Über die subtile Diskriminierung von Lang- und Vielschläfern
Jeder Frühaufsteher und Kurzschläfer würde eine solche Diskriminierung wahrscheinlich sofort verneinen, denn man muß sie selbst erleben, um sie zu erkennen. Sie ist viel zu eingeschliffen, ein allgemeingültiges gesellschaftliches Verhaltensmuster, und selbst ein damit drangsalierter Langschläfer braucht wohl eine Weile, wenn nicht sogar sein ganzes Leben, um herauszufinden, daß das schlechte Gewissen, welches ihm mit Blicken, Taten und Worten täglich eingeimpft wird, je nach Persönlichkeitsstruktur mehr oder weniger erfolgreich, im Grunde nicht sein eigenes Problem ist, sondern das der anderen.
Frühaufstehern haftet, ohne daß man sich davon bereits überzeugt hat, gerne ein Image des Fleißes und der Zuverlässigkeit an, während man Langschläfer im Gegenzug dazu mit Faulheit und Unzuverlässigkeit in Verbindung bringt. Aus meinen persönlichen Beobachtungen im Kollegenkreis hat sich aber dieses Vorurteil überhaupt nicht bestätigt. Manchmal möchte man fast vom Gegenteil ausgehen, denn wenn man zwar früh um 7 Uhr auf Arbeit ist, aber erst einmal zwei Stunden Kaffee kocht und den neuesten Büroklatsch nach der langen nächtlichen Trennungszeit austauscht, dann ist man zwar geschäftig, aber noch lange nicht produktiv. Und dies ist etwas, was ich bei den wenigen Malen, da ich bereits um 7 Uhr oder noch früher im Büro war, immer wieder beobachtet habe: in den zwei Stunden zwischen 7 und 9 Uhr wird von den wenigsten Kollegen tatsächlich etwas geleistet. Die meisten bereiten sich nur sehr geschäftig und ausgiebig auf die Arbeit vor, während die Leute, die erst um 9 Uhr kommen, sich in der Regel sofort auf ihre Akten stürzen. Dies läßt mich die Vermutung hegen, daß das oben erwähnte Vorurteil nur eine verbreitete Fehlinterpretation von Leuten ist, die den Unterschied zwischen Geschäftigkeit und Produktivität nicht erkennen können. Desweiteren läßt mich dies vermuten, daß Frühaufsteher gerne dazu neigen, ihre Energien sowohl am Tag als auch in der Nacht sinnlos zu verpulvern, während Langschläfer gelernt haben, ihre Energien zu konzentrieren, und zwar gleichermaßen bei der Arbeit als auch bei der Erholung. Mir ist klar, daß dies eine gewagte Theorie ist, zumal auf den ersten Blick immer die Frühaufsteher die Organisierteren zu sein scheinen, aber man macht sich halt so seine Gedanken.
Als Langschläfer läßt man die Frühaufsteher in der Regel Frühaufsteher sein, da man als Langschläfer, so glaube ich, intensiver der Lebensmaxime vom leben und leben lassen nachgeht, muß jedoch häufig bemerken, daß dies umgekehrt keineswegs der Fall ist. Dies beginnt schon mit dem herablassenden und nachsichtigen Lächeln, welches einem gewährt wird, wenn man es wagt, sein Bedürfnis nach spätem Aufstehen zu artikulieren. Ich kann mich nicht erinnern, jemals bei einem Frühaufsteher, der mir von seinen Schlafgewohnheiten erzählte, meinen Mund ironisch verzogen oder verzeihend gelächelt zu haben, so nach dem Motto, sowas könne ja vorkommen, kein Problem - es gibt schließlich immer Leute, die anfälliger sind für den Schlafvirus.
Weiter geht es dann mit spitzzüngigen Bemerkungen, die man sich ab jetzt bei jeder passenden Gelegenheit anhören darf. Hat man zum Beispiel aus dringenden Gründen einen Termin sehr früh am Tag, wird man mindestens einmal unterschwellig ironisch gefragt, ob man das schaffe. Hallo? Nur weil ich sehr ungern früh aufstehe, heißt das noch lange nicht, daß ich nicht in der Lage dazu wäre. Andere Bemerkungen sind solche wie: "Tja, jetzt ist nichts mehr mit lange schlafen.", "Jetzt mußt du auch mal früh aufstehen." und viele weitere. Täusche ich mich, oder höre ich da eine Mischung aus Schadenfreude und Neid heraus? Mir als Langschläfer käme es natürlich nie in den Sinn, wegen eines Frühaufstehers, der gezwungen wird lange zu schlafen, schadensfroh oder neidisch zu sein. Wenn man Pech hat, kann man sogar an Zeitgenossen geraten, die meinen, es wäre doch lustig, einem an frühen Morgenstunden mit gezielten Telefonanrufen und unter fadenscheinigen Vorwänden den Schlaf zu vergällen.
Desweiteren ist es diese Art wie mit anderen über die eigene Person geredet wird, wobei es anscheinend unerläßlich ist, hinzuzusetzen "Die kommt immer erst um 9 Uhr." Ok, die Aussage ist zwar grob gesehen und mit beiden Augen zugedrückt richtig, denn in der Regel bin ich 10 vor 9 und manchmal auch 20 vor 9 auf Arbeit, aber allein der Tonfall, mit dem solche Informationen weitergegeben werden, läßt an ein unauslöschliches Stigma denken, welches man auch dann nicht mehr los wird, wenn man ab sofort täglich um 6 Uhr im Büro erscheinen würde. Frühaufsteher dagegen, insbesondere hartgesottene Kurzschläfer, werden wie die Helden gefeiert - je kürzer der benötigte Schlaf, um so taffer und unbesiegbarer. Schließlich hat auch Napoleon nur vier Stunden in der Nacht geschlafen. Acht Stunden sind da schon hart an der Grenze, besser sollte man bis unter sechs Stunden kommen. Das nötigt jedem Respekt ab, sogar den Vielschläfern, die sich sogleich recht erbärmlich fühlen. Die meisten kommen deshalb irgendwann an den Punkt, an dem sie es den anderen zeigen wollen - niemand möchte gerne ein belächelter Schwächling sein - und so reduzieren sie ihren Schlaf dementsprechend. Dies macht aber alles nur noch schlimmer, denn nur weil man nach fünf Stunden mit zusammengebissenen Zähnen und Mordgelüsten aus dem Bett wankt, heißt das noch lange nicht, daß sich der Schlaf so leicht abschütteln ließe. In solchen Fällen überrascht er einen gerne mitten am Tag, was zu unerfreulichen Personalgesprächen führt. Wurde man vorher als potentieller Faulenzer mißtrauisch beäugt, ist man jetzt untragbar und dabei wollte man doch nur ebenso anerkannt wie ein Frühaufsteher und Kurzschläfer sein und sich disziplinieren.
Letztendlich wird man als Viel- und Langschläfer sein Leben lang sogar doppelt benachteiligt sein, nicht nur wegen der schleichenden Diskriminierung, sondern auch durch die Tatsache, daß man an einem Tag stets weniger Stunden zur Verfügung hat, um seinen Verpflichtungen, aber auch seinen Freizeitfreuden nachzugehen, als ein Kurzschläfer. An sich ist das schon Strafe genug, finde ich, und deshalb habe ich diese Art, wie mit Lang- und Vielschläfern umgegangen wird, langsam satt. Ich finde sogar, es wäre an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Wenn künftig von emsigen Kollegen berichtet wird, die immer schon um 7 oder früher auf Arbeit sind, werde ich ab jetzt ebenfalls ironisch und nachsichtig den Mund verziehen, ihnen einen Blick zuwerfen nach dem Motto "immer diese spießigen und hektischen Frühaufsteher" und sagen: "Na ja, ist ja nicht so schlimm." Ich fordere alle Lang- und Vielschläfer dazu auf, mitzumachen, bis dieses kranke Muster durchbrochen ist!
Frühaufstehern haftet, ohne daß man sich davon bereits überzeugt hat, gerne ein Image des Fleißes und der Zuverlässigkeit an, während man Langschläfer im Gegenzug dazu mit Faulheit und Unzuverlässigkeit in Verbindung bringt. Aus meinen persönlichen Beobachtungen im Kollegenkreis hat sich aber dieses Vorurteil überhaupt nicht bestätigt. Manchmal möchte man fast vom Gegenteil ausgehen, denn wenn man zwar früh um 7 Uhr auf Arbeit ist, aber erst einmal zwei Stunden Kaffee kocht und den neuesten Büroklatsch nach der langen nächtlichen Trennungszeit austauscht, dann ist man zwar geschäftig, aber noch lange nicht produktiv. Und dies ist etwas, was ich bei den wenigen Malen, da ich bereits um 7 Uhr oder noch früher im Büro war, immer wieder beobachtet habe: in den zwei Stunden zwischen 7 und 9 Uhr wird von den wenigsten Kollegen tatsächlich etwas geleistet. Die meisten bereiten sich nur sehr geschäftig und ausgiebig auf die Arbeit vor, während die Leute, die erst um 9 Uhr kommen, sich in der Regel sofort auf ihre Akten stürzen. Dies läßt mich die Vermutung hegen, daß das oben erwähnte Vorurteil nur eine verbreitete Fehlinterpretation von Leuten ist, die den Unterschied zwischen Geschäftigkeit und Produktivität nicht erkennen können. Desweiteren läßt mich dies vermuten, daß Frühaufsteher gerne dazu neigen, ihre Energien sowohl am Tag als auch in der Nacht sinnlos zu verpulvern, während Langschläfer gelernt haben, ihre Energien zu konzentrieren, und zwar gleichermaßen bei der Arbeit als auch bei der Erholung. Mir ist klar, daß dies eine gewagte Theorie ist, zumal auf den ersten Blick immer die Frühaufsteher die Organisierteren zu sein scheinen, aber man macht sich halt so seine Gedanken.
Als Langschläfer läßt man die Frühaufsteher in der Regel Frühaufsteher sein, da man als Langschläfer, so glaube ich, intensiver der Lebensmaxime vom leben und leben lassen nachgeht, muß jedoch häufig bemerken, daß dies umgekehrt keineswegs der Fall ist. Dies beginnt schon mit dem herablassenden und nachsichtigen Lächeln, welches einem gewährt wird, wenn man es wagt, sein Bedürfnis nach spätem Aufstehen zu artikulieren. Ich kann mich nicht erinnern, jemals bei einem Frühaufsteher, der mir von seinen Schlafgewohnheiten erzählte, meinen Mund ironisch verzogen oder verzeihend gelächelt zu haben, so nach dem Motto, sowas könne ja vorkommen, kein Problem - es gibt schließlich immer Leute, die anfälliger sind für den Schlafvirus.
Weiter geht es dann mit spitzzüngigen Bemerkungen, die man sich ab jetzt bei jeder passenden Gelegenheit anhören darf. Hat man zum Beispiel aus dringenden Gründen einen Termin sehr früh am Tag, wird man mindestens einmal unterschwellig ironisch gefragt, ob man das schaffe. Hallo? Nur weil ich sehr ungern früh aufstehe, heißt das noch lange nicht, daß ich nicht in der Lage dazu wäre. Andere Bemerkungen sind solche wie: "Tja, jetzt ist nichts mehr mit lange schlafen.", "Jetzt mußt du auch mal früh aufstehen." und viele weitere. Täusche ich mich, oder höre ich da eine Mischung aus Schadenfreude und Neid heraus? Mir als Langschläfer käme es natürlich nie in den Sinn, wegen eines Frühaufstehers, der gezwungen wird lange zu schlafen, schadensfroh oder neidisch zu sein. Wenn man Pech hat, kann man sogar an Zeitgenossen geraten, die meinen, es wäre doch lustig, einem an frühen Morgenstunden mit gezielten Telefonanrufen und unter fadenscheinigen Vorwänden den Schlaf zu vergällen.
Desweiteren ist es diese Art wie mit anderen über die eigene Person geredet wird, wobei es anscheinend unerläßlich ist, hinzuzusetzen "Die kommt immer erst um 9 Uhr." Ok, die Aussage ist zwar grob gesehen und mit beiden Augen zugedrückt richtig, denn in der Regel bin ich 10 vor 9 und manchmal auch 20 vor 9 auf Arbeit, aber allein der Tonfall, mit dem solche Informationen weitergegeben werden, läßt an ein unauslöschliches Stigma denken, welches man auch dann nicht mehr los wird, wenn man ab sofort täglich um 6 Uhr im Büro erscheinen würde. Frühaufsteher dagegen, insbesondere hartgesottene Kurzschläfer, werden wie die Helden gefeiert - je kürzer der benötigte Schlaf, um so taffer und unbesiegbarer. Schließlich hat auch Napoleon nur vier Stunden in der Nacht geschlafen. Acht Stunden sind da schon hart an der Grenze, besser sollte man bis unter sechs Stunden kommen. Das nötigt jedem Respekt ab, sogar den Vielschläfern, die sich sogleich recht erbärmlich fühlen. Die meisten kommen deshalb irgendwann an den Punkt, an dem sie es den anderen zeigen wollen - niemand möchte gerne ein belächelter Schwächling sein - und so reduzieren sie ihren Schlaf dementsprechend. Dies macht aber alles nur noch schlimmer, denn nur weil man nach fünf Stunden mit zusammengebissenen Zähnen und Mordgelüsten aus dem Bett wankt, heißt das noch lange nicht, daß sich der Schlaf so leicht abschütteln ließe. In solchen Fällen überrascht er einen gerne mitten am Tag, was zu unerfreulichen Personalgesprächen führt. Wurde man vorher als potentieller Faulenzer mißtrauisch beäugt, ist man jetzt untragbar und dabei wollte man doch nur ebenso anerkannt wie ein Frühaufsteher und Kurzschläfer sein und sich disziplinieren.
Letztendlich wird man als Viel- und Langschläfer sein Leben lang sogar doppelt benachteiligt sein, nicht nur wegen der schleichenden Diskriminierung, sondern auch durch die Tatsache, daß man an einem Tag stets weniger Stunden zur Verfügung hat, um seinen Verpflichtungen, aber auch seinen Freizeitfreuden nachzugehen, als ein Kurzschläfer. An sich ist das schon Strafe genug, finde ich, und deshalb habe ich diese Art, wie mit Lang- und Vielschläfern umgegangen wird, langsam satt. Ich finde sogar, es wäre an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Wenn künftig von emsigen Kollegen berichtet wird, die immer schon um 7 oder früher auf Arbeit sind, werde ich ab jetzt ebenfalls ironisch und nachsichtig den Mund verziehen, ihnen einen Blick zuwerfen nach dem Motto "immer diese spießigen und hektischen Frühaufsteher" und sagen: "Na ja, ist ja nicht so schlimm." Ich fordere alle Lang- und Vielschläfer dazu auf, mitzumachen, bis dieses kranke Muster durchbrochen ist!
zuckerwattewolkenmond - Sa, 23:06
Ich gehöre zu den Menschen, die imstande sind, um halb Fünf aufzustehen, wenn sie es MÜSSEN. Es aber freiwillig, wenn sie nicht müssen, nicht vor 9 oder gar 10 Uhr tun. Und ich BIN neidisch. Weil mir einsuggeriert wird, ich wäre nicht effizient. Dabei bin ich genauso effizient, nur muss ich mich eben nicht gleich um 12 nach dem Mittag wieder für eineinhalb Stunden hinlegen, weil ich so müde bin vom frühen Aufstehen. Ich stehe eben einfach eineinhalb Stunden später auf und lege mich NICHT zwischendurch hin, was auf das genau selbe rauskommt :-)
Geht mir genauso,
Vielleicht ist es so.
wer schläft läßt die welt in ruhe und reißt ihr keine wunden
Das ist auch meine Erfahrung.
@creature:
@Elsa: