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Montag, 2. März 2015

Agnes Vollei

Es findet wieder Kunsterziehungsunterricht bei meinem Abitur-Lehrer statt, neben mir sitzt meine Schulfreundin aus der POS. Wir sollen heute eine Bleistiftzeichnung vollenden und signieren, bevor diese bewertet wird. Das Zeichnen ist nicht das Problem. Mit einem Blick auf meine Zeichnung stelle ich fest, daß diese im Grunde bereits fertig ist. Vor mir liegt eine ungewöhnliche Berglandschaft. Bei genauerer Betrachtung fällt mir auf, daß ich seltsamerweise die Bergspitzen im Schatten, die Täler jedoch im Licht dargestellt habe. Nun ja, ich werde mir schon etwas dabei gedacht haben.
Was mir Schwierigkeiten bereitet, sind die komischen Signaturen, die jetzt da noch dran sollen: auf einem extra Streifen Papier, mit Klebeband angeheftet und mit Namen von mir, des Lehrers und der Schule. Ich organisiere mir Klebeband, meinen eigenen Namen bekomme ich auch noch zusammen, aber dann? Wie hieß denn das hier nochmal alles? Mein Kopf ist wie leergefegt. Ratlos spicke ich auf den Signaturenstreifen meiner Freundin. Mit Verwunderung stelle ich fest, daß sie mit einem vollständig fremden Namen unterschreibt, nämlich mit 'Agnes Vollei'. Als ich sie darauf anspreche erklärt sie mir, daß sie ihren Namen geändert habe. Natürlich möchte ich wissen, aus welchen Gründen, und geduldig erklärt sie mir, daß sie so viele Schönheits-OPs an ihrem Gesicht hatte, daß sie der Meinung war, einen neuen Namen zu benötigen. Ich bin geschockt. Schönheits-OPs an ihrem Gesicht? Sie hatte immer ein hübsches Gesicht und wirkliche Veränderungen kann ich nicht daran entdecken. Um meinen eigenen Schock zu verbergen, frage ich sie, was denn ihre Eltern dazu gesagt haben. Sie winkt nur ärgerlich ab und meint, mit ihren Eltern habe sie keinen Kontakt mehr. Die hätten sich nie für sie interessiert und immer nur das Dienstmädchen zu ihr geschickt. Hm, ich habe das ganz anders in Erinnerung, und Dienstmädchen? Davon weiß ich nichts.

Nun möchte ich mich jedoch wieder auf meine Aufgabe konzentrieren und stelle erschrocken fest, daß zwar der Signaturenstreifen noch da ist, aber meine Zeichnung verschwunden. Wo ist sie hin? Verzweifelt durchwühle ich sämtliche Papiere auf den Tischen. So ein Mist! Nun ja, die Zensur ist mir ja egal, weil ich in Kunsterziehung sowieso auf dem Zeugnis immer eine Eins habe, aber ich möchte ungern die Erwartungen meines Lehrers enttäuschen. Das wäre mir sehr unangenehm.
So langsam leert sich das Klassenzimmer und ich bin immer noch mit Räumen und Suchen beschäftigt, allerdings mehr als Vorwand, denn ich glaube nicht mehr wirklich, daß ich meine Zeichnung wiederfinde, sondern warte, bis der Letzte den Raum verlassen hat. Dann stoße ich einen theatralischen Seufzer aus und versuche vorsichtig meinen Lehrer darauf vorzubereiten, daß etwas schief gelaufen ist. "Was ist den los?" fragt er vorsichtig und anteilnehmend. Aber bevor ich antworten kann, werden wir erneut gestört und der Traum ist vorbei.