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Dresden zu Land, zu Wasser und zur Luft - Teil 1

Na gut, bei Dresden zur Luft mit einem Ballon ließen wir doch lieber anderen den Vortritt, aber ansonsten haben wir in wenigen Tagen so viel gesehen, daß es mir im Nachhinein wie eine volle Woche erscheint. Wir mußten das Programm des Reisebüros sogar etwas ausdünnen, damit es nicht in Streß ausartete. Letztendlich stellten wir fest, daß es besser gewesen wäre, einfach nur Zimmer zu buchen und dann ganz gemütlich und ohne Termindruck von einer Veranstaltung und Sehenswürdigkeit zur nächsten zu schlendern. Aber so haben wir dafür wirklich viel mitgenommen und schön war es trotzdem. Ich bin nicht zum ersten Mal in Dresden gewesen. Die Brühlschen Terrassen, das Blaue Wunder, Prager Straße, das Nymphenbad, Grünes Gewölbe und Hygienemuseum, das alles kenne ich bereits aus DDR-Zeiten. Meine damalige Schulfreundin hatte Verwandte, welche in der Nähe des Blauen Wunders in einem kleinen Haus wohnten, und uns in den Ferien einmal ein Zimmer überließen. Doch wenn ich nicht gewußt hätte, daß es Dresden ist, hätte ich es erst einmal nicht wiedererkannt. Einen Erkennungspunkt gibt es allerdings, der sich bis heute nicht geändert hat und welchen ich irgendwie faszinierend finde, nämlich das dichte Netz aus Straßenbahnoberleitungen, die überall am Himmel über Dresden zu finden sind, und das ich so von Berlin nicht kenne. Da es in Dresden weder U- noch S-Bahn gibt, ist das Hauptverkehrsmittel die Straßenbahn, welche teilweise enorme Entfernungen zurücklegt. Ich bin mir meist nicht sicher, ob dieses Netz mir gefällt oder nicht, manchmal finde ich es eher störend, besonders auf Brücken, aber es hat irgendeinen morbiden Charme und gehört für mich einfach zu Dresden dazu. Früher hat Dresden auf mich durch die verspielte Architektur und die vielen alten Plätze einen träumerisch-versponnenen, nicht verschlafenen, Eindruck gemacht. Früher waren dort jedoch auch sehr viel weniger Touristen unterwegs. Im Nymphenbad amüsierte ich mich damals mit meiner Freundin alleine, und als sie mich auf der Treppe zur Brühlschen Terrasse stehend fotografierte, war weit und breit kein Mensch in der Nähe. Heute drängen sich die Touristen dort dicht an dicht. So viel Zulauf hatte ich nicht wirklich erwartet. Und obwohl ich kein Freund von solchen Massen bin, muß ich doch sagen, daß diese Belebtheit wunderbar zu dem neu gestalteten Viertel rund um die Frauenkirche paßt, welches gerade von diesem Kontrast aus kleinen Gäßchen, in denen sich die Menschen ballen, und dem großzügigen Kirchplatz, auf welchem sie sich schnell wieder verlieren, lebt. Ein wenig erinnert mich dieser Ort an Italien, obwohl ich noch nie in Italien gewesen bin, aber ungefähr so würde ich es mir vorstellen. Mit einem Wort: Es gefällt mir gut. Und unerwarteter Weise hatten wir sogar genau an unseren Reisetagen bestes italienisches Spätsommerwetter mit strahlend blauem Himmel. Sobald wir in Berlin ankamen, regnete es wieder. Nun gibt es aber auch in Dresden eher unschöne, meist moderne, Ecken, wie zum Beispiel die Außentreppe am Stadtmuseum. Das Stadtmuseum selbst ist ein altes kunstvolles Gebäude, bei der Außentreppe jedoch, später an einer Flügelseite hinzugefügt, denkt man ständig: "Wann wird denn endlich dieses häßliche Baugerüst abgebaut?" - bis man erkennt, daß es gar kein Gerüst ist.

Wir wohnten übrigens in der Nähe des Worldtradecenters. Das Worldtradecenter ist ein turmartiges modernes Gebäude, dabei aber so niedrig, daß die Namensgebung, welche an das Worldtradecenter in NY erinnert, fast ein wenig großprotzig vermessen wirkt. Unser Hotel war sauber, an einem grünen Park gelegen, und beherbegte gleich im Keller den ersten "alten" Meister. Da bei Ankunft die Zimmer noch nicht fertig waren, welche sogar mit einer separaten kleinen Küche und einigen Extras ausgestattet sind, ließen wir unser Gepäck an der Rezeption und fuhren sofort in die Stadt. Ein Termin wartete schon, nämlich eine Filmvorführung über den Wiederaufbau der Frauenkirche mit anschließender Besichtigung. Ich hatte in der Nacht vor der Reise geträumt, daß es in Dresden einen Weihnachtsmarkt gibt, den wir besuchen wollten. Nach dem Aufwachen darüber den Kopf geschüttelt, gab es tatsächlich eine Art Weihnachtsmarkt, der sich aber unter dem Titel "Herbstmarkt" tarnte. Trotzdem hätte man da bereits jede Menge Weihnachtskram kaufen können, wenn man gewollt hätte, und vor allem die Japaner scheinen ganz heiß auf erzgebirgische Weihnachtsdeko zu sein. Ich träumte übrigens auch, daß eine besondere Sehenswürdigkeit von Dresden die vielen Ratten sind, die es dort gibt, und die man unbedingt besichtigen sollte. Glücklicherweise bin ich Ratten aber nicht begegnet, zumindest keinen vierbeinigen. Der Film war recht interessant und bestätigte meine Meinung, daß man beim Wiederaufbau der Frauenkirche die stehengebliebenen Reste sorgfältig in das neue Gebäude mit eingebunden hatte, während mir mein Bruder dauernd erzählen wollte, die Teile wären nur deshalb so dunkel, weil sie noch nicht abgespritzt seien. Während der Besichtigung des Inneren der Kirche war ich etwas enttäuscht, zum einen, weil ich mir die Kirche größer vorgestellt hatte, und zum anderen, weil ich zwar weiß, daß es eine Barockkirche ist und Barockkirchen so etwas dürfen, ich sie aber selbst für eine Barockkirche noch zu kitschig finde mit dieser Farbkombination aus Rosa, Hellblau, Weiß und Gold. Trotzdem ist es ein Gänsehautgefühl, in dieser Kirche zu sitzen und daran zu denken, daß man diese Kirche nie hätte von innen erleben können, wenn sie nicht so detailgetreu und in mühevoller Arbeit wiederaufgebaut worden wäre, noch die Trümmer davon kennend. Die Kirche ist ein ovales Rund mit mehreren Eingängen ringsherum und bei dem Gewimmel, welches in ihr herrscht, einem Bienenstock nicht unähnlich, wenn die Touristen zu einem Eingang hinein und zum anderen wieder hinaus strömen. Ich fragte mich, wie sie hier wohl einen Gottesdienst abhalten. Wahrscheinlich müssen sie die Türen dann abschließen. Ein wenig entsetzt war ich darüber, wie die Massen trotz Fotoverbots sogar mit Blitz in der Kirche fotografierten, was man nun eigentlich nicht einmal macht, wenn das Fotografieren erlaubt ist. Und auch, daß vorne auf der Kanzel jemand stand, einen Psalm las und direkt darum bat, auf das Fotografieren zu verzichten, schien einige nicht zu stören. Natürlich schauten wir uns ebenfalls die Unterkirche in den alten Katakomben an, welche früher zur Grablegung genutzt wurden. Eine kleine Ausstellung zeigt Fundstücke und begleitendes Material zur Frauenkirche. Besonders beeindruckt haben mich zwei Zeichnungen eines Künstlers, dessen Namen ich mir leider nicht gemerkt habe, die die Zimmerleute während der Bauarbeiten darstellen, aber auf eine sehr besondere Art, fast an ein Suchbild erinnernd. Der absolute Kontrast zur Frauenkirche ist die Kreuzkirche, welche nicht nur viel einfacher und geschmackvoller ausgestattet ist, sondern auch viel weniger überlaufen. Das einhellige Resümee aller müden Anwesenden: Die Kreuzkirche ist schöner.


Dresden/"Hotelmeister"

"Alter Meister" im Hotelkeller


Dresden/Hotel

Hotel von außen


Dresden/Hotel 2

Unser Zimmer
(Ich habe natürlich nicht nur Fotos vom Hotel gemacht, aber diese folgen später.)
mehrLicht - Do, 21:54

schön, wenn man mal einen Bericht aus "seiner" Stadt von außen liest, denn natürlich ist dieser Blick völlig anders als der von dem, der sich seit Jahr und Tag innerhalb der Stadt bewegt und lebt. Dennoch decken sich einige Beobachtungen (die Farbgebung der Frauenkirche innen will mir auch nicht nahegehen, vermutlich ist sie auch einfach noch zu "neu", anderes kann ich nicht so empfinden (Italien...? Wirklich?) - spannend :)

Vermutlich

wurde die Farbgebung dem Original nachempfunden? Zumindest wäre nur das eine akzeptable Entschuldigung. *gg*
Ja, die kleinen quirligen Gäßchen mit den vielen Bistros und die weitläufige "Piazza" erinnern mich an Italien. Und bei euch gibt es ja, wie ich hörte, ein italienisches Viertel, wo sich italienische Handwerker (?) niedergelassen hatten. Vielleicht mischen die Nachfahren noch immer mit. ;o)
Treibgut - Do, 23:54

Frauenkirche

Kirchen gibt es viele, Kirchenruinen nur noch wenige. Von daher hielt ich es für keine gute Idee, die Kirche wieder aufzubauen. Als ich mal da war (1990), gefiel mir der Trümmerhaufen jedenfalls so ganz gut.

Also Ruinen

an sich haben etwas für sich, stimmt schon. Aber wenn sie nicht abgerissen werden, um neumodische Betonklötze zu bauen, sondern das architektonische meisterhafte Original genau so wiederaufgebaut wird, finde ich es ok. Kirchen gibt es zwar viele, aber kaum eine gleicht der anderen. ;o)

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