Ich fühle mich
mit jedem Zyklus der Chemo fertiger, kraftloser und matter und sehe zu allem Überfluß inzwischen auch total aufgedunsen und aufgeschwemmt aus. Ob nun durch den starken Heuschnupfen, der wie erwartet durch die Antiallergika-Infusionen nicht mehr richtig auf die rezeptfreien Mittel anspricht - zur HNO-Ärztin zu fahren habe ich bisher jedoch auch noch nicht geschafft -, oder die Cortisongaben, wahrscheinlich ist es beides. Während der Chemo habe ich allein ca. 7-8 Kilo zugenommen und die Haut wabbelt an den unmöglichsten Stellen, da wo sonst noch nie etwas gewabbelt hat. Außerdem bekomme ich regelmäßig Hitzewallungen, die mich jetzt schon während noch gemäßigter Temperaturen jede Nacht klatschnass aus dem bißchen Schlaf aufwachen lassen, der noch möglich ist, aber auch am Tage bin ich reich gesegnet mit unglaublichen Schweißausbrüchen. Ich habe mir extra ein federleichtes Sommerbett gekauft und schwitze damit immer noch kleine Seen. Das Gute an diesen Außentemperaturen im Vergleich zu den niedrigeren davor ist allerdings, daß einem zwischendurch wenigstens nicht wieder kalt wird. Vorher habe ich mich ständig mehrmals am Tag aus- und wieder angezogen, weil ich dann zwischen den Schweißausbrüchen trotzdem eiskalte Hände und Füße hatte. Im Hochsommer werde ich sicher drei- bis fünfmal am Tag duschen müssen. Wenn wenigstens bis dahin die Haare so weit nachgewachsen wären, daß ich ohne Perücke herumlaufen könnte, aber mit diesen Geheimratsecken kann ich mich noch nicht auf die Straße trauen. Deshalb graut es mir vor dem richtigen Sommer mit seinen Hitzewellen und dem nächsten Krankenhausaufenthalt. Vor Krankenhausaufenthalten graut es mir dank meiner Krankenhausangst eigentlich immer, aber jetzt frage ich mich außerdem, wie ich den ohne Hitzschlag überleben soll, zumal ich bereits im November mit den Kompressionsstrümpfen im Bett und ohne Hormoneingriffe wie ein Schwein geschwitzt habe. Wahrscheinlich wird die Schwester eines morgens nur noch einen großen, dampfenden Wasserfleck in meinem Bett vorfinden... Ich stelle immer wieder fest, daß sich niemand der nicht selbst eine Chemo mitgemacht hat, nicht einmal die Chemoärzte, diese vielen lästigen kleineren und größeren Widrigkeiten und Befindlichkeiten in ihrer sich potenzierenden gemeinsamen Summe überhaupt nachempfinden können, denen man plötzlich ausgesetzt ist. Eine kleine Kostprobe zumindest der dazugehörigen Gefühle durfte ich ja bereits während der letzten zweieinhalb Jahre erleben, als ich mit dem Bandscheibenvorfall herumlief und mir immer gesagt wurde, ich müßte damit leben, da es nur ein bißchen Abnutzung sei. Aber ich habe festgestellt, daß es vor allem die chronischen Schmerzen sind, wirkliche Schmerzen, die einen Menschen am stärksten verändern.
zuckerwattewolkenmond - Mi, 22:18
dazu kommen ja auch noch gemütsschwankungen, bei mir war es jedenfalls so. in dem einen moment noch gut drauf (wenn man das so nennen kann) und im nächsten moment am boden zerstört.
hast du eine prognose, wie lange du noch aushalten musst?
DIR
Ja, die Gemütsschwankungen sind das, was ich mit den letzten zweieinhalb Jahren meinte, allerdings sind sie jetzt irgendwie anders, vertraut und so merkwürdig es klingt - ich empfinde sie jetzt als nicht ganz so schlimm, da ja etwas in Bewegung ist und passiert, mit baldigem Ergebnis, was auch immer das dann sein wird. Die Chemo wird noch bis Anfang Juni laufen.