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Sorgen ohne Ende

Eigentlich dachte ich ja, wenn ich die OP hinter mir habe, kann ich erstmal Luft holen und wieder etwas zur Ruhe kommen, aber das war wohl ein Irrtum. Die nächsten drei Wochen sind voller Termine, Ärzte und Handwerker. Donnerstag soll ich zur Knochenszintigrafie und Freitag mal wieder bis nach Charlottenburg zum Bauchraum-MRT. Und jedesmal, wenn ich auf die Brust gucke, mache ich mir neue Sorgen. Ich wußte schon, warum ich es so lange wie möglich vermieden habe. Gestern versuchte ich mal ein bißchen zu hüpfen, das tat aber weh, so daß die meisten Choreografien, die ich sonst so übe, wegfallen. Stattdessen dachte ich mir selbst eine aus, die Spaß macht, aber Hüpfen und viel Arm weglässt. Die mußte ich natürlich üben und ich übte so viel, bis ich völlig verschwitzt war, was ich ja eigentlich ebenfalls vermeiden wollte. Beim Duschen schaute ich mir die Brust mal genauer an und die Form war jetzt sehr viel besser, allerdings mußte ich heute feststellen, daß dies nur am Wasser in der Brust lag, welches vorhin punktiert wurde und das sich schön gleichmäßig auch auf die flache Seite verteilte. Die Brust war zwar doppelt so groß und fühlte sich an, als würde sie jeden Moment explodieren, aber von der Form war es ok. Dafür sah aber gestern die Brustwarze sehr eigenartig aus, ganz blutunterlaufen und schorfig. Sie sah eigentlich so aus, als könne man sie selbst wie Schorf wegkratzen. Nun ist es bei diesen OPs so, daß die Brustwarze schon mal absterben und abfallen kann. Es gibt zwar irgendein Verfahren, mit welchem das Risiko vermindert wird, aber das wurde bei mir wohl nicht angewendet, zumindest weiß ich nichts davon. Natürlich bekam ich gleich einen Schreck, aber beim Nachsorgetermin vorhin schien die Ärztin nicht beunruhigt und meinte, die sei nur ein bißchen verschorft und erhole sich wieder. Na gut, ich war erst mal erleichtert, wenn auch trotzdem nicht ganz unbesorgt. Dann fragte ich die Ärztin, ob denn die Schwellung bald wieder weggehe, wobei ich auf ausgebeulte innere Seite der Brust zeigte. Die Ärztin schaute irritiert und meinte, das sei keine Schwellung, sondern das Implantat. Öhm... Ich hoffe ja immer noch, daß das alles nur eine Schwellung ist und das Implantat irgendwann flach in der ganzen Brust liegt, schließlich ist die Brust jetzt auch ohne Wasser etwas größer als die andere und ich kann mir nicht vorstellen, daß dies beabsichtigt ist. Ich hab in der letzten Nacht das erste Mal auf der linken Seite gelegen in der Hoffnung, daß das Implantat dann etwas in die Mitte rutscht, scheint aber nicht viel zu helfen. Das Implantat steht wie eine Eins irgendwo neben der Brustwarze, also falls das alles nicht doch nur eine Schwellung ist, hoffentlich. Bei diesen ganzen Aufregungen wegen der Brust denke ich immer noch manchmal, vielleicht wäre es doch besser, alles wegmachen zu lassen auf beiden Seiten. Denn dann ist es einfach nur flach und ich muß mir keine Sorgen mehr machen, ob die Brustwarze nach rechts oder links schaut, Beulen drin sind oder die eine Brust anders als die andere aussieht. Dann ist halt alles flach und die Narben kann man übertätowieren. Und wozu schleppe ich meine Problembären eigentlich noch mit mir herum? Männer schauen mich eh nicht mehr an, für die bin ich schon viel zu alt. Wenn ich früher auf die Straße gegangen bin, gab es Aufmerksamkeit, wenn ich heute auf die Straße gehe, registriert man mich nicht einmal mehr, wenn ich an einer Baustelle vorüberlaufe. Nicht daß mich das sehr stören würde, früher hat es mich eher genervt, doch wenn man für Männer sowieso nur noch Luft ist, helfen auch keine Brüste mehr, außer sie sind medizinballgroß, und darauf kann ich verzichten. Mit Kindersegen habe ich wohl ebenfalls nicht mehr zu rechnen. Und falls ich jemals in meinem Leben noch einmal die Lust und die Muße habe, einen Roman zu schreiben, dann weiß ich auch schon, wie der erste Satz lauten wird: "Ich hatte perfekte Brüste."
Chutzpe - Mo, 22:40

Ich will deine Sorgen ja nicht noch schüren, doch jetzt mache ich mir auch Gedanken. Sollte das Implantat nicht von Anfang an am richtigen Ort platziert sein?

Meine Brüste sind übrigens von Natur aus sehr unterschiedlich - eine ist perfekt und eine hängt so seltsam durch *augenroll*

Das dachte

ich mir eigentlich auch. Andererseits werden ja durch das Kompressionsbustier die Brüste extrem zusammengepresst und das Implantat natürlich auch, das bleibt dann genau so stehen. Da denke ich mir dann, daß das Implantat einfach länger braucht, um weich zu werden und sich wieder zurückzubewegen. Nur schade, daß man vom Arzt dazu nichts erfährt.
Chutzpe - Di, 00:47

Das könnte natürlich sein. Ja das finde ich auch, an der Aufklärung haperts immer noch bei den Ärzten.
g a g a - Mo, 22:55

ach (= kein Loriot-"ach")
Bei deinem letzten Satz muss ich an eine Art Krimi denken, den ich vor einiger Zeit gelesen habe, von Beate Wedekind. Ich lese sonst nie Krimis. Der fängt sinngemäß so ähnlich an. Beginnt mit einer operativen Umwandlung (nicht Geschlechts) einer Frau die mit vollendeten weiblichen Attributen gesegnet ist bzw. dann war (um unterzutauchen). Vielleicht nicht gerade die richtige Lektüre für dich, gerade. Aber sehr gut und kurzweilig erzählt. Frau Wedekind hat(te) ja metierbedingt diese gewissen High Snobiety-Einblicke, die sie da raffiniert verarbeitet hat. "Um jeden Preis" heißt der Schmöker.

Das mit dem spürbaren Unsichtbarwerden kenne ich auch. Es hat glaube ich zum einen damit zu tun, dass man früher gewohnt war, von jüngeren Männern wahrgenommen zu werden, und weniger Lust hat, von einer älteren Gruppe Herren in genaueren Augenschein genommen zu werden. Und zum anderen, dass man weniger kokett wird mit den Jahren. Auch was Kleidung angeht. Weniger Haut zeigt, seltener kurze oder überhaupt Röcke trägt, lieber bequemere Schuhe anzieht, mit denen man länger laufen kann ohne Blasen zu kriegen oder Fußweh. Da kommt ganz viel zusammen. Aber ganz selten, manchmal, wenn ich es darauf ankommen lasse, dann kann es wieder funktionieren. Es ist auch ein Spiel mit Kleidung und Haut und Signalen und Blicken. Ein ganzes Konglomerat von vermeintlicher Verheißung, das man sich auch einfach schenkt, weil man noch ein paar andere Sachen zu tun hat oder nicht mehr so zentral auf Verführung und Ergreifen der erotischen Möglichkeiten programmiert ist.

Ich denke auch,

daß es so ist, wie du schreibst. Man hat einfach andere Prioritäten und ich trage heute nur noch bequeme Schuhe und Kleidung. Die Zeiten mit Miniröckchen sind vorbei.

Der Krimi klingt interessant, aber ist im Moment wohl wirklich nicht das Richtige für mich.
Chutzpe - Di, 00:49

Ich scheine zu leuchten, mich schaut man auch in bunten Chinos und Birkenstöcken noch immer an - ich lächle allerdings auch immer, wenn man mich angafft oder mir hinterher pfeift, manchmal winke ich auch.

Bunte Chinos

und Birkenstöckchen sind ja nun auch nicht unbedingt unauffällig.
Chutzpe - Di, 11:51

Hier laufen nur die Ökos so rum und die sieht man nicht unbedingt dort, wo ich mich so rumtreibe - der konservative Schweizer trägt angemessene dezente Kleidung (Jeans oder so) und nicht korallenfarbene Hosen und ein buntes T-Shirt.

Heute trage ich ein hellblau-weiss-rosa gemustertes Mini-Kleid und dazu eine schwarze Strickjacke mit weissen Sternen - das passt überhaupt nicht zusammen, war aber grad so schön griffbereit.

Eben.

Da wundert es mich nicht, daß geguckt wird. ;o)
Chutzpe - Di, 12:59

Verflixipixie - ich habe falsch gelesen - ja eben - ich finde das halt lustig *kichert vor sich hin*

Ich finde

das auch lustig und schaue ebenfalls gerne "bunte Hunde" an. selbst bevorzuge ich aber eher die unauffällige bequeme Kleidung.
Chutzpe - Di, 14:17

Bequem muss es auch sein.

Meine Mutter hat mir 2 Pullover aus Polyester vererbt, den einen habe ich bereits getragen (der hat auch noch ne Schluppe, die einem dauernd vor den Augen rumflattert), beim anderen bin ich noch nicht sicher, der ist mit Schösschen.

Ich fand das Bunte schon immer toll und irgendwann habe ich mich dafür entschieden.
Sammelmappe (Gast) - Di, 00:00

Ganz schön unfair, Dich so hängen zu lassen und keine Informationen weiter zu geben.
Aber vielleicht sieht der Blick in den Spiegel morgen schon ein anderes?

(Jedenfalls wünsche ich Dir das von Herzen!)

Morgen sieht

der Blick in den Spiegel sicher nichts anderes, aber ich hoffe trotzdem auf die Zeit.

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