Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

Montag, 30. April 2007

Besonders prickelnd

finde ich es, wenn ich endlich mal ein paar Nächte ausschlafen kann und dann am frühen Morgen, noch ehe es richtig hell geworden ist, ein Vogel dauernd meint, so laut vor meinem Fenster trillern zu müssen, dass ich es sogar durch die fast geschlossenen Fenster höre und davon direkt im Bett zu stehen komme. Wenn er denn regelmäßig zur gleichen Zeit Lärm machen würde, könnte man ihn wenigstens als Wecker gebrauchen, aber darauf möchte ich mich nicht verlassen. (Wobei ich ja nun weiß, dass die Vögel deshalb immer lauter werden, weil sie den zunehmenden Straßenlärm übertönen müssen - wenn dieser wegfällt, kann man sich über die Stimmgewalt nur noch wundern.)

Ich suche gerne -

deshalb bringe ich mich immer wieder gerne in entsprechende Situationen. Gestern verzog ich mich mit meinem neuen Smartphone auf den Balkon, um einen Text zu tippen, wofür ich dieses aus seiner Hülle nahm und diese achtlos beiseite legte. Dann machte ich es mir halb liegend auf der Bank bequem und ging irgendwann, als es mir zu kühl wurde, wieder hinein. Erst abends begann ich halbherzig die Hülle zu suchen, fand aber keine. Heute suchte ich nun systematisch meine gesamte Wohnung inklusive Balkon ab und fand immer noch keine. Ich rekapitulierte, dass es auf dem Balkon gewesen ist, wo ich die Hülle zuletzt gesehen habe, aber so viel ich auch suchte, unter Kissen, auf dem Boden, hinter der Bank, ich fand nichts und argwöhnte, ich hätte die Hülle mit einem kühnen Schwung meines Fußes irgendwie über die Balkonbrüstung katapultiert. Ich machte einen letzten Suchvorstoß und fand die Hülle schließlich in einem leeren Blumentopf. Keine Ahnung, wie die dorthin gekommen ist, aber heute habe ich vom Suchen genug.

Was mich am jetzigen Ereignishorizont

wirklich am allermeisten nervt und regelrecht ankotzt, ist die Tatsache, dass ich nun kaum noch Muße zum Schreiben habe, damit meine ich weniger die Zeit an sich (wobei die bei Vollzeitarbeit auch knapp gesät ist und ich früher wenigstens in der Mittagspause ein bißchen schreiben konnte - heute darf ich zwar 5 Stunden am Stück quasseln, aber wenn ich mich in der Zeit hinsetzen würde um zu schreiben, was wegen der Geräuschkulisse eh nicht geht, hätte ich in nullkommanix eine Abmahnung am Hals, weil ich während meiner Arbeitszeit was anderes mache; nun ist zwar Quasseln normalerweise auch was anderes, aber das wird überall als notwendig anerkannt, während Schreiben gesellschaftlich außerhalb der Norm steht, selbst wenn man zu den Menschen gehört, die sich viel lieber schriftlch mitteilen), als viel mehr die gedankliche Freiheit oder anders gesagt, den freien Kopf. Auf einmal heißt es ständig wach zu sein, aufzupassen und zu lernen, ohne Möglichkeit zu träumen, was bei mir der grundnotwendigste Zustand zum Schreiben ist. Genaugenommen ist Schreiben nichts anderes als Träumen, zumindest wenn es darum geht, sich Geschichten zu erdenken oder eben zu erträumen. Und ausgerechnet jetzt spukt mir so eine neue Idee für eine absolut skurrile und abartige Geschichte im Kopf herum, noch skurriler und abartiger als die Luchterhandsche, wobei ich letztere vorher noch unbedingt beenden wollte, was aber mindestens nochmals 100 Seiten bedeutet. Es fühlt sich ein bißchen so an, als sei ich schwanger, nur leider sehe ich nicht viel Überlebenschancen für das Kind. Schade, dass man für solche Art Schwangerschaften keinen Schwangerschaftsurlaub beantragen kann, dabei hab ich sowas noch nicht mal für ein leibliches Kind in Anspruch genommen. Irgendwie ist das alles ziemlich ungerecht. Mich nervt das so, dass ich jetzt schon dabei bin, sämtliche Optionen und Konstellationen für eine Arbeitszeitverkürzung durchzurechnen, nur leider ist die leidige Frage des Geldes damit nicht wirklich geklärt.
Spiele ich sämtliche Möglichkeiten, wie zum Beispiel den bisher unbekannten reichen Großonkel in Amerika durch, der mir eine monatliche Leibrente von 500 Euro vermacht, oder auch die Möglichkeit des Lottogewinns, muss ich zugeben, dass das eine wie das andere ähnlich unwahrscheinlich ist. Dann gäbe es da noch das Fotografieren. Meine Schwägerin hat mich schon einige Male gefragt, ob ich nicht damit mein Geld verdienen möchte. Allerdings hat sie keine Ahnung davon, denn sonst könnte sie meine Fotos von professionellen unterscheiden und um professionell zu werden, müßte ich das absolut ernsthaft und nicht nur expermentell betreiben und sehr viel dazuzulernen. Das wiederum würde bedeuten, das ich genauso wenig Zeit zum Schreiben hätte. Die letzte aller Möglichkeiten wäre die, mir wie Kafka oder Mörike eine schöne Krankheit zu beschaffen, die mich in ein Sanatorium oder in die Verberentung zwingt. Dies ist aber nicht wirklich eine Möglichkeit, die ich in Betracht ziehe, denn ich hasse es, krank zu sein.
Nun ja, das Leben ist halt nicht dazu da, um beim Schreiben Spaß zu haben, sondern um mit Arbeit zu überleben, und ein Weiser würde sagen, man muß mit dem Fluß des Lebens schwimmen und nicht gegen ihn. Mein Pech, dass ich anscheinend immer gerade etwas anderes möchte als das Leben mit mir vorhat, und in eine andere Richtung paddeln will als die Strömung verläuft. Jedenfalls werde ich trotzdem am 12. Mai nicht nur viele Fotos machen, sondern mir auch diverse Örtlichkeiten gut einprägen. Vielleicht bekomme ich ja doch noch mal ein großzügiges Zeitgeschenk solange ich motiviert bin.

...

Was immer wieder am meisten erstaunt, ist das Erleben von Harmonie und Aufgehobensein jenseits von Gefühlen. Diese Gefühllosigkeit, die kein Verlust ist, sondern ein Sein jenseits von Gefühlsgebundenheit, ein Sein in Gefühlsfreiheit, ein reines Kraft-Sein.
(aus "Der schamanische Weg des Träumens" von Carlo Zumstein)

Und hier noch einige Ratschläge zum Umgang mit anorganischen Wesen, wie Castaneda sie nennt, bzw. Traemos (Transemotionale) nach Zumstein, die sich von den Emotionen des Träumers nähren:

- Freundlich begegnen, keine Geschenke, kein Essen, keine Liebschaft annehmen.
- Keine Versprechen abgeben.
- Mit Absicht immer weiterstreben, nie verweilen.