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Realer Psychothriller

Gerade erfuhr ich von einer realen Story, die aber doch ziemlich unfassbar ist. Die Bekannte meiner Eltern, die unheilbar an Krebs erkrankt ist, hat inzwischen die Pflegestufe III, hält sich aber ganz tapfer auf den Beinen und konnte in der letzten Woche noch einmal ihren Geburtstag feiern. Meiner Mutter, die zum Geburtstag dort war, erzählte sie folgendes: Vor einiger Zeit traf sie in irgendeinem Teegeschäft (?) einen ausländischen jungen Mann, mit dem sie ein paar Male dort Tee trank und sich unterhielt. Irgendwann lud er sich zu ihr zum Kaffee ein und sie hatte auch nichts dagegen, daß er sie in der Wohnung besuchen kommt. Ab da begann er sich rührend um sie zu kümmern, kochte für sie und half ihr, wo er konnte. Eines Tages jedoch, als er sie in der Wohnung besucht hatte, ging er nicht mehr nach Hause, sondern blieb einfach, ohne daß sie ihn dazu eingeladen hätte. Aber anscheinend fand sie das noch nicht weiter bedenklich, denn er kümmerte sich ja so um sie, also sagte sie nichts. Sie sagte auch nichts, wenn sie mitbekam, daß er an das Telefon ging und sich als ihr Sohn ausgab. Dreimal pumpte er sie um beträchtliche Summen Geldes an. Zweimal zahlte er es zurück, beim dritten Mal nicht mehr. Da beschloß sie großzügig, ihm das Geld zu schenken. Doch dann legte sie sich einmal während des Tages hin, um zu schlafen und wachte so benebelt wieder auf, daß sie Verdacht schöpfte, es könne etwas nicht mit rechten Dingen zugehen. Auch war ihr, als seien in der Zwischenzeit noch andere Leute in der Wohnung gewesen und Geld fehlte wohl ebenfalls. So berichtete sie einem alten Bekannten davon und dieser wiederum benachrichtigte die Polizei. Sie machten aus, daß sie mit dem Bekannten und dem jungen Mann ein Kaffeekränzchen abhält, und in dieser Zeit marschierte die Polizei an und nahm den jungen Mann fest. Sie wurde ebenfalls mit auf das Revier genommen und mußte dort zwei Stunden warten, um ihre Aussage zu machen.
So ist das, sobald es dem Ende zugeht, kommen die Trittbrettfahrer und versuchen so viel wie möglich abzusahnen. Und wenn man dann ohne Familie ist und immer hilfloser wird, ist man wahrscheinlich auch ein relativ williges Opfer. Nur so ist zu erklären, daß sie dieses Spiel tatsächlich so lange mitgemacht hat, obwohl das Verhalten des jungen Mannes doch von Anfang an merkwürdig war. Man muß schon ziemlich blauäugig sein zu denken, daß ein junger Mann, den man nur kurze Zeit kennt, freiwillig bei einer 81jährigen einzieht, ihr hilft und sich als ihr Sohn ausgibt, weil er nur Gutes im Schilde führt.

Meine Mutter ist ziemlich schockiert von der Geschichte und außerdem von ihrem neuen "Fitnesstraining" fertig. Vor ein paar Wochen telefonierten wir miteinander und sie - 82jährig und nicht mehr gut zu Fuß mit ihrer Osteoporose und Arthrose - meinte, zu Fuß würde sie es keine vier Treppen mehr hoch schaffen, denn seit sie in der Wohnung mit Fahrstuhl wohnt, falle es ihr immer schwerer Treppen zu steigen. Ich sagte ihr darauf, daß es normal wäre, daß die Kondition und die Kraft nachläßt, wenn man nicht übt, ganz besonders im Alter, wenn sowieso alles nachläßt. "Ja, aber wenn man einen Fahrstuhl hat und nicht gut zu Fuß ist, dann fährt man auch Fahrstuhl. Ist einfach so." antwortete sie mir, was mir natürlich vollkommen klar ist, denn ich würde es genauso machen. Doch dann - was für ein merkwürdiger Zufall - kaum eine Woche später war ihr Fahrstuhl kaputt. Und ist es seither bereits vier Wochen lang, ein Ende ist nicht in Sicht, weil irgendein Teil nicht mehr zu bekommen ist oder vielleicht höchstens noch aus China. Seltsamerweise nimmt es meine Mutter sehr gelassen und kaum wirklich verärgert hin, was mich schon etwas verwunderte, sondern erklärte mir, sie nimmt das jetzt einfach als Fitnesstraining. Vielleicht hatte sie sich ja noch an unser Gespräch erinnert. Da sie nicht viel tragen kann, geht sie jeden Tag einmal ihre vier Treppen runter und einmal rauf, um sich Essen zu holen, heute ist sogar schon zweimal die Treppen runter und wieder rauf. Außerdem mußte sie bei ihrem Geburtstagsbesuch eine relativ lange Strecke gehen, weil die Straße gesperrt war und nun hat sie Muskelkater in den Beinen. "Da kannst du ja jetzt bald den Marathon laufen, was?" zog ich sie auf. "Ja, genau!" lachte sie.

Eigentlich wollte ich ja in dieser Woche auch mal wieder etwas für meine Fitness tun und Zumba tanzen, aber heute war es einfach zu stressig und ich muß blöderweise mein Notebook neu aufsetzen, so daß ich es nicht mehr geschafft habe, und am Freitag fällt Zumba aus. Da werde ich dann wohl zu Hause eine Session abhalten müssen.

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