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Samstag, 5. April 2008

Über die subtile Diskriminierung von Lang- und Vielschläfern

Jeder Frühaufsteher und Kurzschläfer würde eine solche Diskriminierung wahrscheinlich sofort verneinen, denn man muß sie selbst erleben, um sie zu erkennen. Sie ist viel zu eingeschliffen, ein allgemeingültiges gesellschaftliches Verhaltensmuster, und selbst ein damit drangsalierter Langschläfer braucht wohl eine Weile, wenn nicht sogar sein ganzes Leben, um herauszufinden, daß das schlechte Gewissen, welches ihm mit Blicken, Taten und Worten täglich eingeimpft wird, je nach Persönlichkeitsstruktur mehr oder weniger erfolgreich, im Grunde nicht sein eigenes Problem ist, sondern das der anderen.

Frühaufstehern haftet, ohne daß man sich davon bereits überzeugt hat, gerne ein Image des Fleißes und der Zuverlässigkeit an, während man Langschläfer im Gegenzug dazu mit Faulheit und Unzuverlässigkeit in Verbindung bringt. Aus meinen persönlichen Beobachtungen im Kollegenkreis hat sich aber dieses Vorurteil überhaupt nicht bestätigt. Manchmal möchte man fast vom Gegenteil ausgehen, denn wenn man zwar früh um 7 Uhr auf Arbeit ist, aber erst einmal zwei Stunden Kaffee kocht und den neuesten Büroklatsch nach der langen nächtlichen Trennungszeit austauscht, dann ist man zwar geschäftig, aber noch lange nicht produktiv. Und dies ist etwas, was ich bei den wenigen Malen, da ich bereits um 7 Uhr oder noch früher im Büro war, immer wieder beobachtet habe: in den zwei Stunden zwischen 7 und 9 Uhr wird von den wenigsten Kollegen tatsächlich etwas geleistet. Die meisten bereiten sich nur sehr geschäftig und ausgiebig auf die Arbeit vor, während die Leute, die erst um 9 Uhr kommen, sich in der Regel sofort auf ihre Akten stürzen. Dies läßt mich die Vermutung hegen, daß das oben erwähnte Vorurteil nur eine verbreitete Fehlinterpretation von Leuten ist, die den Unterschied zwischen Geschäftigkeit und Produktivität nicht erkennen können. Desweiteren läßt mich dies vermuten, daß Frühaufsteher gerne dazu neigen, ihre Energien sowohl am Tag als auch in der Nacht sinnlos zu verpulvern, während Langschläfer gelernt haben, ihre Energien zu konzentrieren, und zwar gleichermaßen bei der Arbeit als auch bei der Erholung. Mir ist klar, daß dies eine gewagte Theorie ist, zumal auf den ersten Blick immer die Frühaufsteher die Organisierteren zu sein scheinen, aber man macht sich halt so seine Gedanken.

Als Langschläfer läßt man die Frühaufsteher in der Regel Frühaufsteher sein, da man als Langschläfer, so glaube ich, intensiver der Lebensmaxime vom leben und leben lassen nachgeht, muß jedoch häufig bemerken, daß dies umgekehrt keineswegs der Fall ist. Dies beginnt schon mit dem herablassenden und nachsichtigen Lächeln, welches einem gewährt wird, wenn man es wagt, sein Bedürfnis nach spätem Aufstehen zu artikulieren. Ich kann mich nicht erinnern, jemals bei einem Frühaufsteher, der mir von seinen Schlafgewohnheiten erzählte, meinen Mund ironisch verzogen oder verzeihend gelächelt zu haben, so nach dem Motto, sowas könne ja vorkommen, kein Problem - es gibt schließlich immer Leute, die anfälliger sind für den Schlafvirus.
Weiter geht es dann mit spitzzüngigen Bemerkungen, die man sich ab jetzt bei jeder passenden Gelegenheit anhören darf. Hat man zum Beispiel aus dringenden Gründen einen Termin sehr früh am Tag, wird man mindestens einmal unterschwellig ironisch gefragt, ob man das schaffe. Hallo? Nur weil ich sehr ungern früh aufstehe, heißt das noch lange nicht, daß ich nicht in der Lage dazu wäre. Andere Bemerkungen sind solche wie: "Tja, jetzt ist nichts mehr mit lange schlafen.", "Jetzt mußt du auch mal früh aufstehen." und viele weitere. Täusche ich mich, oder höre ich da eine Mischung aus Schadenfreude und Neid heraus? Mir als Langschläfer käme es natürlich nie in den Sinn, wegen eines Frühaufstehers, der gezwungen wird lange zu schlafen, schadensfroh oder neidisch zu sein. Wenn man Pech hat, kann man sogar an Zeitgenossen geraten, die meinen, es wäre doch lustig, einem an frühen Morgenstunden mit gezielten Telefonanrufen und unter fadenscheinigen Vorwänden den Schlaf zu vergällen.

Desweiteren ist es diese Art wie mit anderen über die eigene Person geredet wird, wobei es anscheinend unerläßlich ist, hinzuzusetzen "Die kommt immer erst um 9 Uhr." Ok, die Aussage ist zwar grob gesehen und mit beiden Augen zugedrückt richtig, denn in der Regel bin ich 10 vor 9 und manchmal auch 20 vor 9 auf Arbeit, aber allein der Tonfall, mit dem solche Informationen weitergegeben werden, läßt an ein unauslöschliches Stigma denken, welches man auch dann nicht mehr los wird, wenn man ab sofort täglich um 6 Uhr im Büro erscheinen würde. Frühaufsteher dagegen, insbesondere hartgesottene Kurzschläfer, werden wie die Helden gefeiert - je kürzer der benötigte Schlaf, um so taffer und unbesiegbarer. Schließlich hat auch Napoleon nur vier Stunden in der Nacht geschlafen. Acht Stunden sind da schon hart an der Grenze, besser sollte man bis unter sechs Stunden kommen. Das nötigt jedem Respekt ab, sogar den Vielschläfern, die sich sogleich recht erbärmlich fühlen. Die meisten kommen deshalb irgendwann an den Punkt, an dem sie es den anderen zeigen wollen - niemand möchte gerne ein belächelter Schwächling sein - und so reduzieren sie ihren Schlaf dementsprechend. Dies macht aber alles nur noch schlimmer, denn nur weil man nach fünf Stunden mit zusammengebissenen Zähnen und Mordgelüsten aus dem Bett wankt, heißt das noch lange nicht, daß sich der Schlaf so leicht abschütteln ließe. In solchen Fällen überrascht er einen gerne mitten am Tag, was zu unerfreulichen Personalgesprächen führt. Wurde man vorher als potentieller Faulenzer mißtrauisch beäugt, ist man jetzt untragbar und dabei wollte man doch nur ebenso anerkannt wie ein Frühaufsteher und Kurzschläfer sein und sich disziplinieren.

Letztendlich wird man als Viel- und Langschläfer sein Leben lang sogar doppelt benachteiligt sein, nicht nur wegen der schleichenden Diskriminierung, sondern auch durch die Tatsache, daß man an einem Tag stets weniger Stunden zur Verfügung hat, um seinen Verpflichtungen, aber auch seinen Freizeitfreuden nachzugehen, als ein Kurzschläfer. An sich ist das schon Strafe genug, finde ich, und deshalb habe ich diese Art, wie mit Lang- und Vielschläfern umgegangen wird, langsam satt. Ich finde sogar, es wäre an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Wenn künftig von emsigen Kollegen berichtet wird, die immer schon um 7 oder früher auf Arbeit sind, werde ich ab jetzt ebenfalls ironisch und nachsichtig den Mund verziehen, ihnen einen Blick zuwerfen nach dem Motto "immer diese spießigen und hektischen Frühaufsteher" und sagen: "Na ja, ist ja nicht so schlimm." Ich fordere alle Lang- und Vielschläfer dazu auf, mitzumachen, bis dieses kranke Muster durchbrochen ist!

Pax, Mars und Victoria

nenne ich seit gestern mein eigen, und zwar in Form von angeblichen Original-Münzen aus dem römischen Kaiserreich des 3.Jh. nach Christus. Das liegt daran, daß meine Mutter zur Zeit versucht, die riesigen Münzberge meines Vaters zu sondieren, zu sortieren und teil auch zu verkaufen. Dazu griff sie sich einen ganzen Beutel voll, derer sie mehrere hat, und schleppte den schweren Geldsack zu einem Münzhändler. Dieser bot ihr dafür 1 Euro. Also schleppte sie das Teil wieder nach Hause und jetzt wird wohl auf dem nächsten Flohmarkt eine neue Münzabteilung eröffnet. Ich selbst habe von Münzen gar keine Ahnung und weiß auch nicht, ob sowas bei Liebhabern und Sammlern "geht". Wenn man aber sieht, wieviel Geld mein Vater für das Zeug herausgeschmissen hat, das man jetzt gerade noch als Altmetall handeln kann, könnte man fast heulen. Natürlich gibt es aber auch einiges an wertvolleren Münzen, denn echtes Gold oder Silber behält ja immer einen gewissen Wert, egal in welcher Form. Diese Münzen will meine Mutter auch aufheben, gab mir aber gestern diese drei römischen Münzen in einem Etui, für die mein Vater einstmals 350,00 Euro bezahlt hat. Bei diesem Preis ist davon auszugehen, daß es sich wohl tatsächlich um echtes Silber handelt, wie in dem Angebot angegeben, obwohl ich trotzdem ein wenig skeptisch bin. Die Münzen ähneln diesen hier, nur daß halt andere Götter dargestellt sind, und wurden auch beim gleichen Anbieter gekauft. Eigentlich klingt das auf der Seite alles ziemlich vertrauenswürdig, vielleicht sind es ja wirklich original römische Silbermünzen. Trotzdem kommt es mir komisch vor, daß die seit 2006 so überhaupt nicht angelaufen sind. Nun ja, einen Safe werde ich wohl dafür nicht brauchen.

Das Puppenhaus

In meiner Kindheit spielte ich bei ausreichendem Wetter am liebsten draußen oder in den Hausfluren, wozu ich nicht viel Spielsachen brauchte, doch an langen grauen Winternachmittagen gab es da etwas anderes, worauf ich mächtig stolz war - eine gigantische Puppenstube. Obwohl ich eigentlich wenig mit Puppen spielte, war die Puppenstube etwas, an dem ich sehr hing, im Gegensatz zu der Sammlung von geschenkten Puppen, die ich besaß. Seltsamerweise kann ich mich nicht mehr an den Moment erinnern, als ich sie, es muß wohl zu Weihnachten gewesen sein, geschenkt bekam. Sie war für meine Begriffe riesig groß, hatte vier Zimmer und auf der anderen Seite eine echte Hausfassade mit geklinkerten Säulen, kleinem Vorgarten mit grünem Rasen, auf welchem man auch ein Spielzeugauto abstellen konnte. An der zweiten Etage verlief ein langer Balkon über zwei Seiten des Hauses. Praktischerweise besaß sie ein Flachdach, praktisch deshalb, weil man sie so ohne Probleme erweitern konnte. Dies tat ich mit zwei einzelnen Puppenzimmern, einem Puppenbad, welches man - Schande über den Architekten - im Haus vergessen hatte, sowie einem alten Schulzimmer inklusive Schulbank, Tafel mit Kreide und Lehrerpult. Selbstverständlich erhielten die Kinder des vornehmen Hauses ausschließlich Privatunterricht. Zur Freude aller Kinder, die an dem Puppenhaus mitspielen durften, besaß das Bad an der Außenwand zwei große Wassertanks. Diese konnte man mit Leitungswasser füllen und dann die kleine Wasserhähne über Wanne und Waschbecken aufdrehen, aus denen jetzt das Wasser wieder herauslief. Außerdem gab es ein echtes kleines Klo, bei dem man den Deckel hochklappen und an der Spülung ziehen konnte. Auch wenn ich alleine wenig mit den Puppen spielte, beschäftigte ich mich doch Stunden damit, das Haus umzuräumen, zu dekorieren und mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten auszustatten. Ich fertigte aus alten Fellen Teppiche, aus Stoffen Gardinen und Vorhänge für die Rundbogentüren an der Balkonseite, malte Bilder zum Aufhängen und bastelte kleine Faltbücher für die Puppenbildung. Mein Cousin bastelte ein Batteriereservoir für verschiedene Lampen mit echten kleinen Glühbirnen, die man an und wieder ausschalten konnte. Das Wohnzimmer in der zweiten Etage, mit einer riesigen Fensterwand und einer davor befindlichen Blumenbank ausgestattet, aus der bunte Plastikblumen sprossen, besaß sogar einen Fernseher, und zwar einen, in dem man tatsächlich etwas sehen konnte, allerdings nur, wenn man ihn an das Auge hielt. Es war nämlich ein Touristenmitbringsel, das mir einmal geschenkt wurde, mit einem kleinen Guckloch. Wenn man auf einen kleinen Knopf an der Unterseite drückte, konnte man im Fernseher selbst diverse Bilder von feschen Schwarzwaldmädels sehen. Ok, vielleicht war das Fernsehprogramm etwas einseitig, aber doch weit fortschrittlicher als in manch anderer Puppenstube. Unter dem Wohnzimmer lag das Schlafzimmer, in ihm befand sich auch die Eingangstür des Hauses. Es ist zwar sicher etwas ungewöhnlich, sich nach dem Eintritt sofort im Schlafzimmer zu befinden, aber die breiten Puppenbetten brauchten einfach viel Platz und es schien auch keinen der Bewohner wirklich zu stören. Über das gesamte Haus verteilt waren witzige kleine Dinge, wie winzige Haarbürsten, bunte Schalen, klitzekleine Weinflaschen, Wanduhren, in der Küche waren die Schränke voll mit winzigen Tellern, Tassen und Kännchen, sogar Eßbares gab es, wie kleinste Käseecken und Brote. Dies alles wurde von einem Porzellan-Bernhardiner beschützt, dem Hund des Hauses, der einstmals aus einer Glasvitrine dorthin umgezogen war und schon leicht angeschlagene Pfoten hatte. Und auch ein Eichhörnchen durfte nicht fehlen. Das Plastiktierchen fand seinen Platz auf dem Balkon. Dies war das erste eigene Haus in meinem Leben und wird wohl das einzige bleiben.