Alien
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Raubtierrangeleien

Während ich in den letzten Tagen apathisch herumlag - ja, ja. das ist der typische Krankheitsverlauf bei mir: erst euphorisch (Endlich ein Schnupfen, endlich was los, juhuuu!) werde ich, sobald die Krankheit länger als zwei bis allerhöchstens drei Tage dauert, total unleidlich und genervt - und auch das Lesen wegen der Kopfschmerzen nicht mehr möglich war, kamen wieder jede Menge Erinnerungen, besonders an meine Katze. Irgendwie muß man sich ja warme Gedanken machen. Hatte ich schon erzählt, wie ich mit ihr immer Fangen gespielt habe? Ich mußte sie nur anschauen und sagen: "Fang mich doch!", dann stellte sie sofort die Ohren auf und bekam diesen starren Blick, den ich bei keinem Tiger in meiner Nähe jemals sehen möchte. Sie fixierte mich, sabberte vor sich hin und begann sich gaaanz gaanz langsam anzuschleichen, während ich scheinbar arglos herumhüpfte. Irgendwann kam sie mit einem großen Satz unter dem Sofa hervorgesprungen, jagte mir hinterher und hängte sich mit Krallen und Zähnen in mein Bein. Und ihre spitzen Zähne bohrte sie wirklich richtig tief. Meine Mutter rief immer nur: "Oh, oh, oh...ich kann gar nicht hingucken...oh, oh, oh." Wahrscheinlich weil es aussah, als würde ich bei lebendigem Leib zerfleischt. Wenn ich dabei laut "aua aua" jammerte, ließ sie, wenn auch zögernd und widerwillig, wieder los. Wollte ich nicht mehr weiterspielen, mußte ich nun sehr langsam und normal gehen, wobei sie mir trotzdem noch gerne in meinen Fersen hing. Hatte sie endlich verstanden, daß das Spiel vorbei ist, sabberte sie mir noch bedauernd hinterher und trollte sich von dannen. Mit dem Schlappohr-Schäferhund meiner damaligen Spielfreundin dagegen spielte ich nicht Fangen, sondern Verstecken. Ich versteckte mich im Park irgendwo hinter einem Baum und meine Freundin wies ihn an, mich zu suchen. Wie zu erwarten fand er mich jedes Mal und freute sich tierisch dabei, immerhin ohne mich zu beißen. Übrigens war meine Katze ganz heiß auf das Hundefutter von ihm, während er lieber die Schulstullen meiner Freundin fraß. So war jeder glücklich.

Raubtiere haben ja manchmal seltsame Angewohnheiten, vor allem wenn sie eigentlich nachtaktiv sind. Bei meiner Katze war es so, daß sie abends mit mir zu Bett ging, indem sie sich stets genau in die Kuhle hinter meinen Knien zusammenrollte. Als natürlicher Beinwärmer sozusagen. Doch mitten in der Nacht wurde ich nicht all zu selten wach, weil sie buchstäblich die Wände hinauflief. Man hörte immer nur - krawumm (mit allen Vieren gegen die Wand) -trappel trappel trappel - krawumm (mit allen Vieren gegen die Schranktüre) - trappel trappel trappel - wumms wumms wumms (längs über mich hinweggetrampelt) - trappel trappel trappel (über Tisch und Fensterbank) - und so ging es dann stets rundherum durchs Zimmer. Wenn man früh erwachte lag sie jedoch dösend und unschuldig zwinkernd auf dem Bett, als wäre nie irgendetwas gewesen. Und wie alle Katzen mochte sie natürlich meine Pantoffel. Erst hockte sie davor und starrte hinein, wohl in der Hoffnung, da kommt eine Maus raus. Wenn sich nichts tat, fuhrwerkte sie mit ihren Pfoten drin herum und wenn sie dann immer noch nichts fand, verbiß und krallte sie sich einfach in den ganzen Pantoffel. Es war nicht so leicht, den Pantoffel wieder zu befreien. Für die Sonntage dachte sie sich etwas ganz besonderes aus, denn da konnte ich länger schlafen und das langweilte sie wohl. Also begann sie meine Zehen unter der Bettdecke zu jagen. Und es war wirklich kein Vergnügen, wenn sie schließlich einen Zeh zu fassen bekam! Was habe ich sonntags manchmal geflucht, wenn ich mit einem Zeh zwischen ihren Zähnen und den Krallen in meinem Fuß aufgewacht bin! Ja, mit so einem Raubtier in der Wohnung, da geht die Post ab, da fliegen die Fetzen!

Aber meine Mieze konnte auch anders. Wenn ich geweint habe zum Beispiel, dann kam sie immer an und fing an meine Haare zu lecken. Das war natürlich ein schwieriges Unterfangen, da meine Haare ja viel länger waren als ihre, weshalb sie sich darin heillos verwirrte, schnaubte, prustete und sich schüttelte, aber in ihren Bemühungen nicht nachließ, so daß ich meistens ziemlich schnell wieder lachen mußte. Solche Erinnerungen sind unbezahlbar.

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