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Montag, 2. Juni 2008

Wie die Überlebensinstinkte die Sinne schärfen,

kann man an heißen Sommertagen sogar gut in Großstädten beobachten. Heute stand ich inmitten einer lärmenden Kreuzung, wo ich mein eigenes Wort kaum verstand und hatte plötzlich das Gefühl - es war wirklich mehr eine Art Gefühl, obwohl ich auch etwas hörte -, daß irgendwo in der Nähe Wasser ist. Mir fuhr durch den Kopf - Wasser!, und ich drehte mich abrupt und wie ferngesteuert um. Zuerst sah ich nichts, doch dann, hundert Meter weiter im vierten Stock eines Wohnhauses, goß eine Frau ihre Blumen. Ich war selbst ein wenig überrascht, auf diese Entfernung und unter diesen Umständen etwas gehört zu haben. Andererseits, sollte es noch heißer werden, wittert und hört man Wasser wahrscheinlich schon über mehrere Kilometer. Aber auch meine Geschmacksnerven scheinen zur Zeit ziemlich empfindlich zu sein, denn ich könnte schwören, daß in dem Vanillepudding, den ich aß, keineswegs frische Vollmilch verarbeitet wurde, so wie es auf der Packung steht, sondern Milchpulver. Dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen.

Wie ich von Reich-Ranicki zur Schnecke gemacht werde und die rasante Kartoffelbreiabfahrt

Ich befinde mich in einem sehr überfülltem Seminar, welches von Reich-Ranicki als Dozent geleitet wird. Es scheint allerdings kein Literaturseminar zu sein, sondern hat wohl mehr etwas mit Musik zu tun. Reich-Ranicki stellt immer wieder Fragen, wobei er gerne mich herannimmt, und ist mit meinen Antworten nie zufrieden. Stattdessen macht er vor allen Teilnehmern klar, daß meine Antworten völlig daneben sind. Nun sollen auch noch drei Leute aus dem Seminar singen, unter anderem natürlich ich. Ich bin als letztes an der Reihe und meine Stimme klingt vollkommen unausgebildet und piepsig. Wie peinlich! Wahrscheinlich wußte er das und hat mich deshalb ausgesucht, um mich den anderen als unmögliches Beispiel vorzuführen. Während des Singens schaut er mich die ganze Zeit mit einer Mischung aus Interesse und Spott an, als ich geendet habe, sagt er nur ein paar schlagkräftige, verächtliche Sätze, die ich vergessen habe, und macht mich damit vor allen zur Schnecke. Danach beachtet er mich nicht mehr. So langsam reicht mir das. Ich habe mir über viele Seminare hinweg von ihm Sprüche anhören müssen und mich fertig machen lassen. Ich habe es hingenommen, weil ich seinen Unterricht schätzte und weil ich mir sagte, er ist halt so, es hat nichts mit mir zu tun. Ich hätte auch zu anderen Dozenten gehen können, aber ich wollte zu ihm. Ich bin ruhig geblieben, habe mich nie aufgeregt und seine Launen an mir abprallen lassen, auch wenn er mich lächerlich gemacht hat. Allerdings ist er anscheinend wirklich nur bei mir so - langsam bekomme ich das Gefühl, daß er mich nicht leiden kann. Oder sollte dies etwa seine ganz besondere Art sein zu zeigen, daß er jemanden sympathisch findet? Nee, das ist wohl eher unwahrscheinlich. Ich sollte der Wahrheit ins Gesicht sehen - so sehr ich ihn auch schätze, so scheint das doch nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen.

Später befinde ich mich mit mehreren Fotografen zusammen auf einem Fotografentreffen(?). Wir steigen in einen Zug mit oben offenen, kleinen Waggons, ähnlich einer Achterbahn, und los geht eine rasante Talfahrt. Ich sitze ganz vorne und überlege, ob ich irgendwas machen müßte, um zu lenken, allerdings gibt es nichts, was ich machen könnte. Die Waggons lassen sich nicht einmal eine Winzigkeit steuern, sondern schlittern ohne Halt und Richtung auf einer gelben Pampe ins Tal hinunter. Ein wenig erinnert es an eine Schlittenfahrt, nur daß die gelbe Pampe Kartoffelbrei ist. Eine seltsame Fortbewegungsart - wer sich das wohl ausgedacht hat? Da ich die Waggons weder anhalten noch steuern kann, versuche ich mich mit der Überlegung zu beruhigen, daß der Kartoffelbrei sicher nur auf vorbestimmten Bahnen angehäuft wurde und die Waggons so völlig automatisch in der Spur bleiben.

Irgendetwas ist heute anders

Ich fühle mich zwar nicht anders, sondern noch genau so wie letzte Woche, aber trotzdem ist irgendwas anders. Die Autofahrer halten alle an, wenn ich über die Straße will (was mich nervt, da meistens immer nur die in der ersten Spur halten, aber nicht die in der zweiten), die Herren wollen mir ständig Türen aufhalten, selbst wenn ich noch hundert Meter entfernt bin oder ganz woanders hin will und die Klienten auf dem Flur - egal ob mit Rollstuhl oder ohne -, pfeifen, wenn sie mich sehen. Anscheinend haben die alle zuviel Sonne abbekommen. Oder sollte das an der ausgebeulten und schlabbrigen Strandhose liegen, die ich heute trage, weil mir die Jeanshose zu warm war?