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Wolle, Tanzschuhe und das Älterwerden

Nun hab ich es doch getan und mir Wolle (natürlich zuzüglich Stricknadeln) gekauft. Und die Wolle ist so schön, so richtig zum Verlieben - petrolblau metallic, bzw. graublau schimmernd und schmuseweich - , daß es wirklich ein Verbrechen wäre, daraus nicht etwas Schönes zu fabrizieren. Aber ich kaufte mir auch neue Tanzschuhe - echtes Wildleder mit Luftlöchern sehr stark heruntergesetzt für knapp 19 Euro bei Amazon. Inzwischen sind sie schon wieder teurer. Ich hatte sie gestern das erste Mal an und sie tanzten sich super. Auch scheine ich damit nicht dieses Trocknungsproblem wie bei den Baumwolltextilschuhen zu haben. Diese Vielzahl an Synthetikschuhen auf dem Markt, die es als Sneaker und Sportschuhe gibt, kann ich beim Tanzen überhaupt nicht tragen. Ich schwitze auch ohne Fußsauna genug. Und wenn ich sehe, was für Preise manchmal sogar für solche Synthetikschuhe genommen werden, besonders natürlich wenn es Markenschuhe sind, frage ich mich, wer sowas kauft. Für Leder bezahle ich viel, wenn es denn sein muß, aber für Synthetik bestimmt nicht. Und wie man sieht, kann man auch unter Lederschuhen Schnäppchen finden.

Gestern ließ ich die Yogaübungen vor dem Zumba weg und gleich ging es wieder besser. Vor dem Zumba noch Yoga zu üben, ist anscheinend keine gute Idee. Dafür bin ich dann aber beim Tanzen im Rücken unbeweglicher, weil ich ja erst meine morschen Knochen warm machen muß. Überhaupt ist Älterwerden echt doof. Mir hat mal jemand gesagt, daß ich immer mädchenhaft aussehen werde, weil ich so ein mädchenhafter Typ bin, der auch im Alter jung wirkt, aber das bedeutet nicht, daß sich auch die Knochen so anfühlen. Gestern stieß ich zufällig bei Arte auf eine kurze Doku über einen Streetart/Graffiti-Kurs für Senioren. Die Senioren waren mit Eifer dabei, ihre Tags zu entwerfen und eine Neunzigjährige erzählte, sie habe Arthritis in den Fingern, aber es ginge trotzdem irgendwie mit den Sprühdosen. Eine andere Seniorin hatte das illegale Sprühen sogar zu ihrem Hobby gemacht und ich dachte so bei mir - Graffiti für Senioren schön und gut, aber wenn man dann vor der Polizei weglaufen muß, wird es haarig. Doch kurz darauf berichtete sie, sie sei tatsächlich einmal von der Polizei ertappt worden und habe einfach ganz seelenruhig ihre Sprühdosen in die Tasche gepackt. Die Polizisten haben sie angeglotzt nach dem Motto "Aber das kann doch gar nicht sein." und sind weitergegangen. Wahrscheinlich ist das dieser berühmte Jagdschein, den man im Alter bekommt. Es ist ja nicht unbedingt immer von Nachteil, wenn einem nichts mehr zugetraut wird. Trotzdem ist es irgendwie ungerecht, daß man, wenn man schon auf das Ende des Countdowns zuläuft und hibbeliger wird, weil weniger Zeit bleibt (ein Gefühl, das ich auch bereits kenne), für alles noch mehr Zeit braucht, weil man immer langsamer wird, während man in der Jugend körperlich eigentlich noch in Höchstform ist, bzw. sein sollte, aber gerne seine Zeit mit vollen Händen verschwendet und "abhängt". Das ist allerdings heute auch nicht mehr so wie früher. Ich sehe immer mehr junge Leute, zum Beispiel Paketboten, die schnaufen wenn sie die vier Treppen zu mir heraufsteigen müssen, daß ich Angst habe, sie brechen vor meiner Tür zusammen. Manche Leute versuchen es erst gar nicht, zu mir hoch zu kommen. Das hat durchaus Vorteile und wirkt wie eine Art natürlicher Selektion. Oben kommen nicht so viele an wie unten. Jedenfalls läßt die Geduld in gewisser Hinsicht nach, aber in anderer Hinsicht nimmt sie wiederum zu. Nämlich wenn es darum geht, dem Gerede der anderen, besonders der Jüngeren, die gerne mit Weisheiten um sich werfen, nicht mehr so viel Aufmerksamkeit zu schenken und sie einfach reden zu lassen. Schließlich weiß man ja, daß man selbst einmal genauso gewesen ist. Die Prioritäten ändern sich einfach.

Was das Gerede der Männer betrifft, wird der Geduldsfaden sowieso regelmäßig strapaziert. Als ich gestern unserem "Quotenmann" im Verein erzählte, daß ich gerade nicht so gut drauf bin beim Tanzen, meinte er so: "Na vielleicht hast du dich nicht genug angestrengt." Also meine Erfahrung ist ja eher die, je mehr ich mich anstrenge, um so weniger läuft es, aber ich sag da nichts dazu. Und am Mittwoch erst. Da fragt uns die Zumbiene, ob wir noch eine Runde rennen können und er ruft: "Ja, sogar zwei Runden." Dann kam so ein Lied, wo wir tatsächlich dauernd auf der Stelle gerannt sind, ätzend. Wenn ich Joggen will, dann gehe ich in den Park und nicht zum Zumba. Und ich hasse Joggen. Hinterher hab ich scherzhaft zu ihm gesagt, er muß jetzt eine Runde extra rennen, aber das hat er natürlich nicht gemacht. Männer immer!

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