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Mittwoch, 10. Dezember 2008

Biblischer Anagrammkalender - Das zehnte Türchen

Propheten

HOERT NEPP

Die Kasimir-Gedächtniskette

Als Kind bin ich, schon aufgrund meiner Herkunft, regelmäßig in die Christenlehre gegangen. Dies war zu den damaligen DDR-Zeiten relativ ungewöhnlich. Meist gab es an einer Schule nur sehr wenige Kinder, welche dies taten und meist waren sie allgemein bekannt, obwohl man von seinen Eltern immer dringenst ermahnt wurde, nicht zu viel über solche Aktivitäten an der Schule zu erzählen. Schließlich wollte man sich möglichst nicht ins Kreuzfeuer für gesellschaftliche Repressalien begeben. Von diesen eventuellen Repressalien hörte ich zwar von meinen Eltern, glücklicherweise erlebte ich sie selbst aber nie, zumindest nicht bewußt. Sogar zum Abitur wurde ich zugelassen, was in der Regel nur für 2-3 Schüler einer Klasse möglich war, allerdings erst auf Widerspruch meines Vaters hin. Natürlich redete man trotzdem, die anderen Kinder waren ja immer neugierig und wollten wissen, was wir in der Christenlehre so tun. Wir saßen dort in einem kleinen Grüppchen um den Tisch herum, bekamen Geschichten aus der Bibel vorgelesen, spielten lustige Spiele (auch welche aus dem Westen, was besonders spannend für uns war) oder sangen Lieder wie "Geh aus mein Herz und suche Freud". Es gab weder Hausaufgaben, zumindest nur ganz selten mal was auswendigzulernen, wie das Glaubensbekenntnis, noch war es sehr anstrengend. Es war eigentlich der einzige Unterricht, bis auf den Kunst- und Englischunterricht, in den ich gerne gegangen bin. Auch lernte es sich in dieser kleinen Gruppe viel gemütlicher, als in den 25-30köpfigen Schulklassen. Außerdem hatte ich noch den großen Vorteil, um den man mich beneidete, nur von unserer Wohnung aus eine Treppe höher bis in den Gemeinderaum zu müssen. Nach der Christenlehrestunde schloß sich oft ein gemeinsames Spielen auf dem Hof an. Unsere Katechetin war nett, rundlich und selten aus der Ruhe zu bringen. Wie ich gehört habe, ist sie bereits verstorben. Ich erinnere mich daran, daß wir einmal gemeinsam am Saalfenster standen, auf die anderen warteten und ich ihr von oben meine damals angelachte Katze zeigte (während meiner Kindheit lockte ich ständig Katzen an und meine Eltern hielten nicht lange stand, die Wohnung katzenfrei zu halten), die gerade unten herum streunte. Sie fragte mich, ob sie einen Namen hätte und als ich verneinte, erzählte sie etwas von einem Kater Kasimir. Dieser Moment ist fest in meinem Gedächtnis verankert. Die Hofkatze, die wir von oben betrachtet hatten, wurde bald zusammen mit ihren Jungen abgeholt. Meine Mutter erzählt heute noch, ich hätte am Fenster gestanden und Rotz und Wasser geheult. Ich selbst kann mich daran nicht erinnern, manchmal frage ich mich, ob das nicht eine zu späterem Leben erwachte Dichtung meiner Mutter ist, aber irgendwie muß ich es ja geschafft haben, sie zu erweichen. Kurz bevor die bösen Männer kommen sollten, gab sie mir einen Schubs und sagte im rüden Tonfall "Hol dir eine!" Ich verstand erst nicht. "Los! Hol dir eine Katze! Schnell!" Ich preschte die Treppen hinunter wie ein Wirbelwind, kroch atemlos hinter die Bretter, wo das Katzennest war und griff das erste beste murkelige kleine Fellbündel, was mir vor die Füße taumelte. Es tat mir weh, es von den anderen wegzureißen, aber zumindest würde es gerettet sein. Fest hielt ich es an die Brust gedrückt, als ich die Treppen wieder herauf stürmte, um es in Sicherheit zu bringen. Am nächsten Tag besorgte meine Mutter ein Katzenklo und einen Termin beim Tierarzt. Sie sagt heute, sie dachte an diesem Tag, ich würde es ihr nie verzeihen, wenn man mir alle Katzen wegnehmen würde. Ich will nicht sagen, daß die kleine Katze einen Glücksstern hatte, als genau sie in meine Fänge geriet. Sie paßte in einen Handteller, war noch so winzig und klein und völlig ohne Mutter. Die ersten Wochen fütterte ich sie mit einem mit Milch gefülltem Fläschchen und sie schien völlig verloren, wenn sie sich auf der Matratze aus meinem Puppenwagen, die ich für sie geopfert hatte, in eine Ecke zusammenrollte. Als ich gefragt wurde, wie sie heißen soll, dachte ich sofort an den Moment im Gemeinderaum und nannte sie Kasimira. Mein Vater fand den Namen total blöd. "Was soll das denn für ein Name sein? Das ist doch gar kein richtiger Name. Sowas Doofes!" Er nannte sie deshalb auch nur "Mulle", bei meiner Mutter hieß sie "Mieze" oder "Miezchen". Ich war die einzige, die sie wirklich Kasimira nannte, allerdings kürzte ich oft auf "Kasi" ab, nicht zu verwechseln mit "Hasi". So ist das, wenn man ignorante Eltern hat. Für mich ist das noch heute ein völlig normaler Name. Warum ich das alles schreibe? Weil ich heute einen Klienten bekam, der Kasimir heißt.

Biblischer Anagrammkalender - Das neunte Türchen

Luzifer

FIEL ZUR (Erde?)