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Katastrophensurfen

ist zwar nichts, was mir besonders viel Spaß macht und das ich jetzt ständig tun möchte, aber wie alles im Leben können sogar existenzerschütternde Ereignisse durchaus zu positiven Dingen führen, wie zum Beispiel mehr Gelassenheit. In der Küche blieb ich heute mit einer Assiette überbackenen Fischs (der in flüssigem Fett schwamm) hängen, die Assiette federte wie ein von einem Bogen abgeschossener Pfeil und der Fisch einschließlich Soße schoß in hohem Bogen durch die gesamte Küche und auf meine Hose. In der ersten Schreckensekunde spürte ich einen nahenden Nervenzusammenbruch, doch dann lachte ich nur und sagte mir: "Nee, DARÜBER regst du dich jetzt nicht auf.". Meine Küche ist sowieso seit fünf Jahren eine stillgelegte Baustelle, jetzt halt eine Baustelle mit Fischsoße drüber. Dafür konnte aber endlich im Wohnzimmer zusammengeführt werden, was zusammengehört. Montag bekam ich zum neuen Fernseher ein passendes TV-Regal und Säulenregal. Da beide nicht besonders groß sind und auch leicht zusammenzuschrauben, dachte ich mir nichts dabei, als ich genau dies am Montag tat. Allerdings hatte ich nicht mit meinem körperlichen Zustand gerechnet. Nachdem ich fertig war, war mir mal wieder richtig fies übel und ich fiel wie tot ins Bett. Am nächsten Tag war ich immer noch total am Ende, gestern weiterhin fertig und heute fühle ich mich auch noch fertig, aber ich schätze, das kann nicht mehr an den Regalen liegen. Irgendwie verfalle ich bei solchen Beeinträchtigungen immer in leichte Panik. Krank- oder Altsein ist einfach nichts für Widdermond und Löwe-Mars/Sonne/Aszendent. Ich mein, der Löweanteil ist ja gerne und auch ausgiebig mal faul, aber wenn es dann an das Jagen geht, dann bitte mit voller Power und nicht mit Ächzen und mit Stöhnen. Na jedenfalls habe ich mich heute wieder halbwegs danach gefühlt, die Regale ganz vorsichtig einzuräumen, das überfüllte Bücherregal etwas zu lichten und dabei Ludwig und Elisabeth zusammengeführt. Warum bin ich darauf nicht eher gekommen?

Regal
g a g a - Fr, 20:30

Die teuren gebundenen Bücher sind aber auch schwer und anstrengend einzuräumen. Das geht bestimmt bald wieder leichter. Aber jetzt ist noch Schonzeit! Die kleinen Verteidigungs-Truppen sind noch an der Front und können sich nicht zerteilen. Regale basteln kommt später dran. Aber ich verstehe natürlich den Tatendrang. Als ich mir einmal das Handgelenk zertöppert habe und der ganze rechte Arm vom Handteller bis zur Schulter eingegipst war, wollte ich unbedingt mit der von der Freundin geliehenen Elektrosäge ein Brett zurechtsägen. Hab ich dann mit links gemacht. Keine Ahnung wie. War mir selber unheimlich und saumäßig anstrengend. Um nicht zu sagen gefährlich, mit der Variante zu sägendes Brett irgendwie zwischen die Knie geklemmt und mit linker Hand rotierende, kreischende Säge ins Brett gedrückt. Und nur weil ich gerade eingezogen war und unbedingt das Ergebnis von meiner (in keinster Weise eiligen) Einrichtungs-Idee sehen wollte. Na ja. Wem erzähle ich das ;-)

Wirklich,

das kommt mir eigenartig bekannt vor. (Wobei ich noch nie mit links gesägt habe.) Aber bei mir ist es auch so, daß ich eine Motivation oder einen Antrieb sofort ausnutzen muß, egal ob es Zeit hat oder nicht, weil ich etwas später schon wieder bei ganz anderen Ideen oder Aufgaben bin und genau zu diesem ersten keine Lust mehr habe. Das führt dazu, daß es dann viel länger dauert, unangenehmer auszuführen ist oder gar jahrelang liegen bleibt. Ich glaube, das habe ich von meiner Mutter, denn ich erinnere mich noch gut an die Begebenheit, als ich nachts um ca. 3-4 Uhr auf Toilette mußte, und meine Mutter im Nachthemd mit Farbtopf und Pinsel Stühle streichend vorfand. Sie hatte sich anscheinend erst hingelegt, aber gemerkt, daß sie genau jetzt unbedingt diese Stühle streichen mußte. Mein Vater hatte das ebenfalls mitbekommen und noch monatelang gewisse Gesten gegen den Kopf vollführt, die wohl ihre geistige Zurechnungsfähigkeit in Frage stellen sollten. Aber genau sowas habe ich ebenfalls drauf, wenn es mich wirklich richtig gepackt hat, und ich muß sagen, ich empfinde diesen Antrieb, gewisse Sachen jetzt zu erledigen, unabhängig davon, ob es der richtige Zeitpunkt ist, als ein gutes Zeichen, denn die Jahre zuvor war ich ständig auch ohne Behandlungen vollkommen fertig und habe überhaupt nichts mehr richtig auf die Reihe bekommen, und konnte auch nichts wirklich anpacken. Jetzt bin ich zwar ebenfalls fertig, aber irgendwie ist es anders, der Grundmotor brummt wieder.
g a g a - Fr, 22:55

Schön. Solchen Impulsen nachzugehen ist angemessene Entfaltung. Man ist dann auch sehr effizient und nutzt den flow aus. Deshalb war es auch richtig mit links zu sägen (ich hatte da allerdings schon ein paar Tage Zeit gehabt, mich nach der Operation an Links-Aktionismus zu gewöhnen, entscheidende Synapsen waren bereits gebildet. Die sind auch immer noch da. Seither bin ich ich viel weniger Rechtshänder als vorher. Beinah ausgeglichen. Interessante Erfahrung). Es ist überhaupt gut für die Choreographie des Lebens, sich nach dem Rückenwind zu richten. Dieses "Ja", "jetzt" identifizieren. Egal ob mitten in der Nacht oder in der Rekonvaleszenz. Inneren Kraftschub nutzen. Es nützt ja auch nichts, sich zu körperlicher Aktion zu drängen, wenn der innere Impuls fehlt, nur weil man gerade physisch oben auf ist. Dann ist man vielleicht gerade lustlos. Ist in der Summe nicht effizienter als die Verbindung von körperlich leicht lädiert aber inspiriert.

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