Alien
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Ein guter Tag,

um schwarz zu sehen, tiefschwarz. Ich weiß nicht mehr, wie es noch weiter gehen soll. Dies war nun die erste Woche, in der ich wieder voll gearbeitet habe und ich konnte förmlich "zusehen", wie sich die Rückenschmerzen von Tag zu Tag verschlechterten, und das trotz zwei Physiotherapieterminen, Reha-Sport und zumindest bis vorletzte Woche noch täglicher Gymnastik. Diese Woche habe ich diese nicht mehr so durchgehalten, da ich immer spät zu Hause war und irgendwann auch schlafen mußte. Die ersten Tage wollte ich es nicht wahr haben, aber heute beim Wochenendeinkauf konnte ich es nicht mehr ignorieren. Im Supermarkt beim Aus- und Einpacken in den Wagen merke ich es immer zuerst. Wenn sich die Sache in diesem Tempo weiter verschlechtert, bin ich schätzungsweise in drei Wochen bewegungsunfähig und ich habe riesigen Horror davor. Ich habe Horror davor, erneut lahmgelegt zu sein, kaum etwas machen zu können und vor allem auch, schon wieder zur Ärztin gehen zu müssen. Die muß ja bald denken, ich will sie verarschen. Und gegen die Behandlungen, die erst zuletzt so gut geholfen haben, scheint der Rücken im Moment resistent zu sein, anders kann ich mir nicht erklären, wie sich das trotzdem so verschlechtern kann. Und überhaupt nervt es mich immer mehr, daß ich hier kaum noch Gelegenheit habe, über etwas anderes zu schreiben. Diese unendliche Geschichte muß unendlich langweilen, ich bin die einzige, die sie auf Trab hält. Sie frißt mich auf, ich kann seit Monaten kaum noch einen klaren Gedanken fassen vor Sorgen darüber, wie es weiter geht.

Und als würde das nicht reichen, werde ich gezwungen so viele Grenzen zu setzen, daß ich mich inzwischen wieder völlig in mich und in mein Schneckenhaus zurückgezogen habe. Nicht einmal die Fühler mag ich mehr rausstrecken. Irgendwie fühle ich mich, als sei ich eine willkommene Projektionsfläche, auf die jeder projizieren kann, was er gerade lustig ist. Für den einen bin ich der Fußabtreter, für den nächsten der undurchsichtige Feind, für den dritten eine verweichlichte Göre ohne Sorgen, der vierte poliert sein Ego an mir auf, indem er sich auf meine Eigenarten konzentriert, aber überempfindlich reagiert, wenn man ihn an seine eigenen erinnert, der nächste sieht in mir das robuste Arbeitstier, und die Männer drehen alle am Rad und benutzen mich als Testobjekt, um ihre hoffentlich noch vorhandene Wirkung auf Frauen zu überprüfen, ganz besonders die verheirateten Männer. Wo bleibe ich eigentlich dabei? Ich verstehe diese Spiele nicht. Die Skorpione verlassen das sinkende Schiff und die Mäuse tanzen auf dem Tisch. Obwohl ich bereits zurückgezogen lebe, schaffen es die Menschen immer wieder, mich vollends in die Flucht zu schlagen. Jedenfalls hätte ich große Lust, für ein paar Wochen, niemanden, aber wirklich niemanden der Gattung Mensch zu sehen.
licht - Fr, 21:28

Das mit der Projektionsfläche kann ich nur zu gut nachvollziehen, Zucker. Gerade in wie auch immer gearteten Prüfungssituationen (seien es schulische, akademische, gesundheitliche,...) verspürt man leicht das Gefühl der Einsamkeit - keiner kann wirklich helfen, keiner kann wirklich nachvollziehen. Man ist ganz auf sich selbst gestellt, menschliche Beziehungen wirken illusorisch, lästig. Freundschaften? Was ist das anderes als eine Art Kuhhandel: Du darfst mir deine Sorgen erzählen, ich darf dir dafür meine Sorgen erzählen. Wir machen uns also gegenseitig zu Projektionsflächen. Aber ich denke das ist eine sehr extreme Sichtweise, bedingt durch die extreme Situation. Menschliche Beziehungen können uns auch gerade in Extremsituationen helfen. Wobei das aber dann oft gar nicht die tiefsten Beziehungen sind. Die Kollegialität zwischen Arbeitskollegen bzw. beruflichen Leidensgenossen ist oft viel mehr wert in gewissen Situationen als die allertiefste Freundschaft. Empfinde ich zumindest seit dem Ref so... wobei aber auch Freundschaft trotzdem noch sehr wichtig sein kann, wenn es keine Projektionsfreundschaft ist.

Natürlich sind

menschliche Beziehungen wichtig. Und was mich stört sind gar nicht die Projektionen in Freundschaften, sondern die mehr oder weniger wildfremder Menschen, die sich auf diese Weise ihr Urteil bilden. Es gibt einfach Situationen, in denen ist man alleine, wie man es auch dreht und wendet, und wenn ständig auf einem rumgetrampelt wird, muß man sich ja irgendwie schützen, damit es einem nicht noch schlechter geht. Mein Dilemma ist halt, daß ich beide Probleme gerade zur gleichen Zeit habe. Ich kann mir also aussuchen, ob ich wegen des einen Problems weiter darauf hoffe, auf nette Menschen zu treffen, die mich nicht noch tiefer runterziehen, oder ob ich Vorsicht walten lasse, mich zurückziehe, und so vorbeuge, daß es möglichst nur bei diesem einen Problem bleibt und nicht noch schlimmer wird durch unbedarfte Zeitgenossen.
chSchlesinger - Sa, 14:06

Dein Blog zählt für mich zu den ersten Adressen im Web. Kaum ein Tag, an dem ich keine Zeit finde, nach Dir zu schauen. Schmerz. Arztbesuche. Reha. Deine Odyssee durch jenes Fegefeuer, das mich nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann ganz sicher ganz persönlich betreffen wird.
Im Schneckenhaus sehe ich Dich nicht. Im Gegenteil: Am 12. Oktober 2002 besuchte ich das XXIV. German Bowl in Brauschweig. Unsere Hamburg Blue Devils gegen die Lions. Meine Verlobte, zwei befreundete Pärchen. Am 4. November 2002 veröffentlichte ich in der Lyrikecke "Sterne". Laut Counter über 1000x gelesen. Das XXIV. German Bowl ist längst vergangen. Nur "für mich" im Schneckenhaus dauert dieser Tag an. Die "Sterne" hingegen können länger dauern als mein Dasein auf dieser Welt. Über 100% konzentriertes reines Leben also.

Freut mich,

daß ich zu deinen ersten Adressen im Web gehöre. Was das Schneckenhaus betrifft, so trenne ich ziemlich genau zwischen Blog und realem Leben. Ich glaube, ich schreibe hier nur deshalb so viel, weil ich im echten Leben so wenig von mir preisgebe. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß jemand auf Dauer meine Jammereien und Spinnereien hören möchte. *gg*

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