Der lächelnde Buddha
Im ruhigen Winkel eines Friedhofs, in unmittelbarer Nähe der Friedhofsmauern, befindet sich das Doppelgrab unserer Familie. Es besteht aus zwei nebeneinanderstehenden, steinernen Sarkophagen, welche bis obenhin mit Erde gefüllt sind. Aus ihnen sprießt eine bunte und wilde Pracht von Sommerblumen. Besonders fällt mir eine türkis leuchtende Kornblume auf. Es ist sonnig, aber durch die Friedhofsmauer wird einer der Sarkophage mehr mit Sonne beschienen als der andere. Ich denke bei mir, daß ich mir die sonnige Seite aussuchen würde. Allerdings gehe ich davon aus (wenn ich auch nicht unbedingt sicher bin), daß das Grab für meine Eltern bestimmt ist. Meine Mutter neben mir seufzt vorwurfsvoll: "Ach Du!", während ich noch damit beschäftigt bin, die herrliche Sonne und die wunderbaren Blumen zu genießen. Ich vermute, sie ist ärgerlich, weil ich lieber herumspiele und schaue, statt das Grab zu pflegen. Dabei wüßte ich nicht, was es hier zu tun gäbe. Alles ist bestens so wie es wild durcheinander wächst. Schöner wird es mit Grabpflege auch nicht mehr. In einem herausgeschlagenen Winkel der Mauer entdecke ich den horizontal gearbeiteten Kopf eines lächelnden Buddha. Er dient anscheinend als Grabstein, denn in ihn sind Buchstaben eingemeißelt, die ich jedoch nicht entziffern kann.
zuckerwattewolkenmond - Mo, 19:06