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Sonntag, 2. September 2007

Über Otto Kokoschka, Maler:

Kokoschka sei verrückt geworden - hieß es - er lebe nun mit einer Puppe zusammen. In der Tat hatte er bereits im Sommer 1918 bei der angesehenen Münchener Puppenmacherin Hermine Moos eine lebensgroße Puppe in Auftrag gegeben. Mit zahlreichen Detailzeichnungen hatte er die Schneiderin über das Aussehen des Fetischs instruiert. "Bitte machen Sie es dem Tastgefühl möglich, sich an den Stellen zu erfreuen, wo die Fett- und Muskelschichten plötzlich einer sehnigen Hautdecke weichen", wies er sie an: "Es handelt sich mir um ein Erlebnis, das ich umarmen muß!" Als die Puppe Ende Februar 1919 bei Kokoschka in Dresden eintraf, war die Enttäuschung groß, vergeblich versuchte er in dem Gegenstand aus Stoff und Holzwolle seine Alma Mahler zu erkennen. "Die äußere Hülle ist ein Eisbärenfell, das für eine Nachahmung eines zottigen Bettvorlegerbären geeignet wäre, aber nie für die Geschmeidigkeit und Sanftheit einer Weiberhaut", wie er Hermine Moos vorhielt. Die Puppe war verständlicherweise nicht geeignet, Kokoschkas sexuelle Bedürfnisse zu erfüllen. Nichtsdestoweniger verewigte er "Die stille Frau", wie die misslungene Kopie nun hieß, in zahlreichen Tuschezeichnungen und Gemälden. Er kleidete sie in teure Kostüme und Dessous aus den besten Pariser Modesalons und ließ über seine Kammerzofe das Gerücht verbreiten, er habe einen Fiaker gemietet, "um sie an sonnigen Tagen ins Freie zu fahren, eine Loge in der Oper, um sie herzuzeigen". Die Geschichte fand ein plötzliches Ende, als Kokoschka der Puppe bei einem Gartenfest im Rausch den Kopf abhackte und eine Flasche Rotwein darüber zerschlug. Mit der Ermordung der "stillen Frau" hoffte er offenbar, Alma in sich überwinden zu können. "Früh am nächsten Morgen, als das wilde Fest fast vergessen war, schellte die Polizei am Haustor. Die Schupos hatten einen dringenden Verdacht zu klären: Man habe gemeldet, im Garten liege eine Leiche." Als Kokoschka da Missverständnis aufgeklärt hatte, entsorgte die Müllabfuhr die Reste einer exaltierten Beziehung.
(aus: "Witwe im Wahn" von Oliver Hilmes)

Jemandem die Glatze polieren

Ich stehe in einer Schlange hinter einem Skin. Auf einer Seite seiner Glatze sprießen an einer kleinen Stelle ein paar stoppelige Härchen. Irgendwie stören mich diese, weshalb ich Sandpapier nehme und damit beginne, seine Kopfhaut zu schmirgeln, sorgfältig und konzentriert, bis sie an dieser Stelle völlig glatt geschmirgelt ist. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob er nicht vielleicht etwas merkt, aber er bekommt überhaupt nichts mit und ist sowieso betrunken. Er dreht sich sogar um, und sagt etwas über seine sprießenden Haare, was nur den Schluß zuläßt, dass er wirklich nichts mitbekommen hat oder aber den oberflächlichen Anschein machen will, er bekomme nichts mit, durch diese übertriebene Form mir aber trotzdem einen versteckten Hinweis geben will, dass er doch was gemerkt hat.