Wie gelähmt
fühle ich mich zur Zeit. Diese Antriebslosigkeit ist bleiern. Ich wüßte eigentlich tausend Dinge zu tun, jetzt, wo ich endlich mal Zeit habe, tue sie auch ständig in meinem Kopf, aber finde keinen Anlauf, nicht einmal zum Essen. Manchmal, wenn der Hunger zu sehr plagt, stehe ich vor dem geöffneten Kühlschrank und denke mir - das mußt du erst kochen und ein Brot mußt du erst schneiden und schmieren - dann mache ich ihn wieder zu und lutsche ein Halsbonbon, weil ich mich überfordert fühle. Ich hoffe nicht, daß dies die ersten Nebenwirkungen der Antihormontherapie sind und nun fünf Jahre lang so geht. Vielleicht ist es aber auch dieses berühmte Loch, wie es nach starken Belastungen auftritt, wenn die Spannung langsam abfällt. Auch zum Lesen hält der Antrieb, bzw. die Konzentration nicht lange, stattdessen wälze ich lieber schwarze Gedanken. Aber während das früher nur unerfreulich und erdrückend war, kommt nun eine dritte Komponente ins Spiel - die Schuldgefühle. Eine kleine neunmalkluge Stimme in meinem Kopf, die mir ständig sagt: "Na SO wird das nie etwas mit dem Gesundwerden." Eigentlich sollte ich für mich sorgen, mir gesundes Essen kochen und mich mit positiven Dingen beschäftigen. Wie ich es hasse, daß sie es schafft, mir immer noch zusätzlich Angst zu machen. Dabei dürfte es ja auch in Zukunft notwendig werden, sich mit negativen Gefühlen auseinanderzusetzen, denn ganz ohne geht es im Leben leider nicht. Und gerade im Moment fühle ich mich von Ablehnung und Feindseligkeit umzingelt. Es ist seltsam, manchmal weiß ich gar nicht mehr, was ich denken soll und was alles Einbildung ist und was nicht. Vielleicht werde ich langsam paranoid. Wenn man einen Tritt nach dem nächsten erhält, von Menschen, die einem wichtig sind und anderen, die einem egal sind, ist es ab einer bestimmten Frustrationsschwelle kaum noch wichtig, von wem das kommt, dann reicht jede kleine Andeutung, jede falsche Tonlage, um überempfindlich zu reagieren und sich noch mehr wie ein Igel einzurollen. Vielleicht sollte ich mehr Verteidigungslinien aufbauen und einfach alles an mir abprallen lassen. Das ist aber leichter gesagt als getan, vor allem, wenn einem noch nicht einmal die Chance gegeben wird zu erfahren, was man eigentlich verbrochen hat. Gerade dann scheint mir, wenn ich nichts richtig mache, und alles an mir ein Problem ist, sowohl das, was ich bin, als auch das, was ich nur in den Vorstellungen anderer bin, daß das Problem gar nicht bei mir selbst liegt.
zuckerwattewolkenmond - So, 19:35
Meine Erfahrung
Dein Antrieb reicht zum Schreiben aus. Das ist viel.
Dafür
Immerhin ...
Repetition