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Mittwoch, 7. Juni 2006

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Das Rätselhafte ist die schönste Erfahrung, die wir haben können. Sie ist die fundamentale Empfindung, die an der Wiege wahrer Kunst und wahrer Wissenschaft steht. Wer auch immer sie nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, ist so gut wie tot, und seine Augen sind trüb.
(Albert Einstein)

Neues aus dem Krankenhaus

Heute haben sie versucht, ihn aus der Narkose aufzuwecken und die künstliche Beatmung entfernt. Meine Mutter, die im Krankenhaus war, erzählte, dass er ein paar Mal die Augen offen hatte und versucht hätte, was zu sagen. Das ging aber nicht und sie weiß auch nicht, ob er sie wirklich wahrgenommen hat. Er atmet ohne das Beatmungsgerät sehr schwer und kann auch nicht sein eigenes Sekret abhusten, weshalb ihm dieses in Abständen abgepumpt wird. Nachts bekommt er deshalb das Beatmungsgerät wieder angelegt, damit er besser schlafen kann.
Der Arzt meinte, dass das Schlimmste überstanden und Land in Sicht wäre. Es sieht also beinahe aus, als würde er das wirklich überstehen. Und es ist unglaublich, zumal ja viel jüngere Menschen als er an einer Blutvergiftung sterben, bei einer Überlebenschance von 8 Prozent.
Ich erinnere mich noch sehr gut an den Vater eines Klassenkameraden, der an einer Sepsis starb, die durch einen Schnitt beim Rasenmähen in den Zeh entstanden war. Und der war damals halb so alt wie heute mein Vater mit 76. Trotzdem will ich mir nicht allzu sicher sein, denn ich glaube, das Wochenende wird nochmal kritisch. Sollte ich die Gene meines Vaters geerbt haben, und einige davon wohl auf jeden Fall, habe ich wohl gute Aussichten hart wie Kruppstahl und zäh wie Leder zu sein, genauso eigensinnig bin ich ja schon.

Meine Mutter verfällt direkt in Hektik, weil sie, solange er noch nicht wieder da ist, das ganze Schlafzimmer ausmisten und nun sogar noch renovieren lassen möchte, damit es auch ein Arzt betreten kann, wenn das notwendig werden sollte. Sie hat tatsächlich auch schon alte Bücher weggeschmissen, was undenkbar wäre mit meinem Vater im Haus. Aber ich schätze, wenn er wieder zu Hause ist, wird er wohl andere Sorgen haben, als sich darüber aufzuregen, falls er das Zeug überhaupt vermisst, denn das meiste hortet er ja nur in irgendwelchen Bergen, wo er selbst nicht mehr rankommt und auch nicht mehr rangeht. Mich hat meine Mutter beauftragt, ihr so einen Asia-Lampion zu bestellen, wie ich ihn für mein kleines Zimmer neu gekauft habe. Meine Bruder musste dagegen schon mehrere Kisten Plunder in den Keller schleppen.
Bleibt zu hoffen, dass mein Vater nach diesem "Denkzettel" endlich so einsichtig ist, wenn er wieder dazu in der Lage ist, ein paar Dinge mit meiner Mutter zu regeln und ihr auch entsprechende Vollmachten zu geben.

Die Geschichte, die NICHT "Schatten der Vergangenheit" heißt - Teil 12

Donner grollte in der Ferne, als ich den Tapetenleim in Wasser anrührte. Nachdenklich starrte ich aus den trüben Fenstern. Zwei Stunden Zeit, bis der Kleister anwendungsbereit ist.
Ich dachte an Robert, ich wusste nicht wieso. Hatte ich nicht andere Probleme? Unmerklich versank ich in einem düster-gleißenden Tagtraum, der glutrotes Feuer in meinen Gedanken hinterließ. Ein heftiger Donnerschlag ließ mich hochschrecken. Das Püppchen auf der Fensterbank zuckte erschrocken auf im Leuchten, welches sekundenlang das Fenster erhellte.
Ich musste lächeln. Hatte es nicht Ähnlichkeit mit Robert? Na ja, Robert schaute nicht so überrascht in die Welt. Und sicherlich hatte er keine Angst vor Gewittern. Oder doch? Was wusste ich eigentlich über ihn? Aber war das nicht egal? Ich hatte noch jede Menge Zeit, alles über ihn herauszufinden. Dieser Gedanke überraschte mich selbst ein wenig, denn ich hatte ihn nicht bewusst gedacht. Anscheinend war in mir schon etwas entschieden, was ich selbst noch nicht wusste. Erst gestern wollte ich ihn nie mehr in meinem ganzen Leben wiedersehen.
Und genau jetzt wäre die Gelegenheit, einen vollkommen entspannten Nachmittag mit ihm zu verbringen. Einfach alles hier stehen und liegen zu lassen und mein Herz zu renovieren.
Ich lachte über den Einfall und glaubte in ihm einen gut bekannten Arbeitsfluchtreflex zu erkennen. Klar, alles war besser, als das, was mir noch bevor stand. Doch je eher ich anfing, um so eher hatte ich es hinter mir. Entschlossen verfügte ich, dass das Püppchen ab heute Robert heißen solle.

Während ich begann, lustlos, aber konzentriert die Wände auszumessen und die Maße auf die Tapetenbahn zu übertragen, bemerkte ich, dass der Fleck auf dem Teppich dunkler geworden war. Vollkommen stoisch nahm ich das zur Kenntnis, denn inzwischen war sowieso sicher, dass auch ein neuer Teppich gebraucht würde. Doch fast nebensächlich dachte ich darüber nach, dass der Fleck eigentlich hätte heller werden müssen, wenn die Feuchtigkeit getrocknet ist. War doch so, oder? Was feucht ist, erscheint dunkler. Müde winkte ich ab. Warum mir über Physik den Kopf zerbrechen - Fleck bleibt Fleck.

Nachdem ich genügend Tapetenbahnen zugeschnitten hatte, war es endlich soweit, mit dem Kleben zu beginnen. Gut eingekleistert und eingeweicht wickelte ich die Raufaserbahnen um meine Finger und pappte sie elegant von der Deckenkante bis hinab zur Scheuerleiste an die Wand. Mit einer festen Bürste zog ich nach, bis jede Kante akkurat saß. Und vollkommen beschmiert und beschmaddert begutachtete ich schließlich das Ergebnis. Für heute hatte ich genug. Das musste nun erst mal trocknen.

Ich beseitigte die Überreste meiner Kleisterschlacht und genehmigte mir eine heiße Dusche.
Grünteeduftend in einen kuscheligen Bademantel gehüllt, machte ich es mir gleich darauf in der Küche bequem, wo mein Notebook schon auf mich wartete. Vorsichtig nippte ich ein bisschen am heißen Kakao, begann einen neuen Streifzug durch die Blogosphäre.
Doch was war das? Ich musste zweimal hinschauen, denn ich wollte es nicht glauben. Einer meiner Lieblingsblogs fehlte. War im endlosen Datennirwana verschwunden. Nur eine höhnische Startseite glotzte mich an. "Wie scheußlich!" sage ich zu mir selbst, "Ich sollte wieder anfangen täglich Zeitung zu lesen statt Blogs. Die verschwinden wenigstens nicht plötzlich, wenn man sich an sie gewöhnt hat."

Nichts neues aus dem Krankenhaus

Noch immer alles unverändert. Diese Warterei nervt. Obwohl man andererseits auch das Gefühl hat, sich auf alle Eventualitäten vorbereiten zu können. Aber ich glaube, das täuscht. Man hängt einfach in der Luft und schwankt zwischen Hoffen und Bangen.