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Russischer Zusammenprall

Wegen irgendeiner Angelegenheit habe ich in der Senatsverwaltung zu tun und biege in die entsprechende Straße ein, ohne die genaue Hausnummer zu kennen. Aber ich denke mir, daß mir das Gebäude auch so auffallen dürfte. Gleich hier links ist zum Beispiel eines, das die Senatsverwaltung sein könnte, ein Schild fehlt jedoch. Ich betrete es und gehe durch die langen, leeren Gänge voller Türen, aus denen nur einmal eine Frau tritt. Irgendwie weiß ich doch nicht so recht wohin, weshalb ich beschließe, noch einmal auf das Schreiben in meiner Tasche zu schauen. Dazu gehe ich in einen der Treppenaufgangsräume, von welchen die Gänge abzweigen. Dieser ist mit einigen Tischen und anderem Krempel vollgestellt. Während ich in der Tasche krame, kommen zwei Männer herein, der eine mit schwarzen Haaren, einer schwarzen Mütze und seltsamerweise außerdem im Gesicht schwarz eingefärbt, der andere mit roten Haaren. Ich sage kurz 'Hallo', obwohl ich sie gar nicht kenne und sie werden gleich zutraulich, erzählen, daß sie Russen auf einer Reise sind und packen Musikinstrumente aus, um mir darauf etwas vorzuspielen. Ich habe mich beinebaumelnd auf einen der Tische gesetzt, als sich der Rothaarige neben mich auf den Tisch legt und seinen Kopf vertrauensvoll in meinen Schoß bettet, um ein kurzes Nickerchen zu halten. Aus diesem Grund bleibe ich und lasse mir von dem anderen über Russland und ihre Reise erzählen. Bald ist der Rothaarige wieder wach, aber wir hängen trotzdem noch eine ganze Weile miteinander herum, flirten ein bißchen, es fühlt sich warm und leicht an. Doch dann ist es Zeit, uns zu trennen. Ich umarme den Rothaarigen, der einen halben Kopf kleiner als ich ist, und er sagt, daß ich ja jetzt von ihm träumen könne. Ich resümiere darauf, daß die Begegnung wie der kurze und plötzliche Zusammenprall bei einem Autounfall war, bei welchem aber nichts passiert ist. Ein letzter Handschlag und ich gehe die Treppe hinunter. Dabei überlege ich, daß er ja vielleicht meine Adresse hätte haben wollen, denke aber gleich, daß es gut so ist. Denn es gibt längere und es gibt kürzere Begegnungen, und es kommt darauf an zu wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist, um wieder loszulassen.
Namesi (Gast) - Di, 23:33

Ausspülung

Ich lebe mit der Angst, dass die Wellen eines Tages freispülen werden, was ich am Strand vergrub. Eine Welle, nur wenig größer als die anderen Wellen, überspült eine unscheinbare Erhebung im Sand und zerstört die dünne Sandschicht, die mein Geheimnis bislang verhüllte.
(1975)

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