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Freitag, 27. April 2007

Der Freitag

Der Praktikant hat heute an seinem letzten Tag für alle einen alkoholfreien Longdrink mit pürierten Erdbeeren und Crasheis gemixt, was bei dieser Hitze genau das richtige war. Meine ehemalige Gruppenleiterin rief an, nachdem sie jetzt aus dem Urlaub zurück ist, um sich bei mir für die schöne Zusammenarbeit zu bedanken. Na ja, Zusammenarbeit würde ich das nicht nennen, aber ich weiß, was sie meint. Sie sagte, dass ich ja vielleicht irgendwann wieder in ihrer Abteilung lande, wenn ich an mein schönes ruhiges Büro denke, würde ich auch sofort wieder rübergehen, aber wer A sagt, muss auch B sagen, erklärte mein Kumpel zu meinem Ja-Sprachfehler. Hauptsache mir passiert sowas nicht bei meiner Hochzeit. Erst am Nachmittag war ich endlich das erste Mal in dieser Woche alleine im Büro, aber auch nur, weil mir M. seinen Schlüssel da gelassen hat, denn ich selbst habe ja keinen, da der Praktikant seinen verschludert hat. Nach der Arbeit bin ich noch zum Baumarkt um Blumenerde zu holen und habe mich stattdessen in ein Ginsterbäumchen verliebt. Das steht jetzt auf meinem Balkon, denn ich habe es eigenhändig nach Hause getragen.



Dann meine Mutter angerufen und eiuen Schreck bekommen, weil sie sich so schlimm am Telefon anhörte. Sie sagt, sie hat sich einen Grippeinfekt geholt und den ganzen Tag im Bett gelegen. Aber als ich fragte, ob ich kommen und irgendwas besorgen soll, erklärte sie, dass sie selbst nochmal raus wolle, das ginge schon. Also hoffe ich mal, dass es nicht wirklich so schlimm ist, wie es sich am Telefon angehört hat. Morgen ist sowieso mein Bruder da und es steht jetzt schon der nächste Termin für den Spreewalddorf-Ausflug und den Rekonvaleszenten-Besuch fest, es soll am 12. Mai sein. Im übrigen schön, dass endlich wieder zumindest das Internet über Kabel funktioniert.

Große Ereignisse werfen ihre Katastrophen voraus (Die erste Woche)

Der erste Tag begann, na ja sagen wir, recht eigenwillig. Nach einer kurzen und wie erwartet schlaflosen Nacht stand ich extra eine halbe Stunde eher auf, um auch jede Möglichkeit eines Zuspätkommens auszuschließen. Überpünktlich traf ich an der Bushaltestelle ein, wartete 10 Minuten, 20 Minuten, als die halbe Stunde voll ward, wurde es schon klar, dass ich es nicht mehr pünktlich schaffen würde, weder zu Fuß noch mit dem Bus. Da ich jedoch nicht mehr glaubte, überhaupt noch einen Bus zu sehen, lief ich 20 Minuten bis zur U-Bahn. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon bedient, denn gleich am ersten Tag zu spät zu kommen, ist etwas, das selbst in meinen Augen etwas merkwürdig aussieht und meistens entpuppen sich solche Tage durchgehend als rabenschwarz, was sich auch diesmal wieder bewahrheiten sollte. Die Umstände waren aber insofern günstig für mich, dass die Gruppenleiterin, bei der ich mich melden sollte, erkrankt war und nur ein Zettel für mich an der Tür hing, mit dem Hinweis, wo ich mich melden soll, und so irrte ich noch ein wenig durch die Gänge und es fiel anscheinend nicht weiter auf, dass ich 8 Minuten später kam.

Ich meldete mich in dem Zimmer, wo ich nun auch sitze, und muss sagen, dass ich nicht sehr begeistert bin. Dies hat allerdings wenig mit den Leuten zu tun, als vielmehr mit den Umständen. Zuerst war nur so ein abgebrochener Praktikantentisch da, die Männer machten sich aber sogar die Mühe, diesen gegen einen höhenverstellbaren PC-Schreibtisch auszutauschen, damit ich mit meinen fast 180 cm meine Beine irgendwo unterkriegen kann, nachdem die Hausmeister ewig nicht auftauchten. Nur leider ist in diesem Zimmer die Hölle los, ich sitze genau zwischen drei Türen, links, rechts und hinter mir und vor mir gehen die Fenster auf eine viel befahrene Straße hinaus. Der Lärm ist unbeschreiblich, zumal auch noch neben oder hinter mir alle Nase lang irgendeine Tür aufgeht und ständig Leute in den Nachbarzimmer oder in meinem durcheinanderquasseln. Nebenbei läuft noch das Radio des Mitarbeiters, der mich einarbeiten soll, und als dieser der Meinung war, mal ganz laut Musik aus "Tanz der Vampire" aufzudrehen, war ich zwei Stunden lang auf dem rechten Ohr taub. Am Telefon verstehe ich kaum etwas und mir fiel wieder ein Traum ein, den ich vor kurzem hatte. Anscheinend bin ich sowas nicht mehr gewöhnt und vermisse jetzt um so mehr mein ruhiges Einzelbüro mit Blick in die Bäume und Vogelfenster. Ich ärgere mich immer mehr über mich, denn wenn ich nicht so laut "Ja" geschrien hätte, hätte ich dort wahrscheinlich noch mindestens bis Herbst 2008 bleiben können. Es ist klar, dass es irgendwann ein Ende gehabt hätte und ich irgendwo anders hingekommen wäre, aber bis dahin hätte ich das noch genießen können.

Der Mitarbeiter, der mich einarbeitet, ist sehr nett und auch seine Kollegin. Er ist 28 Jahre, wollte aber, dass ich sein Alter schätze, wobei ich erst auf 35 Jahre kam. Er fand das nicht schlimm und meinte, Männer finden das gut, wenn sie älter geschätzt werden. Irgendwie scheint das so ein Hans Dampf in allen Gassen zu sein, jedenfalls sehe ich ihn selten arbeiten und ständig wuseln irgendwelche Frauen um ihn herum. Es gab wohl schon die ersten Eifersüchteleien, weil ich da nun bei ihm im Zimmer sitze, man scheint mich als Konkurrenz zu betrachten. Dabei habe ich echt kein Interesse an ihm, sondern versuche bloß die ganze Zeit, mich soweit abzuschirmen und in mich selbst zurückzuziehen, damit mich diese ganze Unruhe dort nicht wahnsinnig macht. Ein bißchen Quasseln zwischendurch ist ja ganz schön, aber 8 Stunden am Stück, sowas ist für mich mörderisch. Weiterhin war in dieser Woche noch sein Praktikant da, von dem er mir im Vertrauen erzählte, der hätte lieber Animateur auf Mallorca statt Bürokaufmann werden sollen, der die Kinder der Kollegin im Zimmer als Rollbraten und Schinken bezeichnet, jedem seine Sexabenteuer erzählt, der die nicht hören will und außerdem den Zimmerschlüssel verbummelt hat, den ich hätte bekommen sollen. So sitze ich nun wie blöd ohne Schlüssel da und muss immer aufpassen, dass mich keiner einschließt. Die nächsten Monate werde ich wohl damit beschäftigt sein, meine so gesammelten Minusminuten wieder abzuarbeiten. Dafür hat mir der Praktikant aber eine Visitenkarte der Orientalischen Bar, wo er als Barkeeper arbeitet, lässig auf meinem Schreibtisch hinterlegt. Außerdem gibt es hier einen weiteren männlichen Kollegen, der behauptet mich irgendwoher zu kennen, mir aber zuerst völlig unbekannt war. Erst als M., mein Einarbeiter, erzählte, dass dieser glaubt, dass ich in seinem Studienjahrgang war, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich, der war an der Fachhochschule in einigen Kursen mit mir zusammen und in einem der Kurse habe ich immer die Gespräche belauscht, die er mit seinem Kumpel über mich und die vorteilhaftesten Sexualstellungen geführt hat. Einmal erzählte sein Kumpel ihm, dass er mich "süss" findet, worauf er so meinte, dass ich aber ziemlich ruhig wäre. Daraufhin antwortete sein Kumpel, dass das ja gerade gut wäre und besser als wenn......- den Rest habe ich leider trotz meiner überempfindlichen Ohren nicht mehr mitbekommen, dabei hätte es mich auch interessiert, warum das gerade gut ist. *gg* Jedenfalls bin ich dabei geblieben, dass ich mich nicht erinnern kann, ihn zu kennen. Ich wunder mich eh immer darüber, wer mich ständig alles wiedererkennt, selbst aus dem Kindergarten.

Der erste Tag schloss damit ab, dass ich nach Hause kam, den Computer anwarf und dieser auf einmal frech behauptete, er finde kein Betriebssystem. Das kam mir Spanisch vor, aber als ich versuchte, mit der Wiederherstellungs-CD zu reparieren, was zu reparieren geht, zeigte mir der Bildschirm die Partition als völlig unbelegt an. Ich vermute mal, dass zwar das Betriebssystem noch drauf war, dass es aber ein Virus gewesen ist, der einem vorgaukelt, dass das Betriebssystem weg ist. Doch auch hier waren mir die Umstände hold, indem ich vor Monaten eine zweite Partition für meine ganzen Dateien angelegt hatte, so dass ich kalt lächelnd formatieren und das OS neu auflegen konnte, ohne Verluste zu beklagen. Das war wirklich das Beste, was ich in letzter Zeit getan habe, denn wenn meine Dateien mit auf der Software-Partition gewesen wären, hätte ich wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch gekriegt, alles weg einschließlich 105 Seiten Luchterhand. So bestand der Schaden nur aus der Zeit, die ich erneut investieren musste und leider funktioniert das Internet und WLAN noch immer nicht so richtig. Auch auf Arbeit funktionierte der PC die ersten Tage nicht und musste erst eingerichtet werden, so dass ich dort ebenfalls keine Möglichkeit hatte, mal kurz ins Internet zu gehen oder eine Email abzusetzen, was aber auch so nicht mehr wirklich geht, ohne dass es jemand mitbekommt, weshalb ich es lasse, da ich nicht will, dass jemand hinter meinem Rücken mitliest, was ich schreibe und ich auch in der Mittagspause dort nicht alleine bin.