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Dienstag, 12. Juli 2011

Zur Zeit

kann ich mich kaum vor Anrufen und Emails retten. Auch die Kollegen wollen schon wieder ein Lebenzeichen, dabei fühle ich mich viel zu fertig, um Lebenszeichen von mir zu geben. Die unbeantworteten Emails stapeln sich und ich stecke den Kopf lieber ins Kopfkissen. Aber so wie ich ihnen entnehmen kann, hat es sich wohl inzwischen bis in die hinterletzte Abteilung herumgesprochen, was mit mir los ist, was ich nicht so toll finde. Spießrutenlaufen zwischen mitleidigen und neugierig abschätzenden Blicken ist nicht so mein Ding. Irgendjemand, ich weiß nicht wer, hat mir dies als Brief in meinem Briefkasten hinterlegt:

Sei-stark-Bonbons

Vielen Dank dafür. Die helfen bestimmt auch bei Erwachsenen.

Im Telefonat mit meiner Schwägerin erzählte mir diese, daß anscheinend in diesem Jahr fast jeder Wespennester auf dem Balkon hat. Jedenfalls hat sie das schon von zich Leuten gehört, hatte selbst auch eines und eine Bekannte hatte sogar zwei. Ich habe jetzt ebenfalls noch ein zweites unter dem Dach entdeckt. So wie das vorletzte ein Grünfinkenjahr und das letzte ein Rattenjahr war, ist dieses wohl ein Wespenjahr. Ich frage mich, was das für die Zeitqualität bedeutet. Zuerst würde ich bei Wespen an Aggressivität denken, aber das kann ich nicht guten Gewissens so stehen lassen, den zumindest "meine" Wespen sind so unglaublich friedlich. Vielleicht liegt das aber auch daran, daß ich zu Hause immer gestreift herumlaufe. Wahrscheinlich denken sie dann, ich bin eine von ihnen, auch wenn das mit der Wespentaille nicht ganz so hinkommt.

Streifenbild

Der abgesägte Balkon

Zufällig bemerke ich, daß die Balkonkästen auf meinem Balkon durch das Fenster nicht mehr zu sehen sind. Es ist, als wäre da Luft. Genauer hinausschauend muß ich feststellen, daß die Kästen alle verteilt vier Stockwerke tiefer auf dem Hof liegen und von einem Balkon nichts mehr zu sehen ist. Erst denke ich, daß der Balkon abgebrochen ist, weil er zu schlecht gewartet wurde. Doch dann erkenne ich, daß die Ränder des Balkons fein säuberlich abgesägt wurden, nicht nur bei meinem Stockwerk, sondern auch bei den unteren. Anscheinend fangen die hier an zu bauen, ohne daß man vorher benachrichtigt wird.
Ich habe einen riesigen Saal voller Plunder und alter Möbel geerbt oder sonstwie übergeben bekommen. Schon voller Pläne, was ich davon noch verwende und was ich entsorge, beginne ich mit dem Entrümpeln und Umstellen der Möbel. Es sind Leute da, die mir eigentlich dabei helfen sollen, aber stattdessen immer neues Zeug anschleppen. So langsam werde ich wütend und explodiere schließlich, indem ich sie anfahre, daß sie nicht dauernd irgendwelches Zeug anbringen oder sammeln sollen, sondern ich das meiste davon eigentlich loswerden will, weil es mir nicht gefällt. Zum Saal gehört auch ein rudimentäres Klo, rudimentär deshalb, weil es mehr einer mittelalterlichen Latrine gleicht, wo die Exkremente irgendwo nach unten fallen. Während ich es betrachte und überlege, ob ich da wirklich draufgehen will, kommt mein Physiotherapeut und bringt eine ganze Schar von Ratten mit, die alle in kleinen blauen wasserdichten Neoprenazügen stecken. Er meint, die Ratten gehören zum Klo, weil es nur so funktioniert. Sie sind es nämlich, die die Exkremente wieder wegfressen. Doch ich lehne kategorisch ab. Mit der Vorstellung, beim Toilettengang ständig von Ratten umwuselt zu werden, kann ich mich nun wirklich nicht anfreunden.