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Montag, 31. Juli 2006

Der Sonntag

Gestern war die x-te Entrümpelungsversammlung bei meinen Eltern zu Hause, wo wir wie jedesmal zentnerweise Papier und Kartons weggetragen haben. Meine Mutter hatte wieder bergeweise alte Bücher aussortiert, die der Altpapierentsorgung zugeführt werden sollten, und in diesen habe ich mehrere Fotobücher von meinem Vater gefunden. In früheren Jahren hat er oft fotografiert, er besitzt auch eine teure, aber alte Fotoausrüstung, die inzwischen seit ca. 20 Jahren irgendwo verstaubt. Anscheinend hat er sich, so wie es seine Art war, ebenfalls gleich jede Menge Literatur dazu besorgt. Ich habe die alten Bücher gerettet und mitgenommen, denn auch wenn sie aus den 50iger Jahren sind und über Analogfotografie, die Gestaltungsform vielleicht nicht mehr ganz der heutigen Mode entspricht, so bleiben doch gewisse Gestaltungsgrundlagen und Tips betreffend Licht, diverse Filter usw. dieselben. Eigentlich fotografiere und gestalte ich meist rein intuitiv, wobei sich mit der Erfahrung und im Vergleich das Wissen fast von alleine einstellt, aber so ein paar Tips schwarz auf weiss können mitunter auch sehr nützlich sein und in der Fotocommunity bekommt man die nicht. Ich habe aber immer gezögert, mir moderne Fotoliteratur zuzulegen, weil ich finde, dass die unverschämt teuer ist, ohne dass man weiß, ob wirklich hilfreiche Hinweise darin enthalten sind. Meistens ist diese Literatur nämlich entweder für absolute Anfänger, was mir nicht viel bringt oder in totalem Fachchinesisch für Profis, was mich dann auch nicht weiter bringt.
Vielleicht kann ich ja jetzt aus den alten Büchern noch etwas lernen, wobei ich sowieso finde, dass sich gerade in altem Zeugs manchmal noch sehr brauchbare Ideen und Ratschläge finden, die später mit der Technisierung dann wieder in Vergessenheit geraten sind. Allerdings nehme ich solche Bücher generell nur als Anregung, denn ich hasse Regeln. Was ich am Fotografieren am meisten mag, sind genaugenommen die Zufälle und Überraschungen, die man manchmal erlebt, wenn man einfach drauflosknipst. Wenn ich mich bei jedem Foto vorher rundum versichert hätte und hundertprozentig wüßte, was mich erwartet, sei es nun von der Lichtwirkung oder in der braven Bildaufteilung nach dem goldenen Schnitt, wäre es nur noch halb so spannend. Mein Motto ist immer, man sollte die Regeln kennen, um sie wenn möglich gekonnt brechen zu können.
Außer den Fotobüchern habe ich auch noch ein altes Stilwörterbuch aus den 50iger Jahren mitgenommen. Ich glaube, darin sind zwar viele Redewendungen und Synonyme in der gebräuchlichen Sprache schon etwas überholt, aber gerade das finde ich interessant, weil es teilweise Redewendungen sind, die man woanders gar nicht mehr findet. Allerdings schaue ich so gut wie nie in irgendwelche Wörterbücher, wenn ich schreibe.
K. meinte, sie hätte irgendwo einen Artikel darüber gelesen, dass Demenz und generell geistige Verwirrung öfter bei Leuten vorkommt, die in ihrem Leben viel mehr geistig gearbeitet und sich beschäftigt haben als andere. Das kann ich mir zwar nicht so recht vorstellen, weil es doch immer heißt, dass die Beschäftigung der kleinen grauen Zellen diese fit hält und behauptet wird, dass selbst Genies erst wenige Prozent ihres Gehirns nutzen, aber wer weiß, vielleicht gibt es darüber auch schon wieder neue Erkenntnisse und man weiß jetzt, dass das Gehirn wie die Gelenke verschleißt, je mehr man damit arbeitet. Also ist es vielleicht ganz gut so, dass ich im Moment sogar zum Denken zu faul bin und mein Gehirn dadurch schone, dass ich viel lieber völlig gedankenlos den Himmel, die Wolken und die Vögel beobachte, sooft ich dazu komme. Der nächste Winter folgt bestimmt, da kann ich noch genug denken.