Um 6 Uhr aufgestanden,
mich in Berufsverkehr und Schneechaos bis zur Charite durchgekämpft, um die Knochenszintigrafie machen zu lassen. Dabei wird erst Strahlezeug in die Vene gespritzt (Ich glaube, ich entwickle bald eine Phobie gegen picksen. Langsam reichts.) und dann hat man erst einmal zweieinhalb Stunden Zeit bis man in den "Scanner" kommt. Pünktlich als es hell wurde, stöberte ich also gemütlich rund um die Friedrichstraße im Schnee herum, während alle anderen panisch dabei waren, zur Arbeit zu kommen, und mich anguckten als dächten sie, ich sei ein Hardcore-Tourist mit viel zu viel Zeit, der dauernd im Weg herumsteht. Ein paar Fotos geknipst, allerdings versagte sogar die Kamera bei dieser Kälte irgendwann, und dann später zurück in das "Ekelhochhaus" der Charite. Zum Lesen haben sie dort nur Tratsch- und Promizeitschriften, und das anscheinend im Abo. Da nichts anderes zur Verkürzung der Wartezeit zur Verfügung stand, blätterte ich also in einem dieser Heftchen und fand alte Bilder von Sylvie van der Vaart. Meine Kollegin hatte mir erzählt, daß die auch an BK erkrankt gewesen ist, und die Bilder müssen vor dieser Zeit gewesen sein. In ihrem Fall war die Chemo anscheinend die reinste Schönheitskur, aber gut, man weiß ja nie, was hinter der Fassade steckt. Doch diese Art Nebenwirkungen würde ich durchaus gerne mit in Kauf nehmen. Wobei ich außerdem feststellte, daß sie in der Charite fantastisch beleuchtete Toilettenspiegel haben, in denen man aussieht wie das blühende Leben. Vielleicht war aber auch der Schneespaziergang davor schuld daran. Während ich im "Knochenscanner" lag, war plötzlich ein Stromausfall im ganzen Hochhaus, der aber glücklicherweise nicht dieses Gerät betraf. Sonst hätte ich da drinnen vielleicht eine ganze Stunde gelegen. Mittags zurück nach Hause, einen Bückling vom Fischmarkt geholt und wie ein Schneemann ausgesehen. Wenn ich an die frischen Bücklinge aus meiner DDR-Kindheit denke, waren die relativ klein, hatten knackiges festes Fleisch und fast immer waren welche mit Rogen dabei. Die Bücklinge heute sind groß, wabbelig, völlig überfettet, und einen mit Rogen zu erwischen gleicht anscheinend einem Sechser im Lotto. Ich glaube, das letzte Mal habe ich Bücklingsrogen 1989 gegessen. Und es ist nicht dasselbe wie Kaviar. Besser, aber heutzutage wohl aussichtslos. Und nachdem ich ja das ganze Jahr hindurch so gut wie gar nicht ferngesehen habe, bis auf einige Horrorfilme, habe ich diesmal den Rest des Tages damit verbracht, Sitcoms auf der Couch liegend anzuschauen und dabei einzuschlafen. Sowas ist ewig nicht mehr vorgekommen, und auch Horrorfilme mag ich plötzlich nicht mehr. Schon erstaunlich, wie sich das Leben selbst in Kleinigkeiten von einem zum anderen Moment ändern kann.
zuckerwattewolkenmond - Do, 22:13