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Die (weiterhin) namenlose Geschichte - Teil 24

Von einer angenehmen neuen Munterkeit überwältigt kam ich zu Hause an, nachdem ich mich vorher schon von Robert verabschiedet und seinen Vorschlag, mich heim zu fahren, abgelehnt hatte. Wir einigten uns aber darauf, dass er mich am nächsten Samstag von zu Hause abholen und zum Ball auf der Taubeninsel bringen würde. Als ich das Zimmer betrat, erschrak ich, denn auf der nun grau im Halbdunkel der Nacht vor mir liegenden frischgestrichenen Wand gewahrte ich etwas dunkles, was dort wie ein Schatten klebte. Nervös betätigte ich den Lichtschalter und trat näher an die Wand heran, ohne das Ding gleich einordnen zu können. Nach einem kurzem Moment erkannte ich, dass es sich einfach nur um einen schwarzen Fleck handelte, an eben derselben Stelle, wo sich das Puppenversteck befunden hatte. Öliger Staub benetzte meine Fingerspitze, als ich darüber strich. Doch die Tatsache, dass es sich nur um einen Fleck handelte, beruhigte mich keineswegs, wie meine getreuen Leser mir sicherlich nachempfinden können, denn es war mir ein Rätsel, wie dieser entstanden sein konnte. Ich hatte allen Staub von der Wand entfernt und jede Ritze zugespachtelt. Völlig unmöglich, dafür eine Erklärung zu finden. Auch der Fleck auf dem Teppich war wieder dunkler und auch etwas größer geworden, nun fast schwarz. Obwohl sich ein leiser, stiller Ärger über das Zuschanden machen aller Arbeit und Bemühungen in meinem Herzen rührte, überwog doch ein seltsamer Schrecken. Krampfhaft versuchte ich eine ganze Weile, nicht mehr auf diese Stelle an der Wand zu schauen, doch je mehr ich es versuchte, um so mehr musste ich daran denken und bald konnte ich gar nicht anders, als genau dorthin zu starren. Deshalb hielt ich kurzerhand nochmals einen breiten Malerpinsel in meiner zittrigen Hand und übertünchte in großzügig aufgetragenen Bahnen den mysteriösen Fleck. Nun lag die Wand in neuerlicher jungfräulicher Weiße vor mir. Ich spülte die letzten Farbreste von meinen Händen und die Schweißperlen von meiner Stirn, dann begab ich mich zur Ruhe. Ein orangeroter Vollmond, der am Himmel wie ein würziger Käse in einer gigantischen Mausefalle hing, schaute zum Fenster herein und legte eine perlende Lichtspur quer in den Raum. Ihr folgte ich bis hinein in das Herz des Universums, wo ich tanzend die Leere fing und funkelnde Sterne daraus formte.

Durch die glitzernde Schwärze schwebte langsam ein Gesicht heran. Ich kannte es. Ich wusste, ich hatte es schon einmal gesehen. Es war böse und grausam. Vielleicht das Gesicht eines Kriegers, doch durch das lange, wallende Haar hindurch sah ich kleine Perlenohrringe blitzen. Es scheint zu mir zu sprechen, seine Lippen bewegen sich und wiederholen immer wieder dieselben Worte. "Sophie Alexejewna" hallt es lautlos in meinem Kopf, ohne Unterlass, bis ich die Augen öffne. „Sophie Alexejewna“ sage ich und warte.

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