Die größte Freiheit entsteht durch die Meisterschaft aller Reichweiten
Vor einigen Jahren las ich ein Kampfsportbuch, dessen Aussage, daß das Erweitern des Wohlfühlbereiches die Freiheit vergrößert, mir am stärksten in Erinnerung geblieben ist. Es gibt Menschen, die brauchen Distanz, sei es nun beim Kampf oder anderswo, um sich sicher und wohl zu fühlen, es gibt Menschen, die sich in der Nähe in ihrem Element fühlen. So etwas äußert sich nicht nur in der Reichweite, die man beim Kampf bevorzugt, sondern zum Beispiel auch in den Lieblingsplätzen bei Seminaren. Ich habe mich in Schule oder Studium meistens nach hinten verzogen, am liebsten an einen Fensterplatz. Wenn es sich nicht vermeiden ließ und ich vorne sitzen mußte, fühlte ich mich automatisch unwohler, selbst wenn mir daraus im konkreten Fall keine Nachteile erwuchsen. Ich bin halt ein Mensch, der immer gerne auf Distanz geht. Nun hatte ich vor einiger Zeit meine allererste Reha-Sport-Stunde und landete dort ganz vorne bei der Kursleiterin, zumal der Raum nicht allzu groß ist. Das war in dieser ersten Stunde äußerst unangenehm, da ich ständig das Gefühl hatte, alle hinteren Augen sind auf mich gerichtet, während ich noch völlig ahnungslos versuche, mich nicht zu dämlich bei den unbekannten Übungen anzustellen, mal ganz abgesehen davon, daß es eben (noch) nicht meine Wohlfühlreichweite war und ich mir generell mit meiner Größe und den großen Füßen stets etwas tollpatschig vorkomme. Ich zog es durch, indem ich mir dachte - pah, machste halt den Hampelmann, das hammse umsonst und wahrscheinlich stellen se sich hinter mir gar nicht so viel besser an. Und wenn, ist es auch egal - bloß nicht klein kriegen lassen. Nach dieser ersten Stunde, dachte ich ernsthaft darüber nach, ob ich versuchen sollte, mir für die nächsten Stunden einen hinteren Platz zu sichern, wo ich mich nicht so ungeschützt und beobachtet fühlen würde. Doch ich entschied anders, weil mir dieses Kampfsportbuch wieder einfiel und ich es, nachdem ich bereits die erste Stunde gemeistert hatte, als eine gute Möglichkeit ansah, jetzt einmal ernsthaft zu versuchen, meinen Wohlfühlbereich zu erweitern. Schlimmer als in der ersten Stunde konnte es ja normalerweise nicht werden.
Also blieb ich vorne und war es bisher jedesmal. Es ist inzwischen sogar so, daß ich mir gar nicht mehr vorstellen könnte, nach hinten zu gehen. Vielleicht ist es einfach die liebe Gewohnheit, aber ich glaube fast, daß ich mich diesmal dort nicht wirklich so viel besser fühlen würde, vielleicht sogar eher das Gegenteil. So richtig bewußt geworden ist mir diese Veränderung erst beim letzten Mal, als ich hautnah eine Person in der "falschen" Reichweite erleben konnte. Eine neue Kursteilnehmerin wurde gebeten, mit uns Aufstellung zu nehmen und landete, durch Zufall und da die Leiterin auf den freien Platz vor sich hinwies, ebenfalls ganz vorne, sogar noch vor mir. Die ersten Aufwärmübungen begannen und ich bemerkte, wie die Neue einen starken Drall nach hinten bekam, bis zwischen ihr und der Kursleiterin ein riesiger freier Raum war, während ich ebenfalls immer mehr nach hinten ausweichen mußte, damit sie mir nicht auf die Füße tritt. Natürlich mußten die Leute hinter mir auch zurückweichen und schließlich hatte sie uns fast an die hintere Wand gedrängt, als sie plötzlich kehrt machte, etwas murmelte von "Ich muß nach hinten!" und gleichzeitig ebendort verschwand.
Einerseits konnte ich ihr Unbehagen gut nachvollziehen, andererseits bemerkte ich, wie ich erleichtert wieder meinen vorderen Platz einnahm, mit genügend Arm- und Beinfreiheit und niemandem vor mir bis auf die Kursleiterin. Ich habe bis heute keinen Schimmer, wie ich mich anstelle, ob gut oder schlecht, aber inzwischen ist es mir egal, was andere denken könnten, denn es geht doch gar nicht darum. Ich ziehe da vorne einfach mein Ding durch, so gut wie es mir möglich ist, und die da hinten sollen denken, was sie wollen, meinetwegen auch, daß sie es besser können, denn irgendjemand muß ja immer der Hampelmann sein, an dem andere ihr Ego polieren können. Wichtig ist nur, daß man sich deshalb nicht kleiner macht.
Also blieb ich vorne und war es bisher jedesmal. Es ist inzwischen sogar so, daß ich mir gar nicht mehr vorstellen könnte, nach hinten zu gehen. Vielleicht ist es einfach die liebe Gewohnheit, aber ich glaube fast, daß ich mich diesmal dort nicht wirklich so viel besser fühlen würde, vielleicht sogar eher das Gegenteil. So richtig bewußt geworden ist mir diese Veränderung erst beim letzten Mal, als ich hautnah eine Person in der "falschen" Reichweite erleben konnte. Eine neue Kursteilnehmerin wurde gebeten, mit uns Aufstellung zu nehmen und landete, durch Zufall und da die Leiterin auf den freien Platz vor sich hinwies, ebenfalls ganz vorne, sogar noch vor mir. Die ersten Aufwärmübungen begannen und ich bemerkte, wie die Neue einen starken Drall nach hinten bekam, bis zwischen ihr und der Kursleiterin ein riesiger freier Raum war, während ich ebenfalls immer mehr nach hinten ausweichen mußte, damit sie mir nicht auf die Füße tritt. Natürlich mußten die Leute hinter mir auch zurückweichen und schließlich hatte sie uns fast an die hintere Wand gedrängt, als sie plötzlich kehrt machte, etwas murmelte von "Ich muß nach hinten!" und gleichzeitig ebendort verschwand.
Einerseits konnte ich ihr Unbehagen gut nachvollziehen, andererseits bemerkte ich, wie ich erleichtert wieder meinen vorderen Platz einnahm, mit genügend Arm- und Beinfreiheit und niemandem vor mir bis auf die Kursleiterin. Ich habe bis heute keinen Schimmer, wie ich mich anstelle, ob gut oder schlecht, aber inzwischen ist es mir egal, was andere denken könnten, denn es geht doch gar nicht darum. Ich ziehe da vorne einfach mein Ding durch, so gut wie es mir möglich ist, und die da hinten sollen denken, was sie wollen, meinetwegen auch, daß sie es besser können, denn irgendjemand muß ja immer der Hampelmann sein, an dem andere ihr Ego polieren können. Wichtig ist nur, daß man sich deshalb nicht kleiner macht.
zuckerwattewolkenmond - Mi, 00:25