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Unrealistische Bücher

Da habe ich mich doch letztens über den ersten Veriss meines Buches amüsiert und darüber, daß man bemängelt, es sei unrealistisch, wenn jemand kein Problem damit hat, ohne Mitführen von Wechselkleidung und Körperpflegeprodukten länger von zu Hause fort zu bleiben, und jetzt griff ich rein zufällig selbst in die Kiste unrealistischer Bücher. Heute ist nicht mein Tag, überall Aua und Müdigkeit, also dachte ich mir, einfache und entspannende Unterhaltung muß her, mehr ist zur Zeit nicht drin. Ich griff nach einem historischen Kriminalroman, der in Branitz spielt und mich gerade deshalb interessiert, weil ich selbst schon einmal im Branitzer Park war, sowie im Schloß des Fürsten Pückler und den Schrumpfkopf seiner Lieblingssklavin gesehen habe. Sobald man die Örtlichkeiten eines Kriminalromans kennt, steigert das gleich noch einmal den Unterhaltungswert, finde ich. Das Buch aufschlagend begegnete mir sofort auf der allerersten Seite dies hier: "Ein fürchterliches Unwetter toste durch Branitz und den Schlosspark, zerrte an den Kronen der Bäume und zwang sie zu einem ungleichen Kräftemessen. Er stand am Fenster und starrte besorgt in die Finsternis hinaus...
...Der ums Haus heulende Sturm zwängte sich selbst durch die schmalsten Ritzen und verführte die Flammen der Kerzen zu einem wilden Tanz....
...Im Haus war es vollkommen still. Einzig das prasselnde Feuer und das unter anderen Umständen als gemütlich empfundene Knacken der Holzscheite zeugten davon, dass hier zu dieser späten Stunde noch jemand arbeitete."

Hallo??? Hier hat eine Autorin wohl noch nie einen Sturm in einem ungedämmten Haus erlebt. Sobald der Wind durch die Ritzen Flammen zu einem wilden Tanz verführt, pfeift und heult es im Haus, daß die Bude wackelt. Zu Zeiten vor Rekonstruktion meines Hauses bin ich davon sogar nachts wach geworden. In einem zugigen Schloß dürfte es sogar noch um einiges schlimmer sein. Solche unrealistischen Schilderungen können mir zugegebenermaßen ebenfalls den Spaß am Lesen verderben und wenn so etwas bereits auf der allerersten Seite eines Romans vorkommt, frage ich mich ernsthaft, ob es mir viel bringt, wenn ich das Buch weiterlese.
Namesi (Gast) - Fr, 21:58

Oje ...

die durchaus unrealistische Schilderung hätte ich wohl gar nicht bemerkt. Dabei weiß ich doch, wie ein Gewitter Angst machen kann. Nicht hier in Berlin. Hier ist es in den letzten 40 Jahren nach meinen Begriffen eher undramatisch zugegangen. In den Bergen, da bin ich aufgewachsen, fühlt sich ein Gewitter ganz anders an, auch wenn es für mich nicht die Alpen waren, sondern nur ein Mittelgebirge. Na ja, vielleicht auch nur deshalb, weil ich damals nur ein ängstliches Kind war ...

Wahrscheinlich

ist es mir auch nur aufgefallen, weil mir hier an der Wetterseite viele Jahre lang ungedämmt die Stürme um die Ohren gebraust sind und ich muß ehrlich sagen, manchmal vermisse ich es.
g a g a - Fr, 21:58

Jetzt, wo du es sagst, ist das doch ein recht widersprüchliches Szenario! Sehr gut aufgepasst. Vielleicht sind die Flammen aber ja auch Kandelaber in der Eingangshalle und "im Haus" bedeutet ein verstecktes, geschütztes Gemach, eine geheime Studierstube! Du musst schon ein bißchen Phantasie entwickeln. Ich schätze, den meisten fällt der Widersinn gar nicht auf.

Eine

geheime Studierstube kann es nicht sein, weil der Fürst in den ersten Sätzen, die ich hier weggelassen habe, außerdem an das Fenster tritt und in den Park schaut. Wo ein Fenster ist, durch welches der Wind zieht, muß es bei Sturm auch pfeifen! Aber daran sieht man einmal, wie unterschiedlich es ist, was man so als unrealistisch empfindet. Anderen wäre dieser Widerspruch nicht aufgefallen und würde sie gar nicht stören, mich dagegen stört es hier. Dagegen stört es mich überhaupt nicht und ich finde es absolut nachvollziehbar, wenn jemand mal ohne mitgenommenes Gepäck irgendwo ein paar Tage länger bleibt. Was realistisch ist und was nicht, entscheiden anscheinend ganz allein die selbst gemachten Erfahrungen.

"Er stand am Fenster und starrte besorgt in die Finsternis hinaus."

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