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Freitag, 17. September 2010

Dresden zu Land, zu Wasser und zur Luft - Teil 2

Zu einem Besuch in Dresden gehört natürlich auch ein Bummel über die Prager Straße. Heute mit Kaufhäusern dicht an dicht bebaut, habe ich diese ebenfalls sehr viel großflächiger in Erinnerung. Was die vielen Bistros und Restaurants rund um die Frauenkirche und die Brühlschen Terrassen angeht, könnte man tagelang von einem Bistro zum nächsten wandern. Unser Mittag- und Abendessen haben wir meist dort eingenommen. Die Original-Dresdner Eierschecke bekommt man von 2,40 EUR bis 3 EUR pro Stück. Kulinarische Höhenflüge haben wir eher wenige bis keine gemacht. Das Frühstück im Hotel war zwar recht ordentlich, aber Obst hat man allerhöchstens im Joghurt gesehen.

Die Berliner Spatzen sind bekanntermaßen sprichwörtlich frech, doch ich finde, die Dresdner Spatzen nehmen sich da nichts. Wenn man draußen sitzt, fliegen sie im Tiefflug über die Bistrotische hinweg, verfangen sich mit den Flügeln fast in den Haaren, belegen in Horden gerade frei gewordene Stuhllehnen ohne jede Scheu und wenn man während des Essens unter den Tisch schaut, sitzt dort ab und zu direkt vor den Füßen mit schiefgelegtem Köpfchen wie eine Katze bettelnd, ein Spatz. Die wissen, wie sie sich bemerkbar machen müssen, und wenn sie betteln, sind sie noch harmlos. Manchmal wird man auch regelrecht umzingelt. Widerstand zwecklos. Ich kann mir gut vorstellen, daß in unaufmerksamen Momenten hin und wieder sogar ein Kuchenstück von unbeaufsichtigten Tellern verschwindet. Andere Tiere, außer viele Spinnen und eine große, desorientierte Libelle, sind mir in Dresden überhaupt nicht aufgefallen, nicht einmal Hunde. Ich kann mich nur an zwei erinnern, aber vielleicht war ich auch einfach zu sehr mit den Sehenswürdigkeiten beschäftigt. Übrigens Vorsicht vor mit rechteckigen Schirmen überdachten Restauranttischen mit Heizstrahlern. In den Schirmen leben besonders gerne Spinnen und lassen sich in die Krägen von nichtsahnend Sitzenden fallen. Meine Schwägerin und ich übertrafen uns darin, mit Scharfblick überall Spinnen zu erblicken. Sogar in der Frauenkirche entdeckten wir unabhängig voneinander eine in der Kuppel hängend. Zumindest hätte man denken können, es sei eine, so frei schwebend ein winziger dunkler Punkt, aber meine Schwägerin meinte schließlich, es sei wohl doch nur ein Mikrofon. Neben den Spatzen begegneten wir außerdem zwei anderen komischen Vögeln. Der eine war ein kleiner Knirps, von mir auf 20, von meiner Schwägerin auf 18 Jahre geschätzt, der mich auf der Straße ansprach mit dem Spruch: "Auch wenn deine Mama dabei ist, möchtest du mir vielleicht trotzdem deine Telefonnummer geben?" Ich merkte schon, wie meine Schwägerin etwas biestig guckte, denn sie war mit "Mama" gemeint, und als er vorbei war, drehte sie sich um und rief laut drohend hinterher: "Die Mama! Ich komm dir gleich nach, du!" Der zweite komische Vogel war unser "Nachtportier" vom ersten Abend. Schmalbrüstig, kahlköpfig und etwas schmierig war er, am Bügelbrett stehend, als wir müde ankamen und unsere Zimmer und Sachen haben wollten, erst einmal extrem schlecht gelaunt und bissig. Anscheinend ziemlich gestreßt und genervt, vielleicht weil er bügeln mußte, verbesserte sich seine Laune aber im Schnellzugtempo. Als er uns das erste Zimmer zeigte, war er bereits erstaunlich freundlich. Danach meiner Schwägerin das zweite Zimmer zeigend, meinte diese am nächsten Morgen, sie dachte, er wolle sie beide noch zu Bett bringen und ihnen ein Schlaflied singen. Prompt träumte ich in dieser Nacht von ihm. Unser Zimmer war L-förmig mit einem Wandvorsprung, hinter dem der zimmereigene Flur lag. Ich träumte, wie er - um die Betten zu machen -, ächzend und keuchend die Wandvorsprünge von einer Seite zur anderen rücken mußte. Dabei schimpfte und fluchte er ohne Unterlaß.

Ansonsten geht es in Dresden relativ gemütlich zu. Die Straßen sind abenteuerlich und trotzdem erlebten wir keine rücksichtslosen Autofahrer. Auch die Ampelphasen sind länger als in Berlin. Vielleicht ist dies, neben den vielen autofreien Zonen, mit ein Grund, daß es viel weniger hektisch ist. Ich mein, man kann sich den Streß auch selbst machen, wenn man Ampelphasen so kurz schaltet, daß automatisch jeder Verkehrsteilnehmer in Hektik verfallen muß. Man hört so gut wie alle Berliner immer über die Verkehrsverhältnisse motzen, aber es ist ein Trugschluß zu glauben, daß kürzere Ampelphasen das Leben streßfreier machen. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Dresdner Spatzen

Dresden | versponnen

Frau Saturn mit den eckigen Tellern

Ein interessanter L-förmiger Raum, in welchem viele Tische aneinandergestellt und liebevoll gedeckt wurden. Anscheinend soll hier irgendeine Veranstaltung stattfinden. In einer Gruppe sehe ich die roten Haare meiner ehemaligen Chefin leuchten. Viele Plätze an den Tischen, nicht alle, sind hübsch mit Serviette, Kärtchen, Pappaufstellern und ähnlichem dekoriert. Ich kehre später zu diesem Raum in einer Gruppe zurück, finde aber nur noch einen ungedeckten Platz. Neben mir ein etwa gleichaltriger Mann, der auf seinem Platz aber immerhin einen leeren Teller erwischt hat. Ich habe nicht einmal diesen. Gegenüber vom Tisch hantiert eine blasse, unscheinbare junge Frau mit Geschirr. Ich rufe zu ihr hinüber: "Saturn, gib mir mal bitte einen Teller!" Der Teller, den ich bekomme, ist eckig (quadratisch), mit einer runden, hübsch mit blaßrosa, kaum sichtbaren Blüten bemalten Vertiefung, während die anderen runde Teller haben. Es erscheint mir selbst im Traum ein bißchen merkwürdig, daß ich die junge Frau "Saturn" nenne, wie komme ich darauf? Doch dann denke ich mir, daß sie wohl tatsächlich so heißt, auch wenn das ein ungewöhnlicher Name für eine Frau ist. Jetzt müßte ich nur noch etwas Eßbares finden, um den Teller damit zu füllen, allerdings scheinen die anderen bereits tüchtig zugelangt zu haben. Bei mir und meinem Sitznachbarn kommt nur noch eine Tüte mit trockenen Frühstücksflocken an. Ich knabbere ein paar davon und bemerke bemüht optimistisch zu ihm, daß die doch ziemlich gut schmecken. Er jedoch verzieht das Gesicht und meint mißmutig, daß seine zu Hause besser schmecken. "Nun ja," sage ich zu ihm, "ich gebe zu, ich esse sonst nie Frühstücksflocken und kenne daher keine anderen." Inzwischen ist die Veranstaltung aufgehoben und ich krame in einigen Kisten an den Wänden, um vielleicht doch noch etwas Eßbares oder auch nur Brauchbares zu finden, ohne aber Erfolg dabei zu haben. Für mich ist nichts übrig geblieben.

Mein Vater schläft in seinem Pflegebett ständig ein und meine Mutter weckt ihn jedesmal sofort. Das ärgert mich. "Laß ihn doch mal schlafen!" sage ich zu ihr. "Ich fände es nicht schön, dauernd geweckt zu werden, wenn ich schlafen könnte." Ich glaube aber nicht, daß meine Mutter das versteht.

Eine schwere Last drückt auf meinen Rücken, es scheint ein lebloser Körper zu sein, dessen Gewicht immer größer wird. Es gelingt mir, ihn abzuschütteln. Es ist mein Bruder, der nun nackt auf dem Boden liegt, die Blöße mit seinen Händen bedeckend, und schläft. Er hat nichts mitbekommen. Während ich sein Gesicht betrachte, schlägt er plötzlich die Augen auf. Sie sind blau (in Wirklichkeit dagegen braun).