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Montag, 2. Januar 2012

Den Jahresrückblick

habe ich mir diesmal geschenkt - obwohl es durchaus positive Dinge gab, auf die ich hätte zurückblicken können, so unwahrscheinlich das im ersten Moment auch klingen mag. Doch meine Erkenntnis des letzten Jahres lautet: Das Leben ist zu kurz, um es mit langen Rückblicken auf Jahre zu verschwenden, die noch frisch in Erinnerung sind.
Wenn ich jedoch auf die letzten Tage des alten und die ersten Tage des neuen Jahres zurückblicke, dann nur, weil sie so grauenhaft waren. Jedenfalls kein guter Beginn. Zu Weihnachten sah alles noch relativ erfreulich aus. Ich sorgte mich nicht allzu viel um die Zukunft, energetisch ging es mir besser als im November und dieser ganze Weihnachtskitsch vernebelt einem das Gehirn sowieso so sehr, bis es nur noch rosa Zuckerwatte ist. Doch dann, drei Tage vor Silvester ging es mit einer fiesen Migräne los, die immer noch nicht ganz weg ist, und Rückenschmerzen, die mich beinahe veranlaßt hätten, mit Straßenschuhen ins Bett zu gehen, um mir das Bücken zu ersparen. Bloß gut, daß ich die Silvestereinladung nicht angenommen habe. Wenn ich darüber nachdenke, woher diese plötzliche gesundheitliche Talfahrt kommt, fallen mir eigentlich nur zwei Dinge ein. Zuviel Marzipan und Pfefferkuchen oder aber die Email meiner Kollegin. Genau nach dieser Email ging es los. Sie schrieb mir darin, wie sehr sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben und die Belastung bei uns im Job gewachsen ist. Ok, eigentlich bemerke und höre ich das schon regelmäßig seit 15 Jahren. Und irgendwelche Aufschwünge scheinen an uns vorüberzugehen. Aber ich hatte es vorerst erfolgreich verdrängt. Als ich im November bei der Psychoonkologin war und mit ihr über dieses Thema gesprochen hatte, meinte sie zu mir, wenn ich schon nicht die Möglichkeit hätte, eine befristete Rente zu beantragen, sollte ich einen auf psychisch machen, wenn man mir bei der Reduzierung der Belastung und der Arbeitszeit nicht entgegen kommt. Wahrscheinlich muß ich da nicht einmal etwas "machen", wenn alleine eine Email bereits solche Auswirkungen hat. Aber irgendwie finde ich es kurios, daß ich mich therapieren lassen soll, während es anscheinend als völlig normal und gar nicht krank gilt, daß man in seinem Job die Arbeit für zwei bis drei Personen bis zur Erschöpfung alleine macht und dabei einen Haufen Geld verdient, mit welchem man sich bitteschön einen Haufen Müll kaufen soll, den man nicht braucht und der einen in keiner Hinsicht zufrieden und glücklicher macht. Aber wahrscheinlich ist dies die Keimzelle des Organismus der Marktwirtschaft, zumindest theoretisch. Und wenn man sagt, ich brauche nicht viel Geld, ich brauche nicht viel Müll, und ich will weniger arbeiten, ist man damit schon ein Störfaktor. Theoretisch, denn praktisch ist es zumindest bei mir so, daß ich eigentlich meist zu fertig bin, um viel zu konsumieren. Schließlich habe ich, wahrscheinlich fast schon als Bummelletzter, erst im letzten Jahr meine alte Bildröhre und diversen Uralt-Schrott ausgetauscht und damit die Wirtschaft angekurbelt. Das letzte Hemd hat keine Taschen, heißt es, und das ist wahr. Also sollte man darauf achten, daß man vielleicht ein paar andere Dinge aus dem Leben mitnimmt, zum Beispiel Zufriedenheit über die wirklich gelebten Momente, in denen man nicht allein von Geld regiert wurde. Wenn ich die Karten für 2012 befrage, was ich natürlich, wie es traditionell bei mir üblich ist, getan habe, sagen sie mir nicht viel Angenehmes voraus. Sie sind zwar auch nicht sehr beunruhigend, von Heiratsschwindlern bleibe ich diesmal ebenfalls verschont, jedoch wird eine Menge innerer Druck auf mir lasten und weit und breit ist keine Problemlösung in Sicht. Die Karten raten mir genauer gesagt, mich den kleinen, allerkleinsten und mikroskopisch winzigen Freuden des Lebens hinzugeben, denn mehr wird es wohl nicht werden. Bloß gut, daß ich darin schon Profi bin. Was Probleme betrifft, so neige ich ja dazu, sie gerne mit einem gezielten Kurzschluß und Schnitt abzuhängen. Dennoch finden sie mich früher oder später wieder und mit den jetzigen Problemen ist es ganz verzwickt. Das, welches ich wahrscheinlich noch am ehesten und leichtesten loswerden könnte, will ich eigentlich gar nicht abhängen. Das, welches ich mit Freuden sofort loswerden würde, läßt sich nicht so leicht abhängen, bzw. es würde bedeuten, das ich ein großes Problem mit einem anderen großen Problem austausche. Und das vorrangige gesundheitliche Problem, nun ja, das hat leider die unangenehme Eigenschaft, einen ständig im Ungewissen darüber zu lassen, ob man es nun abgehängt hat oder nicht. Deshalb wende ich mich erst einmal den kleineren Problemzonen zu. Bei meinem Wocheneinkauf lagen heute eine Fitnessmatte, zwei Gewichtsmanschetten (wiegen so viel wie zwei Kartoffelsäcke, zum Glück hatte ich Kartoffeln noch zu Hause) und ein Paar Bauch-weg-Slips auf dem Band. "Gab wohl gutes Essen, wa?" bemerkte der Kassierer scharfsinnig. Leider gibt es Bauch-weg-Slips anscheinend nur für große Größen und die 44 ist für mich doch etwas reichlich. Auch gegen meinen Bauch richten sie nichts aus, vielleicht ist er noch zu klein. Sind dann wohl eher Geld-weg-Slips.

Knalleffekt

Die junge Frau führt mich freundlich in das Badezimmer. Es geht um einen Test, zu welchem eine besondere Badewanne benötigt wird, um etwas darin zu versenken. Sie hat diese Badewanne, eine Eckwanne mit durchsichtiger Verkleidung. Ich bin hier zu Besuch bei einer jungen Familie, beide erst seit kurzem verheiratet, allerdings mit einem Baby, das bereits zu laufen beginnt. Als der Test abgeschlossen ist, möchte sie mir unbedingt noch eine Badewanneneinlage aus echten großen Flußsteinen zeigen. Sie legt diese unter den laufenden Wasserhahn und stellt ihr Baby darauf. Das stolpert vergnügt über die vom Wasser glitschigen Steine. Mir ist unwohl, denn das ist doch sicher nicht ungefährlich für das Baby. Aber die Mutter winkt eifrig ab. Da rutscht das Baby auch schon weg und fällt so aus der Wanne, daß es mit dem Kopf auf den Rand schlägt. Wußte ich es doch! Glücklicherweise hat das Kind nur einen Schreck bekommen, aber keine ernsthaften Verletzungen, doch die Mutter plagt nun ein sehr schlechtes Gewissen und sie versucht sich wortreich vor sich selbst und uns - ihr Mann ist inzwischen ebenfalls anwesend, sowie eine Psychologin - zu entschuldigen, ohne daß dies jemand von ihr verlangt hätte. Dazu macht sie unter anderem eine schriftliche Liste, die sie uns zu lesen gibt. Auf dieser sind alle einflußreichen Persönlichkeiten aufgeführt, mit welchen sie in ihrem Leben Bekanntschaft gemacht hat oder sogar befreundet ist. Unter diesen Persönlichkeiten finde ich unter anderem Buddha und Sri Krishnamurti. Und wie entschuldigt jetzt die angebliche und eher unwahrscheinliche persönliche Begegnung mit Buddha ihre Gedankenlosigkeit? Diese Frage behalte ich jedoch für mich und tausche nur berede Blicke mit der Psychologin aus. Diese scheint genau zu wissen, was ich denke und ganz genau dieselben Schlußfolgerungen daraus zu ziehen. "Gut, dann wäre das ja geklärt!" sagt sie übertrieben aufgeräumt und ihre Gedanken dazu ebenfalls zurückhaltend. Wir machen uns bereit zu gehen, als ich mir noch einmal den jungen Ehemann anschaue. Er wirkt sehr verwirrt und verängstigt. Anscheinend ist ihm eben gerade erst aufgegangen, daß er den Bund für den Rest seines Lebens mit einer Frau geschlossen hat, die einen Knall hat. Fast tut er mir ein bißchen leid.