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Zweieinhalb Stunden

mußte ich heute im Warteraum auf das Ergebnis des Labors warten. Die Schwester meinte, im Labor haben sie Computerprobleme. Da muß man sich schon zusammenreißen, daß einem nicht die Gesichtszüge entgleisen. Nur gut, daß ich heute nicht noch einen späteren Termin woanders hatte. Im Labor selbst war es zur Abwechslung mal ein junger Mann, der mir das Blut aus dem Finger quetschte. Dort ist jeden Tag jemand anderes und da es sich um ein Lehrkrankenhaus und ausschließlich junge Leute handelt, gehe ich davon aus, daß sich wahrscheinlich ganze Ausbildungsklassen an mir austoben dürfen. Zum Glück kann man mit einem automatischen Fingerpiekser nicht so viel verkehrt machen, aber trotzdem könnte ich jetzt schon über jede Menge feine und individuelle Unterschiede der Blutentnahme referieren. Immerhin hat sich das Warten gelohnt, denn die Leukozyten sind von über 3000 inzwischen wieder bis auf über 7000 gestiegen und damit habe ich jetzt tatsächlich bis zum nächsten Mittwoch "Ferien". Am Mittwoch findet dann die nächste Chemo statt, aber daran möchte ich jetzt noch nicht denken, damit mir nicht schon vorher schlecht wird. Ich hatte ausgiebig im Netz über die weißen Blutkörperchen recherchiert und darüber, was ihre Bildung anregt. Meine Ausbeute war folgendes:

- Vitamin C
- Folsäure
- Zink
- Arginin
- Glutamin
- Ginsengtee
- Mistel

Vitamin C, Folsäure und Arginin hatte ich zufällig zu Hause und genommen. Da ich viel Obst und Gemüse esse, dachte ich, ich brauche das nicht zusätzlich, aber unter der Chemo gilt das wohl nicht. Und egal ob es nun geholfen hat oder nicht, wenigstens muß man nicht mit häßlichen Nebenwirkungen rechnen. Während des Stöberns in diversen Foren fand ich auch anderes Interessantes. Zum Beispiel sehen manche Ärzte eine Leukozytenzahl von über 3000 noch als ok an und unternehmen in diesem Bereich gar nichts mit Spritzen und/oder ständigen Kontrollen. Weiß gar nicht, warum sie bei mir da so einen Streß machen, zumal der Körper ja an sich eine gewisse eigene Regenerationsfähigkeit besitzt (wovon aber einige Ärzte scheinbar noch nichts gehört haben) und viele Betroffene davon berichten, es sei normal, daß die Leukozyten um den 10. Tag nach der Chemo runter gehen, sich aber meistens innerhalb von ein bis zwei Wochen wieder von alleine erholen. Ich finde ja, in solchen Dingen ist das Internet echt nützlich. In den Foren habe ich außerdem von einigen Erkrankten gelesen, die während der Chemo arbeiten gehen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das gehen soll. Den halben Tag bin ich damit beschäftigt, mich mit langen Basenbädern, Schlafen, Obst- und Gemüsezubereitungen, Meditationen und Recherchen wie oben wieder aufzupäppeln und wenn ich das nicht tun würde, würde ich mich auch nicht einigermaßen normal fühlen, sondern es ginge mir hundertprozentig immer noch sehr viel schlechter. Wenn ich aber arbeiten gehe, reicht die Zeit noch nicht einmal für ausreichend Schlaf. Wie man es also dreht oder wendet, es würde nicht funktionieren. Anscheinend gibt es Leute, die etwas härter im Nehmen sind.
Chutzpe - Di, 11:38

Ich glaube, wenn man einen Job hat, der einem Spass macht und einen entsprechend, entgegenkommenden AG, kann das schon gehen - jeder ist halt anders - manche brauchen vielleicht auch dieses Verbleiben im Alltag. Ich könnte mir das auch nicht vorstellen.

Mistel soll ja auch gegen Krebs helfen - grad hier in der anthtroposophischen Hochburg wird das immer wieder gerne propagiert - habe mich selber jedoch noch nie informiert - doch warum nicht - Pflanzen schaden sicher nicht (ausser du übertreibst mit Giftpflanzen) - den Versuch würde ich in Erwägung ziehen.

Schön, dass die Werte angestiegen sind und du etwas Luft bekommst dadurch!!!

tinius - Di, 11:49

Ich freu mich, daß Deine Blutwerte besser sind. Das ist gut so. Mistelpräparate werden in der Tat auch von Ärzten empfohlen, um eine Therapie zu unterstützen. Arbeiten gehen halte ich für kaum praktikabel, mag aber sein, daß das auch von den verwendeten Zytostatika und deren Dosierung abhängt. Ich hätte noch nicht einmal zwei Monate nach meiner Chemo wieder arbeiten können. Über Deine Ernährung staunte ich gestern abend schon bei twitter. Scharf (Wasabi) und säurehaltig (Obst) sind eigentlich die geeigneten Methoden, Übelkeit hervorzurufen ... ;) Ich wünsche Dir ruhige "Ferien" ! :) LG Jost

Mit Übelkeit

hatte ich nur in den ersten vier Tagen nach der Chemo Probleme. Nach dem ersten Bad war auch die latente "Rest-Übelkeit" fort und geblieben ist danach nur der Heißhunger, den ich unter Chemo verspürt habe. Könnte sein, daß ich etwas zulege, denn ich habe mit der Chemo mehr Hunger und esse mehr als vorher. Natürlich weiß ich nicht, wie das dann im zweiten Vierteljahr sein wird, wenn ich jede Woche Chemo bekommen soll. Dann ist mir vielleicht auch ständig übel.
tinius - Di, 12:11

Ich weiß nicht, wie Deine Behandlung abläuft und welche Zytostatika verwendet werden. Ich hatte 4 Zyklen a ca. 6 Tage mit Cisplatin und einem zweiten Medikament, darauffolgend nach einem Tag Pause noch eine Infusion mit Bleomycin. Cisplatin ist höchst aggressiv und wohl der Verursacher ständiger Übelkeit, die auch über den aktuellen Zyklus hinaus anhielt.

Ich bekomme

4x alle drei Wochen Epirubicin und Cycloplosphamid mit verschiedenen anderen Mitteln zusammen (wahrscheinlich Herzschutzmittel, da es das Herz angreifen kann) und danach 12x Taxol wöchentlich.
tinius - Di, 12:35

Taxol war zu meiner Zeit noch eher eine Geheimwaffe und wurde bei jemandem eingesetzt, der eine Metastasierung im Gehirn hatte. Das ist jetzt 15 Jahre her. Die anderen kenne ich nicht.

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