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Mittwoch, 22. September 2010

Dresden zu Land, zu Wasser und zur Luft - Teil 4

Auf dem Plan stand der Zwinger. Wenn man diesen vollständig mit allen Ausstellungen besichtigen will, braucht man bestimmt einen ganzen Tag. Da wir so viel Zeit nicht hatten, mußte eine Ausstellung reichen und wir entschieden uns für die Alten Meister mit der Sonderausstellung zum Frühwerk Vermeers. Am interessantesten fand ich den Raum, in welchem das Bild "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" zusammen mit einer Unmenge von Kopien und Nachempfindungen dieses Bildes gezeigt wurde. Es gab natürlich auch ein Wiedersehen mit der Sixtinischen Madonna, deren Engel meine Eintrittskarte zierten. Aber mein Lieblingsbild dieses Rundgangs ist "Frühstück mit Brombeerpastate" von Heda. Eigentlich auf den ersten Blick kein spektakuläres Werk, doch die wirklich gekonnt fast fotorealistische Darstellung macht mich atemlos. Nun weiß ich, daß fotografisch realistische Darstellungen unter Malern und bildenden Künstlern eher verpönt ist. Schließlich habe ich in Kindheit und Jugend viel mit bildenden Künstlern zu tun gehabt und selbst gemalt. Man legt zumindest heutzutage viel Wert auf persönliche Ausdruckskraft. Früher, als es noch keine Fotografie gab, war das etwas anders. Wenn man sich dagegen heute für solche Kunstwerke begeistert, wird einem gerne ein guter Kunstgeschmack abgesprochen. Doch bei mir ist es so, daß ich einfach auch immer das wirkliche handwerkliche Können dahinter sehe, das, wie ich finde, sehr viel rarer gesät ist als persönliche Kreativität, und es ist genau dieses Können, welches in mir Ehrfurcht auslöst. Wahrscheinlich ist das für mich bei Gemälden wie mit den tausendseitigen, spannenden Romanen. Wenn jemand einen solchen schreibt, der zwar nicht im besonderen Maße künstlerisch wertvoll ist, aber von der ersten bis zur allerletzten Seite eine wirklich fesselnde und berührende Geschichte erzählt, macht mich dieses Können mehr sprachlos, als jemand, der eine zwölfseitige sprachlich und stilistisch spektakuläre Kurzgeschichte schreibt. Faszinierend an diesem Können ist gerade, daß es sich in eigenartiger Bescheidenheit trotz vollendeter Perfektion hinter der zu erzählenden Geschichte oder aber der abzubildenden Szenerie versteckt, sich zurücknimmt, und damit selbst eine Art von Ehrfurcht gegenüber dem ausstrahlt, was sich hier in wesenseigener Reinheit zur Weitergabe darbietet.

Nach der Gemäldegalerie besuchten wir das Nymphenbad, ein magischer Ort (besonders wenn man alleine dort ist, was aber heute wahrscheinlich nicht mehr allzu oft möglich ist), der in luftiger Höhe von Unmengen an pausbäckigen, wenig bekleideten Nymphen und Nymphchen belebt wird, welche in ewiger Verspieltheit und Leichtigkeit sich über die Stadt unter ihnen zu amüsieren scheinen.

Und es stand eine Führung durch die Semperoper auf dem Programm. Wenn bis hierher mein Rücken relativ brav war, wurde es jetzt kritisch, zumal gerade das langsame Gehen zum Beispiel durch die Gemäldegalerie, besonders anstrengend ist. Unglücklicherweise bestand außer uns die gesamte Gruppe aus Reisenden der Studiosus-Reisen, im Schnitt zwischen 65 und 85 Jahren alt. Es gab zwar auf den Fluren einzelne Sitzplätze, allerdings traute ich mich nicht, mich hinzusetzen, weil unsere Vortragende, immer wenn sie von der Jugend sprach, zu mir herüber schaute, und ich mir dachte, wenn ich mich jetzt setze, hagelt es bestimmt böse Blicke oder aber Sprüche über die verweichlichte, bzw. egoistische Jugend. Zum Glück fand die zweite Hälfte der Führung im Zuschauerraum statt, wo nun alle einen Platz fanden. Als Essenz der Führung habe ich mitgenommen, daß so gut wie alles an der Semperoper falsch ist, also sozusagen eine riesige Bühnenkulisse, was aber niemanden stört, und daß man in das Gießwasser von Hortensien Alaun tun soll, damit sie blau blühen. Es gab noch einen Bummel über die Brücke zum Goldenen Reiter und über den umwerfend großen Töpfermarkt, dann hieß es auch schon Abschied nehmen von Dresden. Die Zeit war wie im Fluge vergangen.

Dresden Souvenirs

Jan Vermeer van Delft - Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster

Willem Claesz Heda - Ein Frühstückstisch mit einer Brombeerpastete

Keuchhusten und Ambrosia

Eine Kollegin versetzte uns die letzten Tage in Panik, während sie mit Schniefnase und kaum noch vorhandener Stimme Akten und Schriftstücke verteilte. Ich hätte am liebsten jedesmal ein Abwehrzeichen gemacht, wenn sie das Zimmer betrat, aber ich möchte ja niemanden diskriminieren. Ich bin mit anderen gesundheitlichen Baustellen genug beschäftigt, eine Erkältung wäre das letzte, das ich noch gebrauchen könnte. Also vermied ich es, die abgelegten Schriftstücke früher als nach drei Stunden zu berühren, frei nach dem Motto, nach drei Stunden haben sich sämtliche Viren und Bakterien auf dem Papier zu Tode gelangweilt. Heute ging nun das Gerücht um, daß sie Keuchhusten hätte, den man wohl auch trotz Impfung bekommen kann. Und Herr N. erzählte mir, daß man in Berlin eine riesige Brache voller Ambrosia gefunden habe, eines der stärksten Allergene überhaupt. Bisher dachte man, diese Pflanze gäbe es nur in Übersee. Ich empfinde es jedoch als riesigen Witz, wenn ich auf der Ambrosia-Webseite lese, daß die Verbreitung der Pflanze unbedingt verhindert und alle auftretenden "Herde" ausgerottet werden sollen. Wenn man so denkt, kann man gleich alles ausrotten, was um uns herum kreucht und fleucht. Stattdessen sollte man lieber mal ehrlich und schonungslos, und nicht nur um gewinnbringende Allergiemedikamente abzusetzen, untersuchen, warum solche Immunstörungen immer mehr zunehmen. An den "bösen" Pflanzen liegt das bestimmt nicht. Bekannt ist zum Beispiel, daß Pollen um so aggressiver werden, wenn sie sich mit vielen Rußpartikeln in der Luft verbinden. Die Pflanzen auszurotten, und das womöglich noch mit chemischen Giftbomben, erscheint da geradezu als ein Schildbürgerstreich. Es wundert mich, daß ich bei meinem Glück von Ambrosia noch nichts gemerkt habe. Überhaupt ist mir aufgefallen, daß ich, seit Herr N. ständig mit einem merkwürdigem Schnupfen herumschnieft, nicht ein einziges Mal mehr geniest habe. Ich glaube fast, sein Heuschnupfen ist meiner, d.h. ich habe ihm meinen Heuschnupfen angehext. Früher mußte er ständig 'Gesundheit!' sagen, jetzt bin ich es. Ich habe angemerkt, dies sei die Rache dafür, daß er immer dumme Bemerkungen gemacht hat, wenn ich dauernd niesen mußte. Und er antwortete, daß er ja schon gar nichts mehr sage. Nun müßte ich nur noch herausfinden, wie ich es mit den Rückenschmerzen genauso mache. Ich wüßte einige Kandidaten, denen ich die gerne mal probehalber anhexen würde. Oder auch länger.

Verleser zur Gesundheitsreform

"zentrales Verbrechen der Koalition"

statt

"zentrales Versprechen der Koalition"