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Die magische Kantine

Während ich auf einem Busbahnhof warte, sehe ich D. vorüber laufen. Sie trägt eine weiße Jacke und es scheint so, als würde sie mich nicht erkennen. Ich rufe deshalb und winke, sie wirkt aber seltsam unbeteiligt. Ich weiß immer noch nicht, ob sie mich erkannt hat, doch sie ist stehen geblieben und unterhält sich mit mir. Dabei redet sie sehr leise und ihr Gesicht behält immer den gleichen abwesenden Ausdruck. Ich umfasse mit dem Arm ihre Taille und frage zweimal, was mit ihr ist. Den Antworten entnehme ich, daß sie wohl einen neuen Job hat, bei dem sie nähen muß und das nicht hinbekommt. Ich tröste sie, daß man das mit etwas Übung schon lernt, schließlich habe ich ja selbst Erfahrung in solch einem Job.

Später wache ich wie ein Penner auf der Straße liegend auf, über mir eine Pappe und meine Füße direkt auf den Straßenbahnschienen. Da habe ich ja Glück gehabt, daß keine Straßenbahn gekommen ist, ich weiß aber auch gar nicht, wie ich hier gelandet bin. Schließlich habe ich ein Zuhause. Dorthin will ich jetzt und muß dafür unter der S-Bahn-Brücke durch. Da bemerke ich, daß die Brücke am anderen Ende zugemauert wurde. Es wurden nur zwei Durchgänge für die Straßenbahnen und auf der anderen Seite ein schmaler Durchgang für Fußgänger gelassen. Ich will erst auf die andere Seite, doch diese ist durch einen hohen Zaun abgetrennt. Ich schaffe es nicht hinüber und will schließlich den Durchgang für Straßenbahnen benutzen. Leider sehe ich nicht, ob gerade eine kommt. Nicht ungefährlich, die Sache.

Ich bekomme Hunger und weiß, daß es am Ende der Straße einen geheimen kleinen Bäcker gibt, wo man schönen Kuchen bekommt. Die Bäckerei besteht nur aus einem kleinen Raum, welcher von der Straße nicht einsehbar ist. Doch als ich diesen Raum betrete, ist von Kuchen nichts zu sehen. Stattdessen scheint sich jetzt ein Büro hier zu befinden, in welchem sich zwei Damen unterhalten. Da die Damen sich durch mich nicht stören lassen, sondern mich begrüßen, als würden sie denken, ich sei eine neue Mitarbeiterin, spiele ich einfach mit. Vielleicht erfahre ich dann, wo es nun den Kuchen gibt. Aber nein, sie nehmen mich lieber mit in ihre geheime Betriebskantine. Nun ja, vielleicht hat man dort etwas für meinen Hunger. Die Kantine wirkt erstaunlich luxuriös, mit großen hellen Fenstern, pink gestrichenen Wänden und zwei großen runden Tischen, die aussehen, als wären sie für ein Gelage gedeckt worden. Doch da man sicher nicht mich zum Gelage erwartet, setze ich mich an einen leeren Tisch. Plötzlich gibt es einen Ruck und die Kantine beginnt sich zu drehen wie ein Karussell. Immer schneller und schneller drehen wir uns und ich denke bei mir: "Oh wow! Und hier sollen wir drin essen? Wenn das mal gut geht." Die pinkfarbenen Wände wirbeln um mich herum und mir wird etwas schwindelig. Ich lache einen Mann an, der an einem anderen Tisch sitzt. Er lacht zurück und wir kommen ins Gespräch. Durch die Fenster scheint es, als würde sich die Kantine nicht nur drehen, sondern über die Häuser der Stadt fliegen. Dabei landet sie an immer neuen interessanten und beeindruckenden Orten, die ich noch nie gesehen habe. Orte mit alten klassizistischen Bauten, mit Säulen und Pilastern, mit Torbögen, alle sehr groß wirkend, da wir sie seltsamerweise von unten sehen. Sehr aufregend das. Am Ende der Reise finde ich eine große Zeichnung, anscheinend von mir, in welcher ich den Blick über die Stadt und auf die Häuserdächer, aber auch die Magie der Reise festgehalten habe. Sehr schön, so habe ich ja sogar eine Erinnerung daran, die ich in meinem Blog zeigen kann.

(Ein schlechtes Gewissen, weil ich auf den Brief von D. noch immer nicht geantwortet habe.)

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