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Der mündige Patient

Heute durfte ich mal wieder erleben, was man in Deutschland unter dem mündigen Patienten versteht. Es war zur Nachsorge das Röntgen der Lunge fällig und ich ging in die Radiologie, in der ich vorher bereits immer gewesen bin, allerdings fiel mir sofort auf, daß es extrem leer war, anders als sonst. Aus einem mitgehörten Gespräch erfuhr ich, daß die Ärztin, die dort bisher geleitet hat, weggegangen ist und nun ein neuer Arzt die Praxis übernommen hat, welcher aber auch gerade im Urlaub war. Anwesend war nur eine Urlaubsvertretung, die ich nicht zu Gesicht bekommen habe wie meistens in der Radiologie.

Aber gut, daß es leer war, störte mich erstmal nicht, um so schneller war ich an der Reihe. Die Dame, die mich durchleuchten sollte, schaute mich kaum an und rief mir nur über die Schulter ihre Befehle nach hinten. Nun hatte man mir aber im Krankenhaus erklärt, ich solle möglichst bei dieser Untersuchung vorher immer sagen, daß ich eine lange Lunge habe und die Platte hochkant genommen werden sollte. Also begann ich, meinen Psalm aufzusagen, wurde aber bereits nach drei Worten unterbrochen, indem sie ihre Befehle wiederholte, ohne von meiner Mitteilung Notiz nehmen zu wollen. Ich redete aber trotzdem weiter, weil ich es unhöflich fand, unterbrochen zu werden, und so redeten wir beide, ich meinen Psalm und sie ihre Befehle. Als sie fertig war, wiederholte ich noch einmal kurz, was man mir aufgetragen hatte und sie erwiderte nur kurz angebunden: "Platten benutzen wir hier nicht mehr." Als ich mich dann wie befohlen um dieses neue Gerät gewickelt hatte und schon fertig stand, kam sie wieder angelaufen und erklärte: "Na gut, dann werde ich es mal etwas höher schrauben." -
Da frage ich mich wirklich, wieso hängen sie in ihrer Praxis eigentlich keine großes Hinweisschild auf: "Patienten bitte Schnauze halten!"?

Die Bilder wurden mir gleich mitgegeben, aber der Befund wird zur Ärztin gefaxt, hieß es und ich habe noch nichts erfahren. Ist zwar anders als sonst, aber mir ganz recht, wenn ich den nicht extra noch abholen muß. Dafür bin ich endlich dazu gekommen, das für mich hinterlegte Geburtstagsgeschenk abzuholen. In dem Päckchen fand ich ein Buch aus der Bibliothek der Schenkerin "Harem - Erinnerungen der Prinzessin Djavidan Hanum, frühere Gemahlin des Khediven von Ägypten". Interessierte mich zuerst nicht so, aber ich dachte, ok, liest man halt mal, wie es in so einem Harem zugegangen ist. Doch in der Geburtstagskarte fand ich dann noch 150 EUR (!). Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet und jetzt habe ich ein ganz schlechtes Gewissen, weil der Geburtstag schon zwei Monate her ist. Auf jedem Fall weiß ich, was ich als nächstes nun wieder zu tun habe, nämlich Korrespondenz.

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