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Mittwoch, 25. November 2009

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"Die Berliner Sprachverderber sind doch auch zugleich die einzigen, in denen noch eine nationelle Sprachentwicklung bemerkbar ist; zum Beispiel Butterkellertreppengefalle, das ist ein Wort, wie es Aristophanes nicht gewagter hätte bilden können; man fällt ja selbst mit hinunter, ohne auch nur eine Stufe zu verfehlen." (F. Foerster, Gespräche mit Goethe, 1831)...
Diese Ironie ist unbestreitbar ein Spezifikum des Berliners. Vielleicht ist sie es, die das derart Unverwechselbare in der Psyche des Berliners ausmacht. Ironie als Rettung angesichts der Abgründe, der Zerstörung, der in Trümmer sinkenden Umwelt. Die Ironie gab sich als Schnoddrigkeit. Die bombardierten Stadtbezirke bekamen entsprechend neue Namen: "Klamottenburg" (Charlottenburg), "Stehtnix" (Steglitz) oder "Trichterfelde-Rest" (Lichterfelde-West). Und die böseste Aussage: "Wer jetzt noch lebt, is selba schuld - Bomben sind jenuch jefallen!"

(aus "Da sind noch ein paar Menschen in Berlin" von Konrad Hoffmeister und Günter Kunert)

Besuch vom Lande

Sie stehen verstört am Potsdamer Platz.
Und finden Berlin zu laut.
Die Nacht glüht auf in Kilowatts.
Ein Fräulein sagt heiser: "Komm mit, mein Schatz!"
Und zeigt entsetzlich viel Haut.

Sie wissen vor Staunen nicht aus und nicht ein.
Sie stehen und wundern sich bloß.
Die Bahnen rasseln. Die Autos schrein.
Sie möchten am liebsten zu Hause sein.
Und finden Berlin zu groß.

Es klingt, als ob die Großstadt stöhnt,
weil irgendwer sie schilt.
Die Häuser funkeln. Die U-Bahn dröhnt.
Sie sind alles so gar nicht gewöhnt.
Und finden Berlin zu wild.

Sie machen vor Angst die Beine krumm.
Sie machen alles verkehrt.
Sie lächeln bestürzt. Und sie warten dumm.
Und stehn auf dem Potsdamer Platz herum,
bis man sie überfährt.

(Erich Kästner, 1929)

Das Auslandspraktikum

An meiner Fachhochschule warte ich in einem Turnsaal auf ein Gespräch. Es geht um die Bewerbung um ein Auslandspraktikum. Vorher ist ein Einstellungstest zu absolvieren. Meine Mutter ist dabei und sehr interessiert daran, daß ich dieses Praktikum mache. Ich selbst habe leise Zweifel daran, ob ich es packen werde, sowohl den Test, als auch das Praktikum. Eine ganze Weile müssen wir warten und beobachten dabei einige Sportler, die über aufgebaute Böcke und Pferde springen. Anscheinend kann man sich hier nach dem Unterricht auch privat sportlich betätigen. In einer Sportlerin erkenne ich Kollegin A.M., die fast federleicht, so scheint es, einen hohen Bock überwindet. Ich frage mich, ob ich das auch noch so könnte. Das letzte Mal im Sportunterricht ist schon eine ganze Weile her. Endlich kommt die Dame, die das Einstellungsgespräch und den Test macht, nimmt hinter einem breiten Schreibtisch Platz. Sie beginnt Fragen zu stellen und während sie die Antworten notiert, sehe ich kleine Karteikärtchen auf deren Reiter sich jeweils ein Planetensymbol befindet. Aha, anscheinend spielt das Horoskop bei der Zusage ebenfalls eine Rolle und die einzelnen Horoskopfaktoren werden auf den Karteikarten gesammelt. Ist sowas eigentlich datenschutzrechtlich erlaubt?