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Freitag, 25. Februar 2011

Abstellkammer

Abstellkammer

Neue Diagnose

Heute Besuch bei meiner Hausärztin, die von meinem "Glück" noch gar nichts wußte. Aber ich wollte endlich den Befund des Rücken-MRT im Dezember wissen. Ich hatte zwar ganz früh einen Termin, doch es saßen bereits fünf Leute im Wartezimmer herum, einige davon schniefend. Mir wurde gesagt, ich solle wegen der niedrigen Leukozyten und der Infektionsgefahr Menschenansammlungen meiden, aber das ist beim Arzt etwas schwierig. Bald setzte sich rechts von mir ein älterer Herr mit einem wahren Terrorhusten, der tief aus den Lungen hinaufgurgelte. Ich wandte mein Gesicht also mehr nach links, doch ziemlich schnell fing der etwas jüngere Mann dort auch an zu husten. Zwischendurch hatte ich ein paar Male die Anwandlung, mir die Perücke vom Kopf zu reißen, damit sie vor mir zurückweichen. Schließlich holte ich ein Papiertaschentuch hervor und hielt es so unauffällig wie möglich vor Mund und Nase. Die Schwester bemerkte dies und schickte mich irgendwann zum Warten in eines der Sprechzimmer, kam hinterher und meinte, ihr sei aufgefallen, wie ich im Wartezimmer gesessen habe. Ich erklärte ihr erst einmal, daß ich Chemotherapie bekomme, was sie ganz schön umhaute und wir unterhielten uns eine Weile. Auch die Ärztin war sichtlich betroffen. Ehrlich gesagt irritiert mich das, weil ich lese, daß jeder Dritte in Europa an Krebs erkrankt, aber wenn man in so eine "normale" Praxis kommt, fühlt man sich trotzdem wie ein Exot, obwohl das eigentlich häufiger vorkommen müßte. Vielleicht ist es aber auch nur so, wenn man bereits 15 Jahre irgendwo in Behandlung ist. Der Befund des MRT haute dafür dann mich um - Bandscheibenvorfall. Das ist zwar nichts besonderes, aber wenn man den Bandscheibenvorfall erst nach fast drei Jahren an Arztbesuchen, Röntgen und mehreren MRT feststellt, und mir vorher immer erklärt, das sei Abnutzung, finde ich das schon etwas eigenartig. Ich fragte die Ärztin, wie das sein kann, und sie meinte nur, ich solle mir vielleicht besser einen anderen Orthopäden suchen. Leichter gesagt als getan, denn die sind anscheinend so rar wie eine Nadel im Heuhaufen und ein Völkchen für sich, wenn man andere so von ihren Orthopäden erzählen hört. Und das alles während der Chemo, wo man keine richtige Behandlung anfangen kann. Aber wenn ich drei Jahre lang damit herumgelaufen bin, macht ein dreiviertel Jahr mehr oder weniger den Kohl auch nicht mehr fett. Ich habe irgendwo gelesen, die Heilung von Bandscheibenvorfällen verläuft um so positiver, je eher man eine ausreichende Behandlung bekommt. Der Zug ist ja wohl abgefahren und mein Vertrauen noch ein wenig ramponierter, diesmal in die Ärzte. Eigentlich hätte ich Grund unglaublich wütend zu sein, aber ich kann das gar nicht, ich bin viel zu fertig dazu. Und in meinem Zustand wird man irgendwie bescheiden und ist über jeden Bandscheibenvorfall froh, der keine Knochenmetastase ist. Immerhin ist diese Wahrheit nun auch endlich an das Licht gekommen und ich weiß, daß mich mein Gefühl, es stecke mehr hinter den Beschwerden, nicht getäuscht hat. Nun habe ich schwarz auf weiß, daß es keine "normalen" Rückenschmerzen sind und ich weder Hypochonder, Jammerlappen oder Simulant bin. Das hat mir zwar niemand direkt gesagt, aber ich hatte trotzdem den Eindruck, daß es einige denken, zumal ich doch immer wie das blühende Leben aussehe, Verzeihung, aussah, und wenn ich Schmerzen habe meistens versuche, mir nichts anmerken zu lassen, bzw. wenigstens nur dann beim Händewaschen zu knien, wenn niemand zusieht (Ist das Eitelkeit?). Gibt es späte Gerechtigkeit? Mir geht immer ein Aussage Norman Mailers aus dem Roman "Das Schloß im Wald" durch den Kopf. Darin heißt es, daß Ungerechtigkeiten, die Menschen zugefügt werden, der beste Weg sind, diese zu Mandanten (des Teufels) zu machen. Doch es würde nicht funktionieren, wenn jeder sich bewußt machte, wieviel Unrecht anderen geschieht. Das stimmt. Und ich kann mir nicht einmal sicher sein, ob ich selbst nicht ebenfalls anderen Menschen Unrecht zufüge.

...

Ja, der Chirurg, der hat es fein,
der macht dich auf und schaut hinein.
Er macht dich nachher wieder zu
- auf jeden Fall hast du jetzt Ruh,
wenn mit Erfolg für längere Zeit,
wenn ohne für die Ewigkeit.

(Eugen Roth)

Traumsplitter

Ein hoher, sich nach oben verjüngender Turm, vielleicht auch mehr ein Schornstein mit vier Wänden, denn oben gibt es kein Dach, sondern nur eine Öffnung. Ich befinde mich mit einer Masse anderer Menschen eingeschlossen in diesen Mauern. Von oben fallen Gegenstände in die Öffnung auf uns herab, als würde jemand sie hereinwerfen. Ich greife mir zwei davon, es sind ein Schwert und ein Schild (?), nicht sehr schwer, was gut ist, denn als Erste beginne ich nun beherzt den Aufstieg bis zur Öffnung. Dazu benutze ich ein Seil, nehme aber auch das Schwert und das Schild mit, und glücklicherweise gibt es an der Mauer größere Vorsprünge und sogar ganze Plattformen, die das Klettern erleichtern. Die anderen Menschen am Boden zollen mir für meine Idee und meine mutige Vorhut hörbar Anerkennung und folgen mit einigem Abstand. Nach einer größeren Strecke, die Öffnung aber immer noch weit entfernt, treffe ich auf eine ausgedehntere Plattform und beschließe, hier erst einmal still liegen zu bleiben, da ich nicht schwindelfrei bin, und zu warten, bis die anderen mich eingeholt haben. Doch ich entdecke in der Mauer einen Zugang zu einem Raum mit gemauertem Swimmingpool und etwas versteckt noch einen zweiten identischen Raum mit identischem Swimmingpool. Ich begebe mich in das zweite, etwas versteckte Wasserbecken, weil ich denke, daß dieses nicht so schnell gefunden und überlaufen wird. Hier lasse ich mich nackt im Wasser treiben, außer mir ist nur noch ein seltsames Tier im Wasser, das auf den ersten Blick aussieht wie ein Hund. Jedoch stimmt etwas nicht, das Hundeaussehen ist künstlich und ich bemerke, daß darunter ein ganz anderes Tier steckt. Der Hund ist nur Verkleidung oder Maske und als ich sie wie einen Kaffeewärmer abreiße, kommt ein Murmeltier (oder doch Wasserratte?) zum Vorschein. Es springt auf den steinernen Beckenrand und schaut mir von dort vergnügt zu. Nun strömen einige der Nachzügler in den Raum, auch sie bleiben auf dem Beckenrand stehen und schauen mich an, als wäre ich ihr Held. Doch sie betreten nicht das Wasser, entweder aus Respekt oder um meine Privatsphäre zu wahren. Schließlich bin ich nackt.