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Montag, 13. Juli 2015

Sorgen ohne Ende

Eigentlich dachte ich ja, wenn ich die OP hinter mir habe, kann ich erstmal Luft holen und wieder etwas zur Ruhe kommen, aber das war wohl ein Irrtum. Die nächsten drei Wochen sind voller Termine, Ärzte und Handwerker. Donnerstag soll ich zur Knochenszintigrafie und Freitag mal wieder bis nach Charlottenburg zum Bauchraum-MRT. Und jedesmal, wenn ich auf die Brust gucke, mache ich mir neue Sorgen. Ich wußte schon, warum ich es so lange wie möglich vermieden habe. Gestern versuchte ich mal ein bißchen zu hüpfen, das tat aber weh, so daß die meisten Choreografien, die ich sonst so übe, wegfallen. Stattdessen dachte ich mir selbst eine aus, die Spaß macht, aber Hüpfen und viel Arm weglässt. Die mußte ich natürlich üben und ich übte so viel, bis ich völlig verschwitzt war, was ich ja eigentlich ebenfalls vermeiden wollte. Beim Duschen schaute ich mir die Brust mal genauer an und die Form war jetzt sehr viel besser, allerdings mußte ich heute feststellen, daß dies nur am Wasser in der Brust lag, welches vorhin punktiert wurde und das sich schön gleichmäßig auch auf die flache Seite verteilte. Die Brust war zwar doppelt so groß und fühlte sich an, als würde sie jeden Moment explodieren, aber von der Form war es ok. Dafür sah aber gestern die Brustwarze sehr eigenartig aus, ganz blutunterlaufen und schorfig. Sie sah eigentlich so aus, als könne man sie selbst wie Schorf wegkratzen. Nun ist es bei diesen OPs so, daß die Brustwarze schon mal absterben und abfallen kann. Es gibt zwar irgendein Verfahren, mit welchem das Risiko vermindert wird, aber das wurde bei mir wohl nicht angewendet, zumindest weiß ich nichts davon. Natürlich bekam ich gleich einen Schreck, aber beim Nachsorgetermin vorhin schien die Ärztin nicht beunruhigt und meinte, die sei nur ein bißchen verschorft und erhole sich wieder. Na gut, ich war erst mal erleichtert, wenn auch trotzdem nicht ganz unbesorgt. Dann fragte ich die Ärztin, ob denn die Schwellung bald wieder weggehe, wobei ich auf ausgebeulte innere Seite der Brust zeigte. Die Ärztin schaute irritiert und meinte, das sei keine Schwellung, sondern das Implantat. Öhm... Ich hoffe ja immer noch, daß das alles nur eine Schwellung ist und das Implantat irgendwann flach in der ganzen Brust liegt, schließlich ist die Brust jetzt auch ohne Wasser etwas größer als die andere und ich kann mir nicht vorstellen, daß dies beabsichtigt ist. Ich hab in der letzten Nacht das erste Mal auf der linken Seite gelegen in der Hoffnung, daß das Implantat dann etwas in die Mitte rutscht, scheint aber nicht viel zu helfen. Das Implantat steht wie eine Eins irgendwo neben der Brustwarze, also falls das alles nicht doch nur eine Schwellung ist, hoffentlich. Bei diesen ganzen Aufregungen wegen der Brust denke ich immer noch manchmal, vielleicht wäre es doch besser, alles wegmachen zu lassen auf beiden Seiten. Denn dann ist es einfach nur flach und ich muß mir keine Sorgen mehr machen, ob die Brustwarze nach rechts oder links schaut, Beulen drin sind oder die eine Brust anders als die andere aussieht. Dann ist halt alles flach und die Narben kann man übertätowieren. Und wozu schleppe ich meine Problembären eigentlich noch mit mir herum? Männer schauen mich eh nicht mehr an, für die bin ich schon viel zu alt. Wenn ich früher auf die Straße gegangen bin, gab es Aufmerksamkeit, wenn ich heute auf die Straße gehe, registriert man mich nicht einmal mehr, wenn ich an einer Baustelle vorüberlaufe. Nicht daß mich das sehr stören würde, früher hat es mich eher genervt, doch wenn man für Männer sowieso nur noch Luft ist, helfen auch keine Brüste mehr, außer sie sind medizinballgroß, und darauf kann ich verzichten. Mit Kindersegen habe ich wohl ebenfalls nicht mehr zu rechnen. Und falls ich jemals in meinem Leben noch einmal die Lust und die Muße habe, einen Roman zu schreiben, dann weiß ich auch schon, wie der erste Satz lauten wird: "Ich hatte perfekte Brüste."

Krankenhausentlassung

Das Krankenhaus hat riesige Schlafsäle, in denen die Patienten wie Kraut und Rüben herumliegen. Erinnert ein wenig an Lazarette in Kriegszeiten. Mit mir im Krankenhaus befindet sich Armin Rohde, der meine Füße massiert, was sehr angenehm ist. Eine andere, etwas blasse Patientin kommt zu mir und sagt, daß ich heute entlassen werde. Ich frage, von wem sie das gehört hätte, aber sie meint nur, daß sie es weiß. Tatsächlich soll ich entlassen werden, weshalb ich mich jetzt anziehen muß. Ich wähle ein ärmelloses, weißes Oberteil mit langen Fransen, dessen Säume goldfarben eingefaßt sind. Es hat einen Rückenreißverschluß, den ich nicht ganz geschlossen bekomme, weshalb ich eine andere Patientin bitte, mir zu helfen. Das tut sie und sagt, ich sähe aus, wie aus dem Raumschiff Enterprise, was wohl als Kompliment gemeint ist. Am Eingang des Krankenhauses höre ich die Stimme meiner Mutter. Sie ist es wirklich und ich wundere mich, was sie hier macht, denn sie weiß nichts von meinem Krankenhausaufenthalt. Seltsamerweise trägt sie einen Krankenhausnachthemd. Sie wird doch nicht als Patientin hier sein? Jedenfalls verstecke ich mich erstmal, bevor ich schließlich das Krankenhaus verlasse. In einem Bett in der Ecke liegt meine Mutter und schläft. Ihre Nase sieht irgendwie seltsam dünn und rot aus.

Der Traumdeuter meint dazu:
"Verläßt man ein Krankenhaus, deutet das auf eine persönliche Reifung hin, durch die man nach einer Phase der seelischen Not selbständiger und unabhängiger geworden ist."

So langsam reicht es dann aber auch mit den Reifungen.