Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

Sonntag, 8. April 2007

Ostersonntag

Zuerst sind wir gesammelt in das Pflegeheim eingefallen, mein Vater schien heute ziemlich gut gelaunt zu sein, er war sogar bereit, seine Amaretto-Ostereier zum Kosten anzubieten, und der Grund entdeckte sich uns später beim Gespräch mit der Schwester. Diese meinte, der Koch hätte sich heute selbst übertroffen und mein Vater gegessen wie eine siebenköpfige Raupe. Zuerst das Mittagessen, und als dann noch ein Stück Torte kam, hätte er schon die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, doch wenig später war auch das verschwunden. Und als wir kamen, war er schon wieder sehr interessiert an den Ostereiern, die wir mitgebracht hatten. Außerdem entschuldigte sie sich schnell, ehe es uns unser Vater erzählen würde, dass sie das Glas Wein für ihn vergessen habe. Wir hatten nämlich am Aushang gelesen, dass es heute für jeden ein Glas Wein gab und das hatte sie gesehen, aber sie schwor hoch und heilig, dass er das Glas Wein noch bekommt. Als er mich sah, fragte er gleich, ob ich gestern bei irgendeinem Tierfest gewesen sei. Er hätte mich im Fernsehen gesehen. Als ich verneinte, meinte er, diejenige sah genauso aus wie ich. Aber seine Schwester a la Angela Merkel sieht er ja auch ständig im Fernsehen. *gg*

Ich finde es ein bißchen schade, dass man da nicht wirklich lange bleiben kann. Nicht dass ich es im Heim so schön finde, aber ich habe auch schon zu Weihnachten gemerkt, dass es ihm gefallen würde, wenn wir uns alle dort in das Zimmer setzen und Kaffeetrinken oder erzählen würden, selbst wenn er überhaupt nichts davon mitbekommt, da er nichts hört und wir uns nicht weiter um ihn kümmern würden. Es ist wahrscheinlich einfach das Gefühl von vertrauter Gesellschaft und halt nicht ganz ausgeschlossen zu sein. Er sagt dann auch immer zu meiner Mutter, sie soll doch Sitzgelegenheiten holen und ob wir nicht noch bleiben usw., bloß leider ist dieses Zimmer so klein, dass man sich schon zu dritt auf die Füße tritt, ich selbst bin froh, wenn ich wieder draußen bin, weil es so beengt ist, und gar kein Platz zum Sitzen ist. Der Raum ist zwar an sich schön, mit einem großen Panoramafenster mit Blick auf den Park, aus welchem er auch die "Bären", die Leute gegenüber beobachtet, und so für den alltäglichen Gebrauch für einen bettlägerigen Menschen ausreichend, aber eben wirklich nur das mindeste. Wenn man dann nicht mehr so mobil ist, um in den Gemeinschaftsraum zu kommen, kann man auch nicht mehr viel Besuch empfangen. Und wahrscheinlich fänden die Schwestern es auch etwas seltsam, wenn wir dort unsere Familienfeiern abhalten, aber ich kann mir nicht helfen, ich finde es einfach schade.
Da wird mit dem Platz gegeizt, um so viele Leute wie möglich aufnehmen zu können, und aus Blick des Heimes ist das auch finanztechnisch verständlich, aber eine Kaninchenbuchte muss dann halt ausreichen. Ansonsten kann man aber über das Heim nichts Negatives sagen, es ist wohnlich, sauber, gemütlich und die Schwestern kümmern sich wirklich sehr gut. Mein Bruder hat schon geäußert, er wolle dort auch hin und an den Betreuungsangeboten, wie Bastelnachmittage usw. teilnehmen. Na ja, aber mit seinen 50 Jahren ist es hoffentlich noch eine Weile hin, bis er sich auf das Altenteil setzt.

Nach dem Besuch sind wir auf einen kleinen Osterspaziergang durch den Park und mussten feststellen, dass es dort anscheinend einen Brand gegeben hat. Einer der Pavillions ist völlig ausgebrannt und es sieht stark nach Brandstiftung aus.

Danach haben wir gemütlich in einem kleinen Restaurant gegessen und wurden zu Hause bei meiner Mutter noch ca. vier Stunden mit "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" gequält. Meine Schwägerin hat nämlich dieses Spiel gekauft, dass es inzwischen davon gibt, mit ca. 200 Karten bzw. Fragen. Das war ist ja immer wieder recht interessant, doch merken tue ich mir das trotzdem nie. Jetzt weiß ich außerdem, dass meine Sprache veraltet ist, da es für mich noch immer heißt: "Wenn ich ein Fischlein wär, schwämme ich zu dir.", aber es heute angeblich richtig ist zu sagen "Wenn ich ein Fischlein wär, schwömme ich zu dir.". Na ja, egal, dann bin ich eben antiquiert, ich bleibe bei "schwämme".

Zu Ostern

noch ein Sprüchlein aus "Die Stimme der Stille":

Möge deine Seele jeden Schmerzensschrei hören gleich dem Lotus, der sein Herz öffnet, um die Morgensonne zu trinken.
Lass die feurige Sonne nicht eine Schmerzensträne trocknen, bevor du selbst sie von des Leidenden Auge genommen hast.

Ein schönes Osterfest an alle!

...

Wir nähern uns dabei der Erfahrung, dass Wachsein sich wohl aus den Träumen entwickelt hat. So wie die Kinder noch heute das Erwachen lernen und dabei erwachsen werden, so haben Menschen im Laufe vieler Generationen ihr Bewusstsein zur Wachheit erzogen. Heute ist es eine Hyperwachheit. Aber vielleicht braucht ein Homo sapiens für seine nächste Bewusstseinsmutation ein hochfrequent pulsierendes Bewusstsein.
(aus "Der schamanische Weg des Träumens" von Carlo Zumstein)

Oder anders gesagt, wir kommen aus den Träumen und kehren wieder dorthin zurück.