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Ich begehrte Aldrian B. wie eine Fliehende die Freiheit. Das Wasser kroch die gläsernen Wände meines Aquariums hinauf und drohte über mir zusammenzuschlagen. Auf meinem Aquariumbett liegend blickte ich hinaus und beobachtete die wirbelnden Fluten seines dreckigen Reiches, in denen der Meeresgott mich gefangenhielt. Sein Kopf, umzüngelt von grünschuppigen Seeschlangen, die sich in seinem lange Barte wanden, hatte die Farbe schleimigen Seetangs und er roch ebenso. Um meinen Widerstand gegen die Gefangenschaft zu brechen, schickte er Aldrian B. zu mir, jung und hochgewachsen, der mich sogleich nahm, so wie ein Mann eine Frau und ein Kater eine Katze. Während ich mein Gesicht in die Kissen presste, schleuderte er seine Sterne in mich, bis in mir ein Himmel schwoll. Nach dreißig Tagen und dreißig Nächten ließ er ab, um mir auf hohen Stengeln wippend, von der sonnenwarmen Friedhofsmauer zu erzählen, hinter der er lebte, von den pickenden Kleibern und singenden Pirolen, und den flinken Eichhörnchen, welche von den Astgabeln aus mit Nüssen warfen. Durstig hörte ich ihm zu und erträumte für ihn die Friedhofsmauer, die Sonne, die Kleiber, Pirole und Eichhörnchen. Dann versteckte ich diese vor dem Meeresgott, der nichts davon wissen durfte. So vergingen viele Wochen und Monate in denen Aldrian B. erzählte und ich seine Erinnerungen erträumte, welche wir in Kleidern, Möbeln, Allegorien versteckten. Ich liebte seine Erinnerungen und er liebte meine Träume. Die Träume durften nicht gefunden werden, doch so gut wir sie verbargen, die Orte dafür wurden immer knapper und der Meeresgott musste gespürt haben, dass etwas fremdes wuchs, denn er kam und entdeckte sie. Sofort entfernte er Aldrian B. aus meinem Gefängnis, fesselte mich und riss den Himmel aus mir heraus. Er durchschritt ihn, trennte das Oberste vom Untersten, die Finsternis vom Licht und entschied, dass es schlecht war. Auf meinem Aquariumbett liegend blickte ich hinaus in die finsteren Wogen. Einige weiße Blüten schwammen darin und wurden gegen das Glas gewirbelt. Sie leuchteten wie Sterne.
zuckerwattewolkenmond - Sa, 16:13
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