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Romanfragment und eine andere Form von Liebe

Aus unbestimmten Gründen fällt mir ein altes, von mir begonnenes Romanfragment ein, welches noch irgendwo in einer Schublade herumliegt, allerdings bin ich mir selbst im Traum nicht sicher, ob dieses tatsächlich existiert oder das nicht eher eine Erinnerung an die Zukunft ist. In diesem Romanfragment kommen Erzählungen aus unserer Familie über Begebenheiten im zweiten Weltkrieg vor und mir wird mit einem Mal klar, daß ich etwas machen möchte, das mich wirklich angeht und berührt. Komödiantische Thriller haben zwar auch ihre Berechtigung, aber auf mich üben sie, zumindest zur Zeit, keine tiefere Anziehung mehr aus. Gleichzeitig kommt mir der Gedanke, oder besser gesagt die Erkenntnis, daß Kritik, insbesondere an den Vorgängen in der Gesellschaft, so lange sie nicht fanatisch oder aus Selbstzweck geschieht, eine sehr reine und reale Form der Liebe ist, die sich wohltuend von der distanzierten und unberührbaren Liebe spiritueller Gurus abhebt.


Ich arbeite mich gerade recht mühsam durch den dicken Wälzer von "Hitlers Tischgespräche" aus dem Nachlaß meines Vaters. Natürlich könnte ich es auch sein lassen, aber dazu bin ich doch zu geschichtsinteressiert. Letztens stolperte ich über eine aufgezeichnete Äußerung vom "Chef", der darin sinngemäß sagt, daß der Krieg doch viel Gutes für die Künstler bewirke, denn erst auf dem Schlachtfeld würden sie so richtig heranreifen. Was von Künstlern, die er aus dem Kriegsdienst zurückgeholt habe, an Selbsterlebtem dargestellt werde, gehöre zu dem Wertvollsten der Gegenwartskunst. Dabei mußte ich sofort an den Onkel meiner Mutter denken, der Künstler war und im Kriegsdienst gefallen ist, allerdings nicht bevor er noch die Zeichnung eines Schlachtfeldes nach Hause geschickt hatte. Diese Zeichnung ist verloren gegangen. Mein Großvater väterlicherseits war zwar beruflich kein Künstler, schrieb aber Gedichte, spielte Klavier und leitete einen Chor. Er ist vor Stalingrad in Kriegsgefangenschaft geraten und nach dem Krieg nach Hause zurückgekehrt, wo er seine Erlebnisse aufschrieb über die er sonst nie sprach. Auch seine Aufzeichnungen sind anscheinend verschollen. Nun ist die Familie meiner Mutter beim Kriegsende ausgebombt worden, so daß es durchaus sein kann, daß die Zeichnung damals ebenfalls vernichtet wurde, so wie es keine alten Fotos aus dieser Familienlinie mehr gibt. Und ich fragte mich, was all diese Künstler im Geiste, von denen es sicher noch viel mehr gab, die all das zeichneten und aufschrieben, was sie erlebten, wohl dazu gesagt hätten, daß ihre Dokumente wie durch Zufall im Laufe der Zeit verloren gehen, wobei man manchmal den Eindruck bekommt, daß der Zufall gar nicht so zufällig ist, sondern Ausdruck der inneren Ablehnung engerer und "involvierter" Angehöriger ist, sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen.
Iggy - Mo, 17:49

egal, ob's nun geträumt

oder real in einer schublade liegt - mach es! da du ja wohl die einzige bist, die das interessiert, wird deine vorstellung davon alles zum leben erwecken. auch wenn du anderen leuten auf die hände trittst. ;-)

Wenn es

niemanden interessiert, ist ja eigentlich auch gar keiner da, dem ich auf Hände oder Füße treten kann. Wobei ich nicht wirklich weiß, was ich machen möchte, außer daß ich mich gerne wieder von einem Thema richtig begeistern und mitreißen lassen würde. Der Traum könnte ein Hinweis sein oder auch nicht. Ich weiß es nicht. Bin etwas verwirrt. ;o)
Namesi (Gast) - Sa, 23:48

Vielleicht ist es ja vermessen für unsereins, über vergangene Zeiten zu schreiben, die nicht sehr weit zurück liegen, sondern noch für unsere Eltern und Großeltern Gegenwart waren. Es sei denn, es liegen Zeitzeugnisse von Personen vor, die man gekannt hat oder die einem durch Familienerzählung bekannt geworden sind. In deinem Fall sind diese Zeitzeugnisse wohl verschwunden. Du kannst ihren Inhalt nur erahnen, was es dir schwierig machen würde, darüber zu schreiben. Andererseits könnte dein Nachdenken über eine Familienvergangenheit einfach nur "storybegründend" sein. Dunkel kann ich mich an eine Äußerung von Reich Ranicki erinnern, in der er beklagt, dass die heutigen Autoren oft nur über selbst Erlebtes, Familienerzähltes schreiben. Ihm fehle hier, so meine Erinnerung, die Fantasie, das sich selbst Ausgedachte. So gesehen könnten natürlich deine Ahnungen, das überlieferte Wissen über im Nichts verschwundene Vorfahren verbunden mit deiner Einbildungskraft Grundlage für einen Roman sein. Allerdings finde ich, dass über die Zeit des ersten und zweiten Weltkrieges alles gesagt ist mit Remarques Büchern "Im Westen nichts Neues", "Der Weg zurück" und "Zeit zu leben und Zeit zu sterben".

Ich selbst

hatte ja auch niemals vor, irgendeinen Roman über den Weltkrieg zu schreiben, weil ich das genauso sehe. Aber der Traum ist anscheinend anderer Meinung. Eigentlich wollte ich nur gerne, ohne daß da schon etwas weit gereift wäre, die eine oder andere Familiengeschichte in einer darum herum erfundenen Story verwenden und es sollte keineswegs ein anspruchsvoller politischer und historischer Schinken werden.
Namesi (Gast) - Di, 08:13

Na, dann bin ich ja beruhigt. :o)

Wobei,

wenn ich es doch tun würde, wäre es ja meine Sache, es muß niemand das lesen und interessiert ja auch keinen. ;o)

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