Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

Montag, 20. November 2006

...

17. (März 1915) Von Lärm verfolgt. Ein schönes viel freundlicheres Zimmer als das in der Bilekgasse. Ich bin von der Aussicht so abhängig, die ist hier schön, die Teinkirche. Aber großer Lärm der Wagen unten, an den ich mich aber schon gewöhne. Unmöglich aber mich an den Lärm am Nachmittag zu gewöhnen. Von Zeit zu Zeit ein Krach in der Küche oder am Gang. Über mir auf dem Boden gestern ewiges Rollen einer Kugel wie beim Kegeln unverständlicher Zweck, dann unten auch Klavier. Abend gestern verhältnismäßige Stille, ein wenig aussichtsvoll gearbeitet (Unterstaatsanwalt) heute mit Lust angefangen, plötzlich nebenan oder unter mir Unterhaltung einer Gesellschaft, so laut und wechselnd als umschwebe sie mich. Ein wenig mit dem Lärm gekämpft, dann mit förmlich zerrissenen Nerven auf dem Kanapee gelegen, nach 10 Uhr Stille, kann aber nicht mehr arbeiten. (Kafkas Tagebücher)

Habe ich nicht letztens sowas ähnliches geschrieben? Ob nun Baugerüste oder Lärm ist ja fast dasselbe....

Gerade

schau ich so eine Dokumentation über Geisterstädte in Brasilien und frage mich, warum ich eigentlich so ein langweiliges Leben führe. Warum bin ich nicht Archäologin geworden oder Forschungsreisende? Gebuddelt habe ich schließlich schon immer gerne und dann könnte ich durch den Regenwald schippern, in den Diamantenbergen herumkraxeln oder Stammeshäuptlinge mit auberginefarbenen Topffrisuren treffen. Mein einziges Abenteuer besteht zur Zeit darin, das Geheimnis der mysteriös von selbst verschwindenden Tagclouds zu entschlüsseln. Allerdings würde es mich wohl etwas nerven, wenn ich jede Tonscherbe einzeln mit dem Pinsel freilegen müsste. Und überhaupt finde ich, dass die Museen langsam auch mal etwas entrümpeln könnten.

Bei NETTO alte Bekannte

aus meiner dunklen DDR-Vergangenheit wiedergetroffen. Es ist seltsam, so lange man sie nicht sieht, sind sie völlig aus dem Gedächtnis gestrichen, aber fällt dann plötzlich der Blick auf sie, erkennt man sie sofort wieder und erinnert sich. Diesmal waren es die Chokis in den kleinen Pappschächtelchen mit Märchenmotiven. Ich habe sie nicht gekauft, allerdings überfiel mich, wahrscheinlich verursacht durch die plötzliche Erinnerung an die Kindheit, ein unstillbares Verlangen nach bunten Lollis, obwohl ich schon seit Ewigkeiten keinen Hunger mehr auf reines Zuckerzeug hatte. Das ist auch besser so, denn hat man erstmal damit angefangen, muss man eine Weile abstinent bleiben und gesund essen, um die Zuckergier wieder loszuwerden. Ich habe mir trotzdem eine Packung Lollis gekauft und stehe jetzt kurz vor dem Zuckerschock.

Es ist unglaublich....

da komme ich nach dem Wochenende ins Büro und stelle fest, dass die Vögel am Futterstock wie die Vandalen gewütet haben. Alle Futterportionen vollkommen leer (während letzten Winter ein Stock für den gesamten Winter reichte) und das ganze Fenster ist voller Fettspuren. Es ist, als hätten sie sich erst in Rindertalg gewälzt und wären dann damit gegen die Fensterscheibe geflogen. Meisen können das jedenfalls nicht gewesen sein, die hätten gar nicht so viel fressen können. Sieht eher nach Aasgeiern aus...

Meine Wohnung ist ja doch etwas seltsam angelegt....

....wirkt in etwa so, als wäre der Architekt beim Entwurf besoffen gewesen, weil überall Winkel, Schächte, wie auch der Geheimschacht, und schräge Wände. Keine Dachschrägen, die Decke ist schon gleich hoch, aber die Wände sind nicht nur in ihrer Oberfläche schief und krumm, sondern auch nirgends in der Wohnung in normalem Rechteck zusammengefügt. Das hat zwar den Vorteil, nicht langweilig zu sein, macht sich aber teilweise ziemlich blöd. Zum Beispiel kann ich im Wohnzimmer keine dekorative Gardinenstange anbringen, da die Fensterfront von zwei Schächten eingeengt wird, neben denen fast gleich ohne Wand dazwischen die Fenster beginnen. Deshalb habe ich dort nur ein Gardinenbrett mit einer Blende, die genau zwischen die beiden Schächte passt und in der gleichen Farbe wie die Wand gestrichen ist. Das wirkt dann ungefähr so, als ob die schmale Nische über dem Gardinenbrett, da es nicht ganz oben an der Decke befestigt ist, und der dazugehörige Gardinenvorbau in die Wand eingebaut ist. Allerdings stört mich diese dunkle Nische über dem Gardinenbrett immer ein bißchen, da ja dort kein Licht mehr hinkommt. Letztens kam mir nun der Einfall, dass man oben an der Gardinenleiste vielleicht drei nach oben gerichtete kleine Lichtstrahler anbringen könnte, was gleichzeitig optisch die Deckenhöhe erhöht und die Nische ausleuchtet. Allerdings müssten alle Strahler zusammenhängen und von unten einzuschalten sein, da ich nicht jedes Mal auf die Leiter kriechen kann, um jeden Strahler einzeln anzuknipsen. Leider hab ich keine Idee, wie sowas zu machen ist, weshalb ich dann auf die Idee kam, eine Lichterkette an der Gardinenblende und -leiste zu drapieren, so dass sie gleichzeitig die Nische etwas ausleuchtet. Jetzt hängt dort also eine Lichterkette mit orangen Herbstblättern, obwohl ich eigentlich kein Lichterketten-Fan bin, und irgendwie wirkt mein Zimmer nun ein bißchen wie eine Disko oder anderes Vergnügungsetablissement. Und im Fernsehen bin ich schon wieder an diesen Gerichtsmedizin-Kriminalfall-Dokumentationen hängengeblieben, obwohl ich mir sowas gar nicht anschauen wollte....