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Samstag, 21. November 2009

Durst

Es war ein glühendheißer Tag und brachte einen hartnäckigen, quälenden Durst mit sich. Welch ein unbeschreiblicher Genuß war es, diesen Durst mit dem reinen und klaren Eiswasser des Gletschers zu stillen! An den Flanken jeder großen Eiswoge flossen klare Bächlein in Rinnen hinab, die sie sich selbst genagt hatten; und noch besser, überall wo ein Stein gelegen hatte, war jetzt ein schüsselförmiges Loch mit glatten weißen Wänden und einem Boden aus Eis, und diese Schüssel war randvoll mit so absolut klarem Wasser, daß der flüchtige Beobachter es überhaupt nicht sah, sondern dachte, die Schüssel wäre leer. Diese Brunnen sahen so verführerisch aus, daß ich mich oft ausstreckte, wenn ich gar keinen Durst hatte, und das Gesicht eintauchte und trank, bis mir die Zähne schmerzten. Überall in den schweizerischen Bergen hatten wir den Segen in Reichweite - in Europa nur im Gebirge zu finden - nämlich Wasser, das imstande war, den Durst zu löschen.
(aus "Bummel durch Europa" von und mit Mark Twain)

Erfolgreiche Druckerreparatur

In Technologiezeitaltern bemessen stammt mein Drucker irgendwann aus der frühen Steinzeit. Deshalb dachte ich auch, er hätte jetzt seinen Geist aufgegeben, als er seit dem Sommer partout kein Papier mehr einziehen wollte. Bisher fehlte mir die Zeit, mich ausführlich darum zu kümmern und zum Glück brauche ich ihn nicht sehr oft. Ich stellte nur nach einigen halbherzigen Versuchen fest, daß sich die Papierwalze nicht mehr dreht, weshalb ich einen mechanischen Defekt befürchtete. Doch heute nahm ich mir vor, ihn noch einmal auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor ich ihn abschreibe. Zuerst guckte ich etwas planlos da und dort, dann reinigte ich wie im Userguide angegeben die Papierwalze mit Wattestäbchen und Spiritus in drei Durchgängen. Nach dem dritten Durchgang sollte dreimal ein Papier eingelegt und durchgezogen werden. Schon beim ersten Mal kam außer dem Papier eine plattgedrückte und getrocknete Blüte am anderen Ende heraus. Die muß im Sommer durch das Fenster vom Balkonkasten hereingeweht und im Drucker gelandet sein. Und siehe da - mein Steinzeitdrucker funktioniert wieder. Das freut mich, zumal ich ihm gerade erst einen neuen Druckkopf und neue Tintenpatronen spendiert hatte. Wäre ärgerlich gewesen, wenn er ausgerechnet jetzt nicht mehr gesundzupflegen ist.

Löwin und Tempel

Eine Löwin belauert mich. Die Raubtieraugen starr auf mich gerichtet, geduckt, die Ohren angelegt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie in ein paar Sätzen auf mich zuspringt und nach mir schnappt. Warum gerade mich? Ich befinde mich auf einem Hof in einer Art Gatter und um mich herum überall Tiere. Warum sucht sie sich nicht eine andere Beute aus? Ich starre zurück - bloß nicht den Rücken zukehren - und überlege, was zu tun ist. Das Gatter könnte einen Schutz bieten, wenn sie es nicht überwinden kann. Ich befürchte jedoch, daß sie es schafft. Dann ist das Gatter wie eine Falle, aus der ich nicht mehr entkommen kann. Mir ist bewußt, daß ich mich mitten in einem Traum befinde. Trotzdem möchte ich mich nicht darauf verlassen, daß ich in einem Traum nicht wirklich gefressen werden kann. Ich möchte nicht einmal träumen, daß ich gefressen werde. Und vielleicht irre ich mich ja auch und es ist doch kein Traum. Also sollte ich mit der Lösungssuche nicht nachlassen, auch wenn ich kurzzeitig den Impuls verspüre, die Dinge einfach laufen zu lassen, denn Vorsorge ist besser als Nachsorge. Dann eine Idee. Ich greife einen langen, spitzen Pfahl und halte ihn der Spitze nach außen als Abwehr vor mich hin. Wenn sie mich anspringt, muß sie erst einmal durch diesen Speer.

Meine Gruppenleiterin erteilt mir eine streng geheime Aufgabe. Niemand darf davon erfahren. Dazu überreicht sie mir einen Kettenanhänger aus hellgrauem Stein. Er fühlt sich kühl und glatt in meiner Hand an. Diesen Anhänger soll ich im Garten, bzw. Hof eines Tempels vergraben. Ein Mönch wird nach einer Katze schauen und genau dies ist der Moment. Die Aufgabe ist zwar etwas riskant, aber ich bin sehr zuversichtlich. Heimliche Dinge tun, darin bin ich sehr gut. Niemand wird etwas merken. Ich betrete den Garten des Tempels und beginne ganz unauffällig darin zu buddeln. Es sieht so aus, als würde ich etwas pflanzen wollen oder den Boden umgraben. Dabei beobachte ich meine Umgebung genau. Da, eine schwarze Katze streift am Zaun entlang. Und da, ein Mönch in roter Kutte lehnt sich aus einem Zaunfenster und beobachtet sie. Jetzt oder nie! Rasch lasse ich den Anhänger in das kleine Erdloch fallen und drücke die Erde fest. Niemand wird wissen, daß er hier im Garten vergraben liegt.