurde. Die Stelle war also vakant und brachte mich mein Bruder beim Kreissekretär Berner in Vorstellung, welcher mich auch annahm, und so trat ich denn meine jetzige Stellung am 1. Oktober 1879 an, war also grade vier Jahre im Comptoir des Herrn Zemlin gewesen.

In dem an politischen Schreckensereignissen - man denke nur an die beiden verabscheuungswürdigen Attentate auf unsern geliebten deutschen Kaiser am 11. Mai und 2. Juni - so reichen Jahre 1878 reiste ich am 4. August mit meinen beiden Freunden Herm. Pavel u. Ernst Barnewitz zum ersten Male nach Berlin, um die Hauptstadt des deutschen Kaisers und Preußens auch kennen zu lernen, welcher Reise im August 1879 eine zweite folgte, die aber hauptsächlich der Berliner Gewerbe-Ausstellung galt. Zu Michaelis des ersteren Jahres reiste meine Schwester Louise nach Kassel, um den von ihr angenommenen Dienst bei Herrn Proviantmeister a.D. Deiker daselbst anzutreten.

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