Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

Samstag, 14. Oktober 2006

Protokoll eines Ikea-Tages

Vormittag des gestrigen Tages: Anruf von K. mit der Mitteilung, dass sie heute zu Ikea raus fahren will und sie fragt, ob ich Lust habe mitzukommen, da ich ja sicher auch noch einiges für meine Wohnung brauchen kann. Wir verabreden uns.

11:00 h des heutigen Tages: Pünktlich steht sie vor der Tür. Paule, ihre 5jährige Enkeltochter, sitzt schon im Kindersitz. Sie fährt mit zu Ikea, da ihre Mutter arbeiten muss.

11:10 h an der nächsten Straßenkreuzung: Kläglich klingen die quengelnden Rufe eines hungernden und durstenden Kindes vom Rücksitz. Sie scheint kurz vor dem Verrecken zu sein, doch lt. K. hat sie gerade erst gefrühstückt. Schließlich gibt sich P. mit einer Flasche Cola (ausnahmsweise) und einem Kaugummi zufrieden.

11:15 h: P. protestiert dagegen, nach Lichtenberg zu fahren. Sie wohnt zwar da, möchte aber lieber in Marzahn wohnen. Wir versichern ihr, dass wir nur durchfahren.

11:20 h: P. hat Gefallen an meinem Namen gefunden und schreit in ohrenbetäubender Lautstärke immer wieder "Susanne". Ich drehe mich jedesmal um und sie grinst mich schelmisch an.

11:25 h: P. schaut sich Prospekte vom Findlingspark an und man hört bewundernde Ausrufe wie "Cool!!" und "Voll krass!!!"

11:30 h: P. redet von einer Rosie. Wir fragen, wer das ist und sie zeigt auf mich. So schnell kann das gehen.

11:35 h: P. stülpt sich eine Plastiktüte über den Kopf, die sie aus der Handtasche von Oma gezogen hat und K. verliert kurzzeitig die Kontrolle über den Wagen, als sie erschreckt nach hinten brüllt, P. solle sofort die Tüte vom Kopf nehmen.

11:40 h: Wir fahren am Tierpark vorbei. P. schreit: "Ein Bär!" und fragt, ob Oma und sie mit mir in den Tierpark gehen. Doch es bleibt bei Ikea.

11:45 h: P. fragt mich, ob ich bei Ikea mit ihr spiele. K. erklärt ihr, dass man bei der Kinder-Sammelstelle in Smaland so Große wie mich nicht mehr nimmt. Ich bin geknickt.

11:50 h: P. schreit: "Wo ist denn endlich Ikea?"

11:51 h: P. schreit: "Wann sind wir denn endlich da?"

11:52 h: P. schreit: "Wie lange dauert es denn noch?". Ikea kommt in Sicht. Alle atmen auf.

11:53 h: P. schreit: "Fahr doch mal schneller, Oma! So schnell wie der da vorne!"

11:54 h: P. schreit: "Wann sind wir denn endlich da?"

11:55 h: P. schreit: "Los! tritt doch mal auf's Gas! Ich will endlich zu Ikea!"

11:56 h: Eine rote Ampelphase hält uns bei der Einfahrt auf den Parkplatz auf. Minutenlang hören wir lautstark und nervzerreißend jemanden demonstrieren: "Es soll Grün sein! Es soll Grün sein! Es soll Grün sein! Es soll Grün sein! Es soll Grün sein! Es soll Grün sein! Es soll Grün sein! Es soll Grün sein!" usw. usf.

12:00 h: Endlich bei Ikea. P. darf sich in den Einkaufswagen setzen und sich fahren lassen. Sie soll mit in die Möbelabteilung, da bei Smaland die Kinder nur anderthalb Stunden betreut werden. Der Wagen ist unwahrscheinlich schwer. In der Möbelabteilung überlasse ich ihn K.

12:01 bis 13:00 h: Wir schauen mehr auf P. als auf die Möbel, da sie ständig im Wagen aufsteht, herumklettert, herausklettert und wegrennt. Mehrmals müssen wir sie suchen, doch zum Glück hat soie ein Schreiorgan, das nicht zu überhören ist. Meine Nerven machen langsam schlapp. Ich bin es nicht gewohnt, meine Augen überall gleichzeitig zu haben.

13:05 h: P. kritzelt mit den Ikea-eigenen Bleistiften intensiv einen Einkaufszettel, wobei sie die Mustermöbel als Unterlage nimmt, da sich darauf besser schreiben lässt.

13:10 h: Wir fahren mit dem Fahrstuhl nach unten und P. will unbedingt den Knopf drücken. Sie steht im Einkaufswagen, welchen ich wieder vor mir her schiebe, genau in der Ecke, ist auch schneller als Oma am Knopf, doch ranzt mich aus welchem Grund auch immer an, dass ich sie mit dem Wagen nicht an den Knopf geschoben habe.

13:15 h: K. bringt P. ins Smaland. Ich warte mit dem Wagen.

13:40 h: Endlich könnten wir entspannt einkaufen, wenn da nur nicht die sich stromartig wälzenden Menschenmassen und der Zeitdruck wären.

15:00 h: Jeden Moment erwarten wir, ausgerufen zu werden, weil die Zeit abgelaufen ist, weshalb wir uns zur Kasse schlagen.

15:05 h: Ich warte mit dem Wagen und K. geht das Kind abholen. Es dauert merkwürdig lange. Aus der Ferne sehe ich sie ratlos unter Sitzbänken und hinter Vorhängen suchen. P. ist weg!

15:10 h: Noch immer sucht K. mit einem Suchtrupp von anderen Kindern. Auf die Frage, was P. denn für Kleidung trägt, fallen ihr nur die geringelten Strumpfhosen ein.

15:20 h: P. macht sich lustlos bemerkbar. Sie hatte sich versteckt und will nicht gehen. Schließlich läßt sie sich mit dem Versprechen überreden, dass sie, bis wir den Wagen eingeladen haben, noch Fernsehen darf und danach eine Bratwurst bekommt.

15:30 h: Wir haben den Wagen eingeladen und setzen uns mit einer Bratwurst auf eine Bank in die Eingangshalle. P.'s Bratwurst ist mit extra viel Ketchup, so wie sie es mag. Ich ahne Schlimmes.

15:35 h: Innerhalb weniger Minuten ist P. wortwörtlich von der Nasenspitze bis zu den Schuhen mit Ketchup bekleckert. K. bemerkt das weiße Mustersofa, auf dem sich ebenfalls einige Leute niedergelassen haben und meint, dass es sich doch viel mehr gelohnt hätte, wenn wir uns dort hingesetzt hätten. Ich verstehe sofort, was sie meint.

15:40 h: K. versucht die Hände von P. mit einer Serviette zu säubern, wobei sie Ketchup in eine winzige Schnittwunde schmiert, wo es natürlich brennt. P. brüllt durch die Halle, als würde sie gerade gekreuzigt und gevierteilt.

15:45 h: Wir fahren nach Hause. Es ist ungewohnt still hinten im Wagen. P. ist tief und fest eingeschlafen.

17:00 h: Wieder zu Hause. Für heute ist mein Bedarf an Kindern gedeckt. Ich bin froh, mich mit meiner neuen rot-orangen, herrlich weichen Kuscheldecke begnügen zu dürfen. Doch dafür und für den neuen Spiegel, die Bilderrahmen, Kerzen und Glaskugeln hat sich der Einkauf gelohnt.