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Ausflug zum Jüdischen Friedhof

Nachdem ich heute endlich dem Kopfgefängnis entwichen bin und dieser wieder frei ist, nutzte ich das für einen kleinen Ausflug zum Jüdischen Friedhof. Vor dem Tor um 14 Uhr dachte ich bei mir, länger als zwei Stunden habe ich sowieso nicht vor, auf dem Friedhof zu bleiben, zumal er im Winter um 16 Uhr schließt. Ich schlenderte hierhin, schlenderte dorthin, anfangs schaute ich noch ständig auf die Uhr, aber jedesmal zeigte sie mehr als anderthalb Stunden an, so daß ich irgendwann aufhörte auf die Uhr zu schauen und immer tiefer in das Gelände vordrang - der Friedhof ist wirklich groß - , mit dem Gedanken, ich hätte ja sooo viel Zeit. Ich fotografierte und fotografierte und fotografierte. Dabei stellte ich fest, daß meine Kamera anscheinend einen kleinen Schaden genommen hat, als ich sie letztens fallen ließ. Sie stellt nur noch scharf, wenn sie gerade lustig ist. Irgendwie habe ich aber keine Lust, mir eine neue zu kaufen, selbst wenn sie, in Technologiezeitaltern gerechnet, mindestens der Bronzezeit zugehört, denn sie hat mir im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirklich gute Dienste geleistet. Schließlich, ganz genau am anderen Ende des Friedhofs, dort wo schon der Mont Klamott zu sehen ist, hatte ich zwar immer noch das Gefühl, als sei es erst eine halbe Stunde später, blickte aber zufällig in einer spontanen Eingebung trotzdem auf die Uhr und erstarrte fast zu Stein, als sie 8 Minuten vor 16 Uhr anzeigte! Ach herrjeh! Die Zeit, um mich zu fragen, wo die anderthalb Stunden geblieben waren, hatte ich nicht mehr, obwohl ich gerade in diesem Moment gerne darüber räsoniert hätte. Stattdessen legte ich mein schnellstes Tempo vor, aus Pietätsgründen natürlich ohne zu rennen (seltsam, daß ich sogar lieber auf dem Friedhof übernachtet hätte als zu rennen), um wieder genau an die andere Seite des Geländes zum Ausgang zu gelangen. Das war nicht zu schaffen, klar, aber als ich einige Minuten nach 16 Uhr am Ausgangstor ankam, befand sich dort außer mir auch ein Mann, der sich gerade die Hände wusch und mich mit den Worten begrüßte: "Ah, ich bin also nicht der einzige Verspätete!" Ich klinkte am Tor - abgeschlossen. Na gut, dachte ich, ich bin zwar eingeschlossen, aber nicht allein. Doch im gleichen Moment eilte schon der Friedhofswärter mit seiner jüdischen Kippa auf dem Kopf von der Straße herbei, um uns aufzuschließen. Wahrscheinlich ist er bereits gewöhnt, daß fünf Minuten nach 16 oder 17 Uhr, je nachdem ob Sommer oder Winter, verspätete Touristen an den Gitterstäben rütteln. Ich war ziemlich froh, muß ich sagen, denn für das Abenteuer, eine Friedhofsmauer zu überwinden, fühle ich mich dann doch etwas zu alt. Von der Friedhofsseite wäre es wegen der Grabmäler vielleicht sogar relativ einfach, aber die andere Seite ist hoch und gelandet wäre ich wohl in irgendeinem Schrebergarten der Kleingartenkolonie.

Zucker und Sultan:

Jüdischer Friedhof | Zucker

Jüdischer Friedhof | Sultan
Chutzpe - Fr, 05:28

Mein Lieblingsfriedhof ;-)

Hast du den Film Alles auf Zucker gesehen?

Ein jüdischer Freund (christlich erzogen und auch sonst nicht sonderlich jüdisch) hat mir den mal empfohlen, um einen Einblick ins jüdische Leben zu bekommen - was habe ich gelacht *GG*

Ja,

den Film habe ich gesehen. Ich finde sowieso, daß die Juden viel Witz haben, ich denke sogar, daß ein Teil des sogenannten Berliner Witzes aus jüdischen Einflüssen entstanden ist. Und die Juden verstehen es auch zu feiern. ;o)
Chutzpe - Fr, 11:25

Dem stimme ich zu (ausser das mit dem Berliner Witz, das kann ich nicht beurteilen *lach*).
Ich habe mehrere Bücher mit gesammelten Witzen und in einem steht, dass sich diese Art Humor durch die seit ewig anhaltende Verfolgung etwickelt hat - quasi Galgenhumor zum Überleben.

Das mit dem Feiern stimmt auch - und Exzesse können sie auch gut ;-)
g a g a - So, 17:21

Heute war ich endlich da. Ich war nach einer halben Stunde schon völlig absorbiert und satt und beinah nicht mehr aufnahmefähig vor lauter Schönheit und es hört nicht auf... nach drei Stunden und zwanzig Minuten war meine Aufnahmefähigkeit absolut erschöpft - - - man könnte wohl ein ganzes Jahr jede Woche dorthin fahren und hätte immer noch nicht alle Gräber gesehen. Immer an der Mauer bin ich entlang, da wo auch die Sonne hinkommt, vielleicht sind da auch mit die schönsten und erhabensten Monumente. Aber auch im schattigen Bauch sind Schätze - da war ich nur sehr am Rande.... an der Mauer entlang, links rum, gegen den Uhrzeigersinn, links von dem Mosse-Mausoleum ist eines von zwei Grabmälern mit einer wundervollen Kuppel mit kreisrunden Aussparungen, so eines hätte ich auch gerne... die schönsten Gräber von ganz Berlin sind da, was für ein heiliger Ort. Danach war ich noch ein bißchen am Weißensee, wo die Mohnblumen in voller Blüte stehen.

Sehr schön!

Ich könnte morgen dort auch wieder hingehen, weil ich in der Nähe bin, weiß allerdings nicht, ob ich gerade wirklich Lust auf Friedhöfe habe.
g a g a - So, 18:25

Kann ich nur zu gut verstehen. Ich muss die letzten beiden Tage ganz viel an dich denken. Nach dem schönen Friedhof war mir danach an einen Ort zu gehen, an dem nicht nur Erinnerung und Grünzeug wächst. Am Weißensee war so viel Lebensfreude, Kinder, die halbnackig quiekend ins Wasser gegangen sind, Ruderboote, grillende Liebespärchen, junge Männer mit kecken Haarschnitten und kurzen Hosen. Als ich auf die Straßenbahn zum Hackeschen gewartet habe, musste ich grinsen, weil genau gegenüber ein Lokal ist, das "Rambos Grill" heißt. Mit einer lustig rotweiß gestreiften Markise. Ich erzähle dir lieber davon, das brauchst du jetzt. Denn du bist genauso lebendig wie die kids im Wasser. Lass dir das nicht ausreden. Außerdem bist du die Blogging Queen (der Herzen). Und im Recall für die nächste Staffel!
Das darfst du nie vergessen.
g a g a - So, 18:59

P.S. ich gucke gerade die Bilder durch und mir fällt wieder ein, was mir auch noch so supergut gefallen hat: die jüdischen Namen sind einfach die schönsten von allen ("Isidor Wolfsohn"). Und lustige sind auch dabei. Zum Beispiel "Henriette Pitschpatsch", "Moritz Redlich" und "Louis Pappenheim". Da geht einem doch das Herz auf.
Chutzpe - So, 22:06

Mir scheint, ich sollte auch wieder mal nach Berlin fahren - doch jetzt steht erstmal wieder London an - in 10 Tagen *freu*

@gaga: ♥

Ja, die Namen sind richtig toll, wie auch der jüdische Humor.

@Chuzpe: Viel Spaß in London!
Chutzpe - So, 23:03

Jüdischer Humor ist so gut wie englischer ;-)

Danke!

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