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Donnerstag, 3. Mai 2007

Die Sache mit dem Schlüssel

Wie ich letztens schon schrieb hatte ich ja bisher keinen Schlüssel zu meinem Zimmer, da der letzten Azubi diesen verschlampt hat. Die Gruppenleiterin war deshalb ganz aufgeregt, redete von Stellungnahmen und ähnlichem Zeug und wollte, dass das noch nicht gleich publik gemacht wird, versprach aber, sich um den Schlüssel zu kümmern. Nachdem es heute noch immer nicht so aussah, als ob irgendetwas wegen des Schlüssels passiert ist, rief ich kurzerhand selbst beim Hausmeister an und fragte nach dem Schlüssel für das Nebenzimmer, das mit unserem Zimmer verbunden ist. Der Hausmeister kam auch sehr schnell, fragte mich aber dann natürlich, warum ich den Schlüssel für das Nebenzimmer will, wenn ich im anderen Zimmer sitze. Ich kam schließlich nicht umhin, ihm zu verklickern, dass ein Schlüssel verlorengegangen ist, womit ich aber nichts zu tun habe, und dass ich auch einen Schlüssel für mein Zimmer nehme, wenn noch einer da ist. Und - siehe da, er hatte tatsächlich noch einen, den er mir überließ. Als er das Zimmer betrat, hatte er irgendwas von Azubi gemurmelt und ich hab das auf mich bezogen, weshalb ich deutlich klarstellte, dass ich kein Azubi bin, obwohl ich damit gar nicht gemeint war. Er hatte einfach nach dem letzten Azubi in dem Zimmer fragen wollen, aber da ich ständig selbst mit 36 noch für einen Azubi gehalten werde, bin ich darauf gleich angesprungen. Eigentlich hatte ich nicht den Eindruck, besonders heftig oder verärgert reagiert zu haben, aber der Hausmeister entschuldigte sich noch einmal extra und erklärte, dass er mich nicht Azubi nennen wollte. Sollte ich vielleicht doch überreagiert haben?
Ich bin ganz froh, gleich am Anfang gesagt zu haben, dass ich mich selbst um den Computer kümmere, obwohl das eigentlich ebenfalls die Gruppenleiterin machen wollte. Aber ich glaube, dann hätte ich bis heute noch keinen eingerichteten Computer. Irgendwie sind die dort alle etwas umständlich und normalerweise müßte ich gut da rein passen, da ich ja auch immer etwas umständlich bin, aber bei diesen Umständlichkeiten werde sogar ich ungeduldig. Da der Hausmeister schon mal anwesend war, zeigte ich ihm gleich das kleine Schränkchen, das schon leer seit Ewigkeiten in dem Zimmer steht, das aber keiner aufbekommt, weil es keinen passenden Schlüssel dafür gibt. Er telefonierte mit dem Schlosser und ich hoffe, dieser kommt morgen vorbei und macht den Schrank zugänglich, damit ich endlich meine Sachen irgendwo unterbringen kann.

Apropos

Eselsbrücken .... heute hat mir mein Einarbeiter erklärt, wie er die Schlüsselung für vollstationäre Einrichtungen und Tageseinrichtungen unterscheidet: Das X hat noch zwei Beine, geht also in die Tageseinrichtung und das Y hat nur noch ein Bein, weshalb es vollstationär untergebracht ist.

Sprüche meines Lebens

Durch Xchens Eintrag dazu angestiftet, suchte ich, neugierig geworden, meinen Tauf- und Konfirmationsspruch heraus. Ein Poesiealbum habe ich nie besessen, da ich es nicht besonders erstrebenswert fand, mir von anderen immer dieselben Sprüche irgendwo reinschreiben zu lassen und die meisten Einträge hätte ich sowieso nie ersammelt. Ich fand es auch stets ätzend, in die Poesiealben von anderen Kindern etwas schreiben zu müssen. Also gibt es in meinem Leben nur zwei Sprüche.
Der Taufspruch lautet:

Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist. Römer 5,5b

Diesen Spruch finde ich sehr schön, schade nur, dass er mir nicht eingefallen ist, als so ein Seelenfängerretter mir erzählen wollte, dass der heilige Geist ausschließlich auserwählte, bibelgläubige Personen "bewohnt". Dass der Spruch in der Bibel steht, hat zwar nicht unbedingt etwas zu bedeuten, aber wenn mit Bibelsprüchen geschossen wird, sollte man scharf mit Bibelsprüchen zurückschießen, die Welt ist eben ein großer Kindergarten und manche verstehen es nicht anders.

Mein Konfirmationsspruch lautet:

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Micha 6,8

Dieser Spruch gefällt mir sehr viel weniger, was zum einen daran liegt, dass es mir relativ egal ist, was irgendjemand von mir fordert, zum zweiten frage ich mich, warum uns gesagt werden muss, was gut ist, wenn wir doch gerade deshalb, WEIL wir eben vom Baum der Erkenntnis gegessen haben und so selbst gut von böse unterscheiden konnten, aus dem Paradies gejagt wurden, und zum dritten ahne ich sehr genau, warum mein Vater gerade diesen Spruch ausgesucht hat, denn ich war immer sehr aufmüpfig ihm und seinen totalitären Herrschaftsansprüchen gegenüber, nur blöd, dass er dabei übersehen hat, dass er als Verkünder Gottes nicht Gott selbst ist.

Bei dieser Gelegenheit ist mir ebenfalls wieder der dicke Stapel von Glückwunschkarten zu meiner Geburt in die Hände gefallen, welche mir meine Eltern irgendwann überreicht haben und die ich seitdem aufhebe. Allerdings ist es ein eher unangenehmes Gefühl, das mich beschleicht, wenn ich diese vielen Karten und Briefe anschaue. Zum einen kenne ich die meisten Schreiber gar nicht und zum anderen macht es mich nachdenklich, dass sie alle so freudig und hoffnungsvoll klingen. Ich frage mich, ob ich nicht viele der glücklichen Erwartungen, die mit meiner Geburt verknüpft waren, enttäuscht habe - die Erwartung meiner Großeltern an ein herziges Enkelkind, die Erwartungen diverser entfernter Onkel, Tanten und sonstiger Verwandten, an ein beliebtes und kommunikatives Familienmitglied, die Erwartungen der Gemeinde an ein sittsames und gewinnendes Pfarrertöchterchen und so fort. Ich war schon als Kind schwer zu lieben, weder herzig noch anschmiegsam, sondern scheu, teilweise auch wild und naseweis, und die meisten Erwachsenen auf Distanz haltend. Ich kann nichts dafür, dass ich so geboren bin und ich kann auch nichts für die Erwartungen anderer, aber wenn man sich überlegt, was für eine Last von Erwartungen, Wünschen und Vorstellungen auf einem neugeborenem Leben liegt, ist es fast erstaunlich, dass man dabei noch groß werden kann.